Oberhausen. Einsam im Alter? Das muss nicht sein. Sechs Quartiersbüros in Oberhausen bieten Senioren passgenaue Lösungen für fast alle Probleme an.

Den ganzen Tag vor dem Fernseher verbracht? „Ich habe heute noch mit keinem Menschen gesprochen.“ Sätze wie diesen hört Zahide Derin häufig – und sie erschüttern die Leiterin des Quartiersbüros Osterfeld jedes Mal erneut. Der versteckten Einsamkeit der Seniorinnen und Senioren in Oberhausen begegnete die Stadt mit der Gründung von sechs ungewöhnlichen Beratungsstellen für ältere Menschen. Was dort geleistet wird, stellen wir in loser Folge beispielhaft vor. Diesmal geht es um das Büro in Osterfeld.

Der Anteil der Über-65-Jährigen in Oberhausen ist hoch und lag 2021 bereits bei 22,3 Prozent. Traditionelle Familienstrukturen aber gibt es kaum noch. Damit stellt die Zeit zwischen Rentenbeginn und hohem Alter die insgesamt 47.000 Seniorinnen und Senioren unserer Stadt vor große Herausforderungen. Das gilt besonders auch für Stadtteile mit hohem Migrationshintergrund – wie Osterfeld. „Der Anteil der Einwohnerinnen und Einwohner mit türkischen Wurzeln liegt am Tackenberg zum Beispiel bei rund 60 Prozent“, sagt Derin.

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Früher hätten sich in der Regel die Töchter oder Schwiegertöchter um die alten Eltern gekümmert. „Doch inzwischen arbeiten auch in den Familien mit Migrationshintergrund die meisten Frauen – und schaffen das einfach nicht mehr.“ Die Hemmschwelle für Seniorinnen und Senioren, die oft noch in einer ganz anderen Kultur aufgewachsen sind, sich an die Beratungsstellen der Stadt zu wenden, aber sei groß. „Deshalb sind Angebote wie unsere so wichtig.“

3000 Beratungen innerhalb eines Jahres

Derin meint damit die sechs über das gesamte Stadtgebiet verteilten Quartiersbüros, von denen sich jedes speziell an die jeweiligen Verhältnisse vor Ort anpasst. Für Osterfeld bedeutet dies: Alle sechs Mitarbeiterinnen haben ebenfalls einen Migrationshintergrund. „Wer die gleiche Sprache spricht, versteht sich einfach besser“, sagt Derin schmunzelnd. Die 3000 Beratungen, darunter alleine 1000 für Ratsuchende mit Migrationshintergrund, die ihr Team im vergangenen Jahr stemmte, scheinen ihr recht zu geben.

Hinter jedem Fall steckt ein Schicksal. So wie das der Seniorin, die nicht mehr in der Lage ist, sich um sich selbst zu kümmern. „Könnt ihr mir helfen?“, hatte sie sich verzweifelt an das Quartiersbüro in Osterfeld gewandt. Sie habe einen Antrag auf einen Pflegegrad gestellt. Die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) sei während des Corona-Lockdowns telefonisch durchgeführt worden. „Ihr Antrag ist abgelehnt worden“, sagt Derin, die hinter dieser Entscheidung sofort Verständigungsprobleme vermutete.

Hilfestellung auch beim Pflegegrad-Antrag

Unter anderem sei in dem schriftlichen Ablehnungsbescheid vermerkt worden, die Seniorin hätte noch einen „festen Händedruck“ gehabt. „Die Dame saß vor uns und uns war klar, sie kann nicht mal mehr einen Waschlappen auswringen.“ Also legte das Team Widerspruch ein und bat um eine erneute Begutachtung, diesmal per Hausbesuch. „Wir begleiteten sie dabei und haben für sie alle Fragen des MDK-Mitarbeiters übersetzt.“ Ergebnis: „Ihr wurde der Pflegegrad zwei bewilligt.“

Das Quartiersbüro Osterfeld arbeitet eng mit dem Häuslichen Unterstützungsdienst zusammen. „Ab dem ersten Pflegegrad können wir darüber auch die geleisteten Hilfsdienste wie Einkaufen oder das Reinigen der Wohnung mit den Krankenkassen abrechnen.“ 70 Kunden nehmen dieses Angebot inzwischen in Anspruch. Die meisten kommen aus Osterfeld, einige aber auch aus dem Stadtgebiet.

