Oberhausen. Mehr Fachkräfte für Kindergärten und Schulen, weniger Zementwüsten: Den Grünen in Oberhausen stößt die Politik vor Ort oft bitter auf.

Was hat sich seit der letzten Kommunalwahl 2020 in Oberhausen getan? Eine Koalition ist damals nicht zustande gekommen. Die CDU regiert seitdem als stärkste Partei in der Stadt mit wechselnden Mehrheiten. Die Grünen vor Ort entschieden sich trotz eindeutiger Angebote für die Oppositionsbank. Ein Großteil der Partei befürwortete nach der Landtagswahl im Mai 2022 aber die neue schwarz-grüne Regierung in NRW. War es rückblickend also ein Fehler, der CDU in Oberhausen vor zwei Jahren einen Korb gegeben zu haben? Wir sprechen auch darüber mit Stefanie Opitz, der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Oberhausener Rat.

Nach den Sondierungsgesprächen mit der CDU im Zuge der Kommunalwahl 2020 lehnten die Grünen eine Koalition ab, nur zwei Jahre später applaudierte ein Großteil Ihrer Partei nach der Landtagswahl der schwarz-grünen NRW-Regierung – wie passt das zusammen?

Steffi Opitz: Wir hatten damals keine andere Wahl. Die Politik der Oberhausener CDU unterscheidet sich naturgemäß von der CDU-Landespolitik. Die Oberhausener Christdemokraten sind nach wie vor schlicht konservativ, wir fanden zu wenige gemeinsame Nenner. Dabei sind Landes- und Kommunalpolitik aber schwierig zu vergleichen. Schon alleine deshalb, weil das eine von Berufspolitikern gestemmt wird und wir hier vor Ort ehrenamtlich tätig sind. Ein wesentlicher Unterschied ist auch, dass das Kräfteverhältnis innerhalb der Landesregierung viel ausgeglichener ist. Die Grünen dort haben somit einen höheren Grad des Einflusses. Dennoch haben nicht alle von uns der Landesregierung unumstritten applaudiert. Wir begleiten diese Koalition durchaus kritisch, da es auch dort unterschiedliche Perspektiven gibt. In Oberhausen hätten wir außerdem ein Dreierbündnis finden müssen. Nur CDU und Grüne hätten keine Mehrheit gehabt.

An welchen Stellen scheiterte es konkret?

An fast allen, vor allem aber an den unterschiedlichen Ansichten in Sachen Stadtentwicklung und Klimaschutz. Die CDU macht einfach so weiter, wie immer. Bei Firmenneuansiedlungen etwa wird nur auf die Quantität der neu entstandenen Arbeitsplätze geschaut, nicht aber auf die Qualität. Ein gutes Beispiel dafür ist Topgolf. Die CDU feiert die dort entstandenen rund 300 Arbeitsstellen, verschweigt aber, dass es sich dabei vor allem um Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor handelt. Nichts gegen Studentenjobs, die brauchen wir natürlich auch. Was Oberhausen aber viel dringender benötigt, sind Fachkräfte, und das in fast allen Bereichen. Die Stoag sucht händeringend Busfahrerinnen und Busfahrer. Kindertageseinrichtungen und Schulen aber sind wohl mit am schlimmsten betroffen, es fehlen überall Erzieherinnen und Erzieher, Pädagoginnen und Pädagogen.

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Wie viele denn genau?

Ja, das ist auch wieder so ein Beispiel für die übliche Vorgehensweise in unserer Stadt. Das kann tatsächlich niemand so wirklich beziffern, deshalb hat unsere Fraktion jetzt eine Kleine Anfrage gestellt, um diese Fehlstellen endlich einmal genau aufgelistet zu bekommen. Statt der üblichen nebulösen Mangelverwaltung geht es schließlich darum, die tatsächliche Lage an jeder einzelnen Einrichtung zu ermitteln. Nur so können wir nachhaltige Lösungen finden. Langfristige Planungen, konkrete Strukturen – genau daran hapert es in unserer Stadt. Denn leider fahren gerade die beiden großen Parteien in Oberhausen wie gewohnt immer nur auf Sicht.

Sie meinen damit CDU und SPD?

Ja, obwohl auch die SPD nach der Kommunalwahl eine Koalition mit der CDU abgelehnt hatte, scheint sich inzwischen so etwas wie eine heimliche Übereinkunft zwischen diesen beiden Parteien entwickelt zu haben. Dagegen ständig ankämpfen zu müssen, ist schon mühsam. So ist unser Anfang 2021 gestellter Antrag, auf allen öffentlichen Gebäuden den Einsatz von Solar- und Photovoltaikanlagen zu prüfen, erst jetzt – und wohl nur durch den Druck der Energiekrise – umgesetzt worden. Mit Blick auf die Energiewende hat Oberhausen durch diese Blockadehaltung schon wieder zu viel Zeit vertrödelt. Gleiches trifft leider auch auf die Verkehrspolitik zu. Der Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes kommt nur schleichend voran. Das Argument der fehlenden Mittel darf nicht mehr ziehen.

Oberhausen- Die schönsten und bewegendsten Bilder aus 2022Dabei steht Oberhausen diesmal tatsächlich vor einem finanziellen Desaster. In dem soeben verabschiedeten Haushalt für 2023 findet sich erstmals eine historische Neuverschuldung von 88 Millionen Euro, stehen Ausgaben in Höhe von rund einer Milliarde Euro Einnahmen von nur rund 960 Millionen Euro gegenüber. Ist es da nicht richtig, darauf hinzuweisen, dass der Politik vor Ort kein Spielraum mehr bleibt?

CDU und SPD haben natürlich für diesen Haushalt gestimmt, wir dagegen. Richtig ist, dass unsere Stadt finanziell mehr denn je an ihre Grenzen stößt. Unsere Kommune spürt die Folgen der Corona-Pandemie, des Ukraine-Krieges und der daraus resultierenden Energiekrise deutlich. Aber die Verteilung der Gelder ist falsch: Wer sich kein Auto leisten kann, wird abgehängt. Das darf nicht sein! Die Stadt müsste außerdem in ihren Kitas mehr Fachpersonal einstellen – und das sind nur zwei von etlichen Beispielen. Mehr Geld wird es dafür nicht geben, aber was spricht gegen eine entschiedene Umschichtung der vorhandenen Budgets in die Bereiche, die es wirklich nötig haben? Es muss endlich Schluss sein, mit dieser Politik des „Weiter so“.