Oberhausen. Trotz Marketender und Ritterspektakel: Auch Burgherren brauchen Starkstrom und nutzen clever die Förderung durch „Innovation City“
Wenn stattliche Ritter die Lanzen anlegen und sich hoch zu Ross zum Turniergang wappnen, dürften sich hunderte Schaulustige wahrlich wie im Mittelalter fühlen - zumal die Burg Vondern bei der Wiederauflage ihres Ritterfestes für eine stimmige Kulisse sorgt. Doch das malerische Drumherum aus Marketender-Zelten und Imbiss-Ständen, mögen sie sich auch noch so sehr wie im 14. Jahrhundert verkleiden, wäre nicht denkbar ohne Starkstrom. Um die gewinnträchtigen Spektakel präsentieren zu können, hatte der Förderkreis Burg Vondern um seinen rührigen Vorsitzenden Walter Paßgang bisher nach Kräften improvisiert - auf teils haarsträubende Weise.
„Dicke Starkstromkabel wurden durchs Fenster nach draußen geführt“, berichtet Wolfgang Stammen vom Förderkreis-Vorstand in der aktuellen Ausgabe der vereinseigenen „Burgpost“. Im Inneren der Burg schmolzen regelmäßig die Sicherungen; doch das hat seit dem jüngsten Ritterfest ein Ende. Wie Stammen, selbst Elektroingenieur, erklärt, waren 250 Meter Starkstromkabel nötig, um die neuen Verteilerkästen auf beiden Wiesen westlich und östlich der Burg zu versorgen. Die sommerlichen Erdarbeiten rund ums historische Herrenhaus dienten dem Anschluss des beliebten Ritterspektakels ans 21. Jahrhundert. Nun können - nach ermutigendem Start 2018 und Jahren der Corona-Zwangspause - auch die schottisch-rustikalen „Vondern Games“ mit voller Power 2024 wieder loslegen.
Mag der Förderkreis bei seinen stimmungsvollen Großereignissen draußen vor den Zinnen des ältesten Gemäuers von Oberhausen etwas nonchalant mit der historischen Genauigkeit umgehen, so will man dieses Laissez-faire im eigenen Museum nicht länger zulassen. Auch dem Museum im Torhaus ist ein eigener Beitrag der jüngsten „Burgpost“ gewidmet. Denn dort hat inzwischen das große Entrümpeln eingesetzt. „Kitsch und Klamauk“, wie sie selbst schreiben, erteilen die ehrenamtlichen Burgherren eine entschiedene Absage. Denn bisher war das kleine Museum ein großes Paradoxon: Einerseits voller nur vermeintlich „historischer“ Möbel, gestiftet von wohlmeinenden Spendern, aber ohne jeden Bezug zur verbürgten Burg-Historie. Andererseits konnte man jene authentischen Relikte, die während etlicher Arbeiten an der Burg und in ihrem Graben zutage kamen, mangels Platz nur im Speicher aufbewahren - aber nicht der Öffentlichkeit präsentieren.
Nur quasi-historische Exponate rigoros aussortiert
Gleiches gilt für jenes historische Schriftgut, das immer noch nahezu unzugänglich in Kartons unterm Dach lagert. Eine museumsgerechte Inventarisierung und schließlich Katalogisierung ihrer Schätze aus nahezu 800 Jahren Vonderner Geschichte gilt den Verantwortlichen nun als erster Schritt zu einem Museum, das den eigenen Ansprüchen gerecht wird. Nur quasi-historische „Exponate“ von ungewisser Provenienz werden entsprechend rigoros aussortiert. Neue Schränke und Vitrinen sollen möglichst bald die authentischen Fragmente aus Mittelalter und früher Neuzeit aufnehmen. Die Gestaltung der einzelnen Räume im Torhaus - Waffenkammer, altes Archiv, Torzimmer und „Kemenate“ - will der Förderkreis wieder dem einstigen Aussehen annähern.
Allerdings müssen sich Mittelalterfans und die Macher selbst mit der Geduld der Altvorderen wappnen - oder wie es in der „Burgpost“ heißt: „Die Umgestaltung zu einem zeitgemäßen und besucherfreundlichen Ort wird nicht innerhalb eines Jahres zu bewerkstelligen sein.“
Energiesparend: Die schmucke neue Tür fürs Herrenhaus
Unmittelbar bevor steht stattdessen eine ganz andere Neuerung, die modernen Komfort mit antiquarischem Flair verbindet: Wer schon einmal an einem kühlen Tag ein Konzert oder eine Feierlichkeit im Herrenhaus erlebt hat, weiß, dass es dort „zieht wie Hechtsuppe“. Die große Tür des Haupteingangs war nicht besonders schmuck - und dicht schon gar nicht. Inklusive des Zugangs zum Torhaus hat der Förderkreis gleich einen ganzen Satz neuer Türen bestellt. Und der neue Blickfang am Portal des Haupthauses zeigt sich (bisher nur als Fotomontage) als dezent ornamentiertes Meisterstück des Schreinerhandwerks. Weil Türen, Fensterdichtungen und Licht-Bewegungsmelder zugleich der Energieersparnis dienen, profitiert die Burg Vondern hier von der „Innovation City“ des Oberhausener Alt-Oberbürgermeisters Burkhard Drescher. Sage niemand, mit einer teils 800 Jahre alten Immobilie könne man nicht innovativ sein.