Oberhausen. Aus meterlangen Bannern an der Theaterfassade entstehen in der „Kreativ Oase“ einzigartige Produkte vom Ticket-Etui bis zum Rucksack.
Mit „BamBamBambi“ - genau, den Abenteuern des berühmtesten Rehkitz‘ der Literaturgeschichte - plant das Theater Oberhausen einen großen Schritt ins Grüne: nämlich zu einem klimaneutralen Kulturprojekt. Doch bevor für diese Regiearbeit von Anselm Dalferth jeder Produktionsschritt unter der Zertifizierungs-Lupe gedreht und gewendet wird, hat das Theater in Sachen Klimafreundlichkeit schon mal an ganz anderer Stelle losgelegt. „Wir wollten unsere Banner nicht mehr wegwerfen“, so bringt Hannes Richter jenes Anliegen auf den Punkt, aus dem jetzt ein ganzes Sortiment bildschöner Souvenirs und Geschenkartikel geworden ist.
Der Leiter der Abteilung Kommunikation und Marketing am Theater Oberhausen rechnet vor: Eine Spielzeit in der überaus emsigen Intendanz von Kathrin Mädler bedeutet acht große Banner oder 28 Quadratmeter aus Kunststoffgewebe. Sie hängen an der Fassade des Hauses, manche überspannen als plakative Schriftzüge sogar die Ebertstraße. Oder sie schmücken, von hinten beleuchtet, das Foyer. Und selbst die Monatskalendarien in gläsernen Schaukästen sind nicht etwa aus Papier (das allzu leicht Wellen wirft), sondern aus strapazierfähigem Gewebe. Das Garn für dieses „Ecotex“-Material wird aus recycelten PET-Flaschen gewonnen.
Als Pressereferent am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden hatte Richter bereits eine Recycling-Idee erprobt und von einem kommerziellen Anbieter aus den dortigen Werbebannern für Abonnenten Ticket-Etuis fertigen lassen. In Oberhausen sollte mehr daraus werden - und Hannes Richter machte sich auf den Weg zur Caritas-Werkstatt. Die hatte gerade ihre „Kreativ Oase“ in Styrum aufgerüstet: „Im Laden an der Mülheimer Straße wurde es für die Schneiderei zu eng“, erzählt Oliver Busse. Der gelernte Tischler und studierte Sozialarbeiter leitet nun an der Lothringer Straße 116 gleich mehrere Gewerke. Die kreative Oase ist eine von sieben Caritas-Einrichtungen in Oberhausen, die Menschen mit einer Behinderung Angebote für die Strukturierung ihres Alltags bietet. Am bekanntesten und bestens etabliert sind sicher das „Café Jederman“ und der Secondhand-Laden „Piccobello“, beide in Osterfeld.
Das Prinzip der „Tagesstruktur“ umreißt Oliver Busse prägnant: „Unsere Teilnehmer wären sonst 24 Stunden zu Hause“ - andere Freizeitgestaltung ist mit 450 Euro monatlich kaum drin. Die kreative Gestaltung der schönen Theater-Souvenirs zeige augenfällig: „Was ich mache, ist wertvoll.“ Und diese dürfte jede Kundin, jeden Kunden staunen und schmunzeln lassen. Schließlich ist jedes Portemonnaie, jeder Turnbeutel oder Rucksack ein Unikat. Denn die Banner an der Theaterfassade gab‘s ja auch nicht in hohen Auflagen. Hannes Richter erkannte schon bei seinem ersten Caritas-Besuch: „Der Enthusiasmus hier ist herzerwärmend.“
Und die kreative Crew in der Styrumer „Tagesstruktur“ hat den Kennerblick für interessante Schriftzüge oder Bildmotive: So zeigt ein Rucksack (und nur einer) jenen berühmt-berüchtigten „Schamanen“ mit der Büffelhornmütze, der in der vorigen Spielzeit die Uraufführung der derben Satire „Kissyface“ beworben hatte. Wer für 40 Euro dieses strapazierfähige Utensil erwirbt, trägt es im stolzen Bewusstsein durch die Stadt: „Dieses Teil hat außer mir keiner!“
„Wir probieren uns einfach aus“, sagt Oliver Busse zur Gestalterfreude in den langgestreckten Werkstatträumen, die sich von der Lothringer Straße bis zur Vincenzstraße in Alt-Oberhausen ziehen: Insgesamt gibt‘s schon ein Dutzend Artikel als Prototypen, vom Schlüsselanhänger (für den sich die einzelnen Termine aus den Kalendarien bestens eignen) bis zur neuesten, aber noch nicht getesteten Idee: individuellen Schonbezügen für Fahrradsättel.
Begeisterte Kundinnen und Kunden auf Geschenkejagd in letzter Minute müssen nur zweierlei bedenken: Zum einen ist die Produktion gerade erst gestartet, zum anderen entstehen die schönen Dinge in handwerklicher Hingabe - und sind „keine Fließbandarbeit“, wie Hannes Richter betont. Der kleine Verkaufsladen, quasi das Entree zur „Kreativ Oase“, hat erst vor zwei Monaten geöffnet, aber schon jetzt seine Stammkunden. Alle Artikel dort entstanden an den verschiedenen Orten der „Tagesstruktur“-Angebote: von den mit künstlerischer Akribie bemalten Schaufensterpuppen bis zu Seifen oder den Sirupfläschchen vom „Café Jederman“. Dort heißt die Tagesstruktur übrigens passenderweise „Lebenskunst“.
Ein kleineres Sortiment, ausschließlich mit den „Theater Oberhausen“-Produkten gibt es jetzt auch direkt an der Theaterkasse am Will-Quadflieg-Platz. Dort könnten womöglich Schauspieler und Dramaturginnen zur besten Kundschaft zählen, wenn sie begeistert nach Motiven aus ihren liebsten Inszenierungen kramen. Die Erlöse übrigens fließen komplett an die Tagesstruktur-Angebote der Caritas. „Wir frühstücken hier zweimal die Woche gemütlich“, sagt Oliver Busse. „Es geht uns ja nicht um die Einnahmen.“
Die „Kreativ Oase“, Lothringer Straße 116, öffnet montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 15.45 Uhr.