Oberhausen. Bisher fanden Hardrocker seltenst den Weg zur Badeanstalt. Die Schotten begeistern Nostalgiker und eine jüngere Rocker-Generation.

Man will dem Soundmixer ja nicht vorgreifen: Aber für ihren Auftritt am Montag, 29. April, um 19 Uhr werden die schottischen Hardrock-Veteranen von „Nazareth“ wohl ihr Equipment um ein Quäntchen dimmen müssen. Schließlich ist das eher für wortgewitzte Kleinkunst und exzellenten Jazz bekannte Ebertbad von Wohnhäusern umstanden. Und dort sollten nicht gleich die Fensterscheiben klirren.

Die Rocker aus Dunfermline am Firth of Forth zählen zur ersten Generation der „Hard & Heavy“-Bands und prägten während der 1970er Jahre mit den Kollegen von Led Zeppelin über Deep Purple bis Uriah Heep die damals noch brandneue Heftigkeit mit krachenden Riffs und donnernden Bassläufen. Zudem darf Nazareth mit über 60 Millionen verkauften Tonträgern neben den ungleich softeren Simple Minds als erfolgreichste Rockband Schottlands firmieren - obwohl dem Quartett seit einigen Jahren mit Carl Sentance ein englischer Sänger vorsteht.

Nazareth im Ebertbad: Shouter als „Energiezentrum der Band“

Den 62-jährigen Shouter nannte das Rockmagazin „Eclipsed“ trefflich in einer aktuellen Konzertkritik „das Energiezentrum der Band“. Sentance hatte 2015 ein wahrlich schweres Erbe angetreten, als er den Nazareth-Gründer Dan McCafferty ablöste, dessen unvergleichliche Reibeisenstimme nicht nur heftig rockend davonpreschte, sondern mit Balladen wie dem Evergreen „Love Hurts“ auch die Kuschelrock-Fraktion nahtlos integrierte. Bis zum Studioalbum Nr. 23, „Rock‘n‘Roll Telephone“, blieb McCafferty der Charismatiker am Mikrofon, dann musste er wegen der COPD-Lungenkrankheit aufgeben. Er starb 2022 mit 76 Jahren.

Bei Fans unvergessen: Sänger Dan McCafferty gründete „Nazareth“ im schottischen Dunfermline und gab 2015 das Mikrofon an Carl Sentance weiter.
Bei Fans unvergessen: Sänger Dan McCafferty gründete „Nazareth“ im schottischen Dunfermline und gab 2015 das Mikrofon an Carl Sentance weiter. © dpa | Jörg Carstensen

Bassist Pete Agnew (77) ist damit letztes verbliebenes Urgestein des schottischen Quartetts, das seinen biblischen Namen nicht etwa aus Frömmigkeit wählte, sondern so die erste Songzeile aus „The Weight“ von Robbie Robertson zitierte: „I pulled into Nazareth . . .“. Ähnlich wie Uriah Heep mit ihrem „Last Man Standing“ Mick Box erlebt Agnews Band mittlerweile einen dritten Frühling: von der früher so bissigen Kritikerzunft respektiert und von den Fans gefeiert.

Auch Nazareth zählt damit zu den wenigen Bands aus der Frühzeit des Hardrock, die sich bis heute im harten Music-Biz behaupten und ihre Originalität bewahren konnten. In den 55 Jahren ihrer Karriere waren Nazareth immer eine echte Live-Band, während der in den 1970ern noch beeindruckend stete Strom von neuen Alben dünner wurde. Mittlerweile aber ist das 25. Studioalbum „Surviving the Law“ produziert. Ein britischer Kritiker ettiketierte das mit 14 Songs vollgepackte Album als „Heavy Metal“ und deutete manche Neuheit sogar als „Grunge“ - als wären wilde Jungs der 1990er am Start.

Nazareth im Ebertbad: gentlemanlike und freundlich abrockend

Charts-Material ist das sicher nicht mehr, doch Trophäen haben Nazareth in ihrer langen Karriere wahrlich en gros gesammelt: Für 25 Studioalben und mehrere Live- Platten erhielten die standhaften Vier diverse Platin-, Gold- und Silber-Auszeichnungen. Ihr Mega-Hit „Love Hurts“ erklomm weltweit nahezu alle Hitparaden bis in die Top 10.

Bands und Sänger, die nicht annähernd so gentlemanlike und freundlich auftreten wie Dan McCafferty und sein ebenbürtiger Nachfolger Carl Sentance, nennen Nazareth als bedeutenden Einfluss: von Guns‘n‘Roses bis Metallica. Neben dem verbliebenen „Ur-Nazarener“ Pete Agnew rocken im aktuellen Line-up der 59-jährige Jimmy Murrison (als dienstältester Gitarrist der Bandgeschichte), sowie Lee Agnew (52), der als Schlagzeuger auch schon seit einem Vierteljahrhundert an Bord ist. Carl Sentance aus dem mittelenglischen Loughborough ist also der stimmgewaltige Band-Neuling. Bei ihren Auftritten „singen Alt und Jung selig mit“, so der Eclipsed-Kritiker: „Nazareth klingen so frisch und agil wie vor gut 50 Jahren.“

Einlass am Montag, 29. April, ist um 18 Uhr, Beginn 19 Uhr. Karten kosten im Vorverkauf 46 Euro, online auf ebertbad.de