Oberhausen. Schritt für Schritt will die Stadt Oberhausen nach einem Vorschlag von Kasseler Stadtplanern die City zu einer „Autofreien Innenstadt“ umbauen.
Dass der City-Kern dringend ertüchtigt und verschönert, die Aufenthaltsqualität vor allem für Spaziergänger, Einkäuferinnen, Anwohner und Flanierende verbessert werden muss, darüber sind sich die meisten Politiker im Rat der Stadt einig.
Bereits im März 2022 hat die breite Ratsmehrheit ein über 140 Seiten umfassendes Konzeptpapier des Kasseler Stadtplanungsbüros „IKS Mobilitätsplanung“ abgesegnet – das „Nahmobilitätskonzept Alt-Oberhausen“. Die Grünen, die Linke Liste und das Bürgerbündnis BOB stimmten allerdings dagegen – ihnen gingen die Vorschläge nicht weit genug.
Doch trotz vieler durchaus beeindruckender Ideen der Fachleute können die Oberhausener noch keines der angestrebten Vorhaben in der City tatsächlich entdecken. Dabei ist ein guter Teil der Experten-Vorschläge als „kurzfristig umsetzbar“ gekennzeichnet worden – doch Stadtplaner denken in Generationen-Zeithorizonten und kurzfristig heißt bei ihnen: innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre. Und selbst diese Frist beginnt nach Darstellung der Rathaus-Fachabteilung erst, wenn die konkrete Planung für die Idee anfängt.
Stadtplaner wünschen sich die „Autofreie Innenstadt“
Die Stoßrichtung des Konzeptes entspricht dem Zeitgeist: Radler und Fußgänger sollen gefördert; die Wege von Radlern und Fußgänger getrennt sowie der Kfz-Verkehr aus dem Zentrum weitgehend herausgedrängt werden, weil er innerhalb von Wegen bis zu zehn Kilometern von Radverkehr ersetzt werden kann. Das Oberhausener Zentrum soll im Grunde nach Willen der Konzeptschreiber Schritt für Schritt zur „Autofreien Innenstadt“ werden, um die Lebensqualität der Bürger vor Ort zu verbessern. Mehr Strom-Ladesäulen sollen vor allem die E-Mobilität von Radlern erleichtern.
In diesem Sinne gehen die Verkehrsplaner unter dem neuen Planungsdezernenten Thomas Palotz (CDU) ab Anfang nächsten Jahres an die Umsetzung der Ideen.
ERSTES CITY-VORHABEN: Als erstes lassen sie einen Zebrastreifen auf der Kreuzung Helmholtzstraße und Elsässer Straße pinseln – und bauen die derzeitigen