Oberhausen. In der Energiekrise haben städtische Grundversorger Kunden aufgefangen, die von Billiganbietern im Stich gelassen wurden. Das ist nun vergessen.

Seit der Liberalisierung der Energiemärkte bei Strom und Gas haben Billiganbieter den angestammten lokalen Platzhirschen schon immer zu schaffen gemacht - sie lockten Kunden mit Prämien und Rabatten. Vor der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise gab es alleine in Oberhausen 200 Konkurrenten im Strommarkt, 150 beim Gas.

Weil die halb der Stadt, halb dem EON-Konzern gehörende Energieversorgung Oberhausen AG (EVO) als garantierter Grundversorger kein Billigheimer sein kann und sein will, verlor die EVO Marktanteile: Innerhalb von zehn Jahren sank die Marktdurchdringung der EVO von satten 94 Prozent auf 80 Prozent. Der scharfe Wettbewerb war für die EVO aber durchaus auch eine Fitness-Kur: Prozesse wurden entschlackt, die Beschäftigtenzahl wurde reduziert, denn die Kosten mussten runter.

In der Energiekrise warfen Billiganbieter ihre Kunden aus Strom- und Gasverträgen

Doch bei den wechselfreudigen Kunden kam der Schock während der Energiekrise: Eine ganze Reihe von Anbietern, die zuvor mit Billigpreisen warben, warfen diese aus den Verträgen, denn sie konnten ihre Preise nicht mehr halten. Ihr grundlegendes Geschäftskonzept ging nicht mehr auf, als die Börsen-Energiepreise explodierten: Statt üppig Energie im voraus zur Versorgungssicherheit mit Preisaufschlägen einzukaufen, haben die Discounter lieber Strom und Gas kurzfristig je nach Bedarf an den Börsen erworben. Ohne warme Wohnung oder kalten Kühlschrank blieben die betroffenen Kunden aber nicht; die Grundversorger in den einzelnen Städten sind gesetzlich verpflichtet, diese Bürger aufzufangen - wenngleich 2022 und 2023 zu hohen Preisen, weil diese Versorger ja ebenfalls teuer die benötigte zusätzliche Energie beschaffen mussten.

Diese Krise hat der EVO tatsächlich deutlich mehr Kundinnen und Kunden verschafft: 2022 stieg die Zahl der Gaskunden im Vergleich zum Vorjahr um 1100 auf 25.800 (ein Plus von 4,5 Prozent), die Zahl der Stromkunden ebenfalls um 1100 auf 106.300 (plus ein Prozent). Doch im vergangenen Jahr haben die ersten Kunden die EVO wieder verlassen, wechseln wieder zu Billiganbietern.

Wundert sich über das Verhalten einiger Kunden, die die Energiekrise und das Verhalten der Billiganbieter im Jahre 2022 schon vergessen haben: Timm Dolezych, Kaufmännischer EVO-Vorstand.
Wundert sich über das Verhalten einiger Kunden, die die Energiekrise und das Verhalten der Billiganbieter im Jahre 2022 schon vergessen haben: Timm Dolezych, Kaufmännischer EVO-Vorstand. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Der Wettbewerb auf dem Energiemarkt ist wieder deutlich angezogen. Wir stellen uns natürlich diesem Wettbewerb, wir haben auch wettbewerbsfähige Preise. Doch wir bedauern das schon sehr, dass gerade die flexiblen Kunden ihre Fehler der Vergangenheit wieder vergessen haben“, sagt EVO-Vorstand Timm Dolezych bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2023 des Energieversorgers. Dazu beigetragen hätten die Verbraucherschützer und Wirtschaftsmedien, die wieder die Kunden animierten, zu den günstigsten Anbietern zu wechseln - ohne aus der Vergangenheit gelernt zu haben.

EVO verkauft im Jahr 2023 rund fünf Prozent weniger Wärme

Christian Basler, Technischer Vorstand der EVO, kann eine solche Haltung der Verbraucherschützer, die mit ihren Tipps so weitermachen würden, als sei nichts geschehen, nicht nachvollziehen. „In der Krise haben doch auch die Verbraucherschützer gesehen und gewürdigt, wie wichtig es für die Kunden ist, dass diese verlässliche Ansprechpartner vor Ort haben.“

Christian Basler ist Technischer Vorstand der Energieversorgung Oberhausen (EVO).
Christian Basler ist Technischer Vorstand der Energieversorgung Oberhausen (EVO). © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Der Kundenschwund von einigen hundert im vergangenen Jahr ist allerdings nicht dafür verantwortlich, dass die EVO deutlich weniger Energie 2023 verkaufte als im Jahr davor. Das lag vor allem an den beiden relativ warmen Wintern 2022/23 und 2023/24. So sackte der Verkauf von Erdgas von 554 auf 527 Gigawattstunden ab, ein Minus von fünf Prozent. Genauso groß war der Rückgang bei der Fernwärme - von 403 auf 382 Gigawattstunden (minus 5 Prozent).

EVO-treue Kunden können in einen Spezialtarif wechseln, um Kosten zu sparen

Wer im Übrigen als Kunde der EVO die Treue halten will, hat auch durchaus Chancen, intern zu wechseln, nämlich zu einem besseren Spezial-Tarif. Bei einer Strom- oder Gasbezugs-Bindung von einem Jahr oder zwei Jahren kann man diese Energie in der Regel zu günstigeren EVO-Preisen beziehen als im Grundversorgungstarif. Immerhin stecken bei der EVO noch 40 Prozent in der Strom-Grundversorgung, beim Gas sind es 25 Prozent.

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Die Unterschiede zwischen Grundversorgungstarif und Sondertarif für Strom sind durchaus beachtlich: 40,27 Cent je Kilowattstunde in der Grundversorgung zu 33,1 Cent im TOB-Strom-Sondertarif (mit zunächst einjähriger Kündigungsfrist). Bei privaten Gas-Kunden in der Grundversorgung berechnet die EVO 13,83 Cent je Kilowattstunde und 180 Euro als Jahres-Zählergebühr, im Sondertarif TOB-Gas nur 10,31 Cent je Kilowattstunde und 280 Euro als Jahres-Zählergebühr. Wer zur Konkurrenz wechseln oder einfach nur aktuelle Preise des Energiemarktes erfahren will, kann auf den Preisvergleichsportalen wie Verivox für seinen individuellen Verbrauch die Kosten abfragen.

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