So sind die Büros zu erreichen

Die Quartiersbüros dienen Senioren als Erstanlaufstelle zu den Themen Gesundheit, Pflege, Hilfsmittel, Kultur, Freizeit, Ehrenamt, Dienstleistungen, Wohnen und Begegnung. Kooperationspartnerdes Quartiersbüros in Osterfeld (Wasgenwaldstr. 49) ist „pro wohnen international e.V.“. Bürozeiten: Mo. bis Fr. 9-12 Uhr. Kontakt: Tel. 0208 960 69 45 oder per Mail an: zahide.derin@pro-wohnen-oberhausen.de

Quartiersbüro Oberhausen-Mitte/Styrum, DRK-Kreisverband Oberhausen. Koordinatorin Vera Höger, Tel.: 0151 55166434. Melek Cimen bietet auch Beratungen auf Türkisch an, Handy 0151 42129132. Bürozeiten Nohlstr. 40: Mo. bis Do. 8-17 Uhr, Fr. 8-13 Uhr. Termine an der Grenzstr. 32 nach Vereinbarung.

Büro Alstaden/Lirich, Caritas Oberhausen. Quartierskoordinatorin Anna Gedik, Tel 0208 65 63 42 28 oder 0152 01 59 20 40. Bürozeiten Bebelstr. 23: Mo. und Mi. 10-12 Uhr, Di. 12-14 Uhr. Quartierskoordinatorin Katja Overbeck, Tel 0208 97 06 96 82 oder 0163 880 86 71, Kewerstr. 56. Do. 10-12 Uhr.

BüroOberhausen-Ost, Lebenshilfe Oberhausen. Quartierskoordinatorin Andrea Auner, Handy 0151 15659516. Bürozeiten Marienburgstr. 14: Di. und Do, 14-18 Uhr.

Sterkrade-Mitte: Gute Hoffnung leben, Quartierskoordinatorinnen Beate van de Leest (b.vandeleest@gute-hoffnung.de), Tel: 0208 88 25 32 73. Bettina Kraft-Gerhard (b.kraft@gute-hoffnung.de), Tel: 0208 88 25 32 51, An der Guten Hoffnung 4 (Navigation: Bahnhofstr. 66 eingeben). Bürozeiten: Mo. 9-13 Uhr, Mi. und Do. 9-17 Uhr.

Sterkrade-Nord: Arbeiterwohlfahrt Oberhausen, Quartierskoordinator Thomas Heipcke, Julius-Brecht-Anger 33, Tel. 0208 850 00 81 oder quartiersbuero@awo-oberhausen.de. Bürozeiten: Do. 10-13 Uhr.

Die Begleitung bei Behördengängen, das Einschalten eines Pflegedienstes, das Anstoßen altengerechter Umbaumaßnahmen – all dies gehört ebenfalls zu den Leistungen der Quartiersbüros. Gerne erinnert sich Derin aber auch an besondere Ereignisse wie dieses: „Eine Seniorin erzählte uns, dass sie so eine große Sehnsucht hat, in den Vorweihnachtstagen noch einmal den Kölner Dom zu besuchen.“ Früher habe sie das immer gemeinsam mit ihrem Mann gemacht. „Doch der war vor drei Jahren verstorben.“ Zahide Derin und ihr Team zögerten nicht lange. „Wir machten den Besuch möglich.“ Glücklich habe dies nicht nur die völlig überraschte Oberhausenerin gemacht. „Sondern uns auch.“