Oberhausen. Nach Gewaltexzessen verschärfte das Centro Oberhausen die Sicherheitsvorkehrungen. Die harte Linie traf einen 19-jährigen Essener – zu Unrecht?

Elvis Toulan Fioklou sitzt aufgeräumt im Büro des Essener Rechtsanwaltes Günter Klose. Das Ereignis, über das er sprechen möchte, liegt schon eine Weile zurück. Vor allem aber stand für ihn in letzter Zeit Wichtigeres an: die Abiprüfungen.

Das, worüber der 19-jährige Abiturient heute sprechen möchte, ist für seine Mutter „eine Beleidigung“, für ihn „nicht nachvollziehbar“ und für Rechtsanwalt Günter Klose „diskriminierend“. Am Samstag, 11. Februar 2023, besuchte der Schüler des Borbecker Gymnasiums in Essen mit drei Freunden das Westfield-Centro Oberhausen. Den Vorfall schildert der 19-Jährige mit ruhiger Stimme so: Seit langer Zeit wollten sie mal wieder ins Centro, um in der Coca-Cola-Oase was zu essen. Zufällig trafen sie auf vier andere Bekannte. Nach nur fünf Minuten stand die Security vor der Gruppe und schmiss sie raus. „Wir haben es nicht verstanden und gefragt, warum“, erzählt Elvis Toulan Fioklou.

Centro Oberhausen: Jugendliche werden an Polizeiauto durchsucht

Die Diskussion wurde nach Darstellung des jungen Mannes hitziger, der Manager der Security kam hinzu, aber die Lage besserte sich nicht. Stattdessen traf noch die Polizei ein. „Wir mussten uns an das Auto stellen, die Hände ans Dach, und wurden durchsucht.“ Die Personalien wurden aufgenommen, alle aus der Gruppe hätten Hausverbot bekommen. Sie hätten sich wie Kriminelle gefühlt, sagt der Essener Schüler. „Das war frustrierend.“

In einem Brief wird das Hausverbot damit begründet, dass der 19-Jährige gegen die Haus- und Benutzungsordnung verstoßen habe. Das Verbot gelte bis auf „schriftlichen Widerruf“. Elvis Toulan Fioklou darf das Einkaufszentrum und den Park nicht mehr betreten, bis es ihm das Centro wieder erlaubt.

Der Fall ist pikant, weil sieben der acht jungen Männer, Elvis Toulan Fioklou eingeschlossen, eine schwarze Hautfarbe haben. Nach mehreren gewalttätigen Übergriffen hatte das Centro-Management die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Das aufgestockte Personal sollte besonders auf Jugendgruppen ein Auge werfen.

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Jugendliche vertreiben sich gerne die Zeit im Centro. In der Coca-Cola-Oase kann man sich gut treffen, etwas essen, wie Elvis Toulan Fioklou und seine Freunde. Nicht jedem gefällt, dass das Centro für Jugendgruppen ein Treffpunkt ist. Manche fühlen sich durch die Jugendlichen gestört, nach den Vorfällen gar verunsichert. Stellte die Gruppe junger, schwarzer Männer in den Augen der Security also eine Bedrohung dar?

Rausschmiss aus Centro: Für Mutter ein fatales Signal

Elvis Toulan Fioklou beteuert, dass sich die Gruppe ganz normal verhalten habe. Sie seien nüchtern gewesen, hätten sich unterhalten und seien überrascht gewesen, wie schnell die Security auftauchte. „Vielleicht haben sie uns durch Kameras beobachtet oder so.“ Die Mitarbeitenden seien streng, aber nicht unfair gewesen. Ihre Argumente fanden allerdings kein Gehör: „Wir haben der Security gesagt, dass vor uns Gruppen liefen, die viel größer waren als unsere.“ Die jungen Männer wurden trotzdem vor die Tür gesetzt. Für die Mutter des Esseners, die vor zwanzig Jahren aus Togo nach Deutschland kam, ein fatales Signal. „Sie sind erst 19 Jahre alt und stehen ganz am Anfang ihres Lebens und machen so eine Erfahrung““, sagt Yolande Toulan Fioklou.

Die Coca-Cola-Oase ist bei Jugendlichen ein beliebter Treffpunkt.
Die Coca-Cola-Oase ist bei Jugendlichen ein beliebter Treffpunkt. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

In einem Schreiben an den Anwalt erklärt der Manager des Security-Services, dass Mitarbeitende dazu angehalten seien, Jugendgruppen besonders zu kontrollieren. Auf das Thema, was genau die Gruppe falsch gemacht hat, geht er nicht ein. Das Hausverbot sei ausgesprochen worden, weil der Essener mehrfach der Anweisung nicht gefolgt sei, das Gelände zu verlassen. Deshalb bleibe das Hausverbot auch bestehen.

Centro-Manager antwortet nicht auf Detail-Fragen

Wir haben dem Centro-Management sechs Fragen gestellt und wollten ebenfalls die Gründe wissen und warum die Jugendlichen durchsucht wurden. Wir wollten ebenso erfahren, nach welchen Kriterien die Mitarbeitenden entscheiden, wer bleiben darf und wer gehen muss, ob es besondere Schulungen gibt, um Diskriminierungen auszuschließen, ab wann eine Gruppe zu groß ist und wie viele Hausverbote in diesem Jahr ausgesprochen wurden. Eine Kommunikationsagentur aus Düsseldorf sendete uns statt der Antworten ein Statement von Centro-Manager Andreas Ulmer zu.

Centro-Manager Andreas Ulmer.
Centro-Manager Andreas Ulmer. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

„In den letzten Monaten kam es vermehrt zu Zwischenfällen mit Jugendlichen bzw. größeren Gruppierungen von Jugendlichen, die die Centereingänge oder Sitzplätze in der Oase blockiert, Vandalismus betrieben oder andere Besucherinnen gestört und zum Teil belästigt haben“, teilt Ulmer mit. „Deshalb sahen wir uns leider gezwungen, die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen und insbesondere an den Wochenenden an den Eingängen sowie innerhalb der Mall verstärkt zu kontrollieren und bei Bedarf Platzverweise oder Hausverbote zu verhängen.“ Die Mitarbeiter würden immer individuell und nicht nach bestimmten Kriterien entscheiden. „Wir bitten um Verständnis, dass wir aufgrund der damaligen Situation zu diesen Maßnahmen greifen mussten.“

Centro-Manager: „Grundsätzlich ist jeder willkommen“

Aus Sicht des Centro-Managers zeigten die Maßnahmen Wirkung und konnten wieder reduziert werden. „Grundsätzlich ist im Westfield Centro selbstverständlich jeder und jede willkommen, solange er oder sie sich an die geltenden Regeln hält und den sicheren Aufenthalt anderer Besucherinnen im Center nicht gefährdet.“ Das Centro stünde jederzeit zum Gespräch mit den Gästen bereit – „auch in diesem Fall“.

Bleibt nur noch die Frage: Warum musste Elvis gehen? „Ich verstehe es nicht“, sagt er.