Oberhausen. Ratlose Patientinnen und Patienten der Ameos-Schmerzambulanz in Oberhausen stehen unvermittelt vor verschlossenen Türen. Was ist da los?

Das traf Sieglinde Niemeyer wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Als die 70-Jährige ihren Behandlungstermin in der Schmerzambulanz am Ameos Klinikum St. Marien in Oberhausen-Osterfeld jetzt wahrnehmen wollte, stand sie vor verschlossenen Türen. „Geschlossen“, las sie auf einem Schild. Nachfragen in der Ameos-Zentrale hätten das Rätsel nicht lösen können. „Die wussten dort selbst von nichts“, bestätigt Gerhard Niemeyer (78). Ratlos blieb das Ehepaar zurück. Es sollte mit seiner Verzweiflung nicht alleine bleiben. Innerhalb weniger Tage wandten sich etliche weitere Betroffene an diese Redaktion.

Insgesamt wurden in der Ambulanz bislang rund 600 Patientinnen und Patienten pro Quartal behandelt. Die Schmerzambulanz ist für die Patienten schon alleine deshalb wichtig, weil deren Ärzte die Patienten mit teils unvorstellbaren Schmerzen gut kennen und die umfangreiche Schmerztherapie mit Medikamenten und Physiotherapie sehr individuell ausgestaltet ist.

Sieglinde Niemeyer ist seit Jahren Patientin der Ameos-Schmerzambulanz und fühlte sich dort bislang auch stets gut betreut. Wegen ihrer Bewegungseinschränkungen wird sie zu diesen Terminen in der Regel von ihrem Mann begleitet. „Meine Frau benötigte dringend ein neues Rezept für ihre starken Schmerzmittel“, erzählt der 78-Jährige. Außerdem seien Termine für eine Physio- und Ergotherapie im Januar vereinbart gewesen. „Darüber, dass die Ambulanz dicht ist, hat uns niemand informiert“, ärgert sich der Rentner. „Wir standen völlig unvermittelt vor verschlossenen Türen.“

Das Rezept für ihre Arznei hat die Patientin inzwischen von ihrem Hausarzt erhalten. Auch eine Physiotherapie-Verordnung stellte er ihr als vorübergehende Notlösung aus. „Aber das ist natürlich kein Ersatz für die engmaschigen Anwendungen, die meine Frau bislang in der Ambulanz erhielt.“

Keine Rückmeldung von Ameos

Eine ähnliche Erfahrung hatte auch Heike Ufer machen müssen. Die 59-Jährige ist schwerbehindert, erhält in der Schmerzambulanz seit über zehn Jahren eine umfangreiche Behandlung. „Ohne die Therapien dort könnte ich mich schon längst nicht mehr bewegen“, erzählt sie. Doch auch sie stand ohne Vorwarnung vor verschlossenen Türen. „Ich bin bei meinem letzten Termin dort über eine mögliche drohende Schließung nicht informiert worden, ich habe kein Schreiben erhalten und es ist noch nicht einmal ein Anrufbeantworter geschaltet worden, über den Patienten kurzfristig ja auch mal hätten benachrichtigt werden können.“ Die Oberhausenerin meint: „Die Behandlung war immer top, aber uns ohne jede Nachricht einfach vor der Tür stehenzulassen – das ist wirklich eine Katastrophe!“

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Krankenhaus-Betreiber Ameos hatte sich zunächst nicht zu den Gründen der wochenlangen Ambulanz-Schließung geäußert, obwohl die Redaktion mehrfach nachfragte und Antwortfristen verlängerte. Aus dem Kreis von Mitarbeitenden hieß es dagegen: Die Ambulanz sei im Dezember 2022 zeitlich befristet geschlossen worden. Sie sollte ihre Arbeit schnellstmöglich wieder aufnehmen. Hintergrund soll sein, dass die bisherige Leiterin, Chefärztin Dr. Elke Fortkamp-Schneider, zum Jahresende 2022 in Rente gegangen ist. Die Nachfolge soll noch nicht geklärt sein. Öffentlich bekannt gemacht hatte die Schweizer Holding Ameos die überraschende Schließung der Schmerzambulanz über mehrere Wochen nicht.

>>>Nachdem dieser Artikel online erschienen war, meldete sich Ameos dann doch zu Wort. Hier erfahren Sie, wie der Klinikbetreiber die Situation sieht und wie es mit der Schmerzambulanz weitergeht: Schmerzambulanz geschlossen? Das sagt Klinikbetreiber Ameos.<<<

Auch Hausärzte dürfen starke Schmerzmittel verschreiben

Grundsätzlich empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin Schmerzpatienten bei einer plötzlichen Schließung von Ambulanzen, eine Arzt-Praxis aufzusuchen. Denn in der Regel kann jeder Arzt starke Opioide auf einem „Betäubungsmittel“-Rezept verschreiben. Die Rezeptformulare müsse er vorher bei der Bundesopiumstelle beantragen. Andererseits seien Ärzte nicht verpflichtet, diese „Betäubungsmittel“-Rezepte auch vorrätig zu halten. Und: „Ärzte, die keine Betäubungsmittel-Rezepte haben, dürfen auch keine starken Opioide verschreiben.“ Bei einem kurzfristigen Notfall sollten sich Betroffene deshalb bei ihren Hausärzten selbst sachkundig machen und gegebenenfalls auf einen niedergelassenen Palliativmediziner oder eine andere Schmerzambulanz (etwa an der Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen) ausweichen.

Über den Hausarzt oder über Fachärzte können Betroffene eigentlich auch an ihre notwendigen Heilmittelverordnungen für eine Physiotherapie oder Ergotherapie kommen. So listet etwa auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung unter dem Titel „Heilmittel: Grundsätze und Rahmenbedingungen“ (Fortbildung 2022) auf ihrer Internetseite ausdrücklich auf, dass jeder Arzt, egal ob Hausarzt oder Facharzt, die dafür notwendigen Bescheinigungen ausstellen darf.