Oberhausen. Der 25. MuVi-Preis der Kurzfilmtage Oberhausen lieferte viele Schmunzler. Die Jury tat sich schwer. Das Publikum hatte den richtigen Riecher.
25 Jahre MuVi-Preis bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen. Welch ein Glück, dass die Festivalbesucherinnen und Besucher immer noch auf die Etikette achten und sich weit nach 22 Uhr am Samstagabend sogar auf die Treppenstufen des großen Lichtburg-Kinosaals setzen.
Dieses Retro-Vergnügen des populären wie avantgardistischen Wettbewerbs dauerte allerdings nur kurze Momente. Bei der zweistündigen Preisschau mit zwölf nominierten Clips von hoher Kunst bis Gaga gab es diesmal tatsächlich noch freie rote Sitzschalen - ungewohnt!
Um kurz vor Mitternacht durfte Filmemacher Duc-Thi Bui für das Siegervideo „Gravity“ zur Musik von Laima Adelaide seine Dankesworte ins Mikrofon sprechen. Dass der Kulturschaffende dabei vom Moment übermannt immer wieder stockte, spricht vom großen Stellenwert, dem der Preis zugerechnet wird. Die Kurzfilmtage waren 1999 das erste namhafte Festival, das den Musikvideos eine kunstvolle Plattform gab.
Sieger-Musikvideo Gravity: Worte sagen mehr als Bilder
Statt opulenter Schnipsel-Collagen und pompöser Drehkulissen setzt Duc-Thi Bui auf einfache Typografie. Er erzählt seine Geschichte durch wandelnde Punkte, auf Abstand skalierte Buchstaben und gefettete Wörter. Die Zuschauer sehen in knapp sieben Minuten nichts anderes als fortlaufende Seiten mit englischsprachigem Text.
Jurybegründung: „Statt eine Bildlandschaft für das Publikum vorzugeben, glaubt der Regisseur an uns, das Publikum, als Schöpfer unserer eigenen Bilder, für die die Musik ebenso sehr wie die Worte die Inspiration liefern.“ Worte sagen diesmal mehr als Bilder. Ein Ansatz, der mit fortschreitender Zeit allerdings auch ermüdet. Den ersten Preis und 2000 Euro gab es trotzdem.
263 Musikvideos landeten in der Vorauswahl. Zwölf schafften es bis zur Jurywahl um die Filmemacherin Lori Felker aus Chicago, dem in Paris lebenden Musiker Detlef Weinrich („Tolouse Low Trax“) und Kölner Kulturjournalisten Thomas Venker. Die Fachleute taten sich diesmal, nach eigenen Worten, im breiten Feld schon schwer, sich auf drei Auszeichnungen zu einigen.
Gemetzel trifft den Geschmack des Publikums - zu Recht
Auf dem zweiten Platz und um 1000 Euro reicher landete Regisseur Schorsch Kamerun für „Das eigensinnige Kind“ von Raison. Ein Video, das die Musiker in den unscharfen Hintergrund stellt und spärliche Mimik eines einzelnen Gesichtes direkt vor die Kameralinse holt.
Ein Gesicht, das - wie die Macherinnen und Macher vorher erzählen - mit Heilerde aus der Apotheke bearbeitet wurde. Die Jury meint: „Schorsch Kamerun wählt bewusst den beengten Rahmen eines Kammerspiels und schildert so brutal, wie allein man in der Gesellschaft sein kann.“
Eine nicht dotierte lobende Erwähnung erhielt noch „Lamentierendes Schwein“ von Helena Wittmann zur Musik von Frau Kraushaar. Die Jury überzeugte die „wundervolle Dynamik“ des Clips. Der Hauch von Mainstream im Wettbewerb, das amüsante Star-Video „Auch im Bentley wird geweint“ von Deichkind und Clueso, ging dagegen leer aus.
Den größten Applaus staubte im Oberhausener Kinosaal zweifelsfrei „Maschinenbauergemetzel“ von Regisseur Julian Paul ab, dessen Titel allein schon preiswürdig daherkam. Der Clip zur Single des Schauspielers und Sängers Paul Sies traf beim Publikumspreis (500 Euro) völlig zu Recht den Geschmack der abstimmenden Netzwähler. Ein böser Blick aus der Erzählerinnenperspektive in einen Tanzclub mit Studentenklientel. Radikal Schmunzel-anfällig.
>>> MuVi-Preis: Ein Hybrid aus Jury und Publikum
Drei Auszeichnungen verteilt beim MuVi-Preis der Kurzfilmtage in Oberhausen eine Fachjury. Eine Preisvergabe ist einzig dem Publikum vorbehalten. Aus zwölf vorausgewählten Nominierten konnten Film- und Musik-Fans im Internet abstimmen.
Alle Musikvideos hatten die Kurzfilmtage auf ihrer Online-Seite in voller Länge eingestellt. Die Erzähldauer der Clips variierte stark. Von knapp drei bis mehr als sieben Minuten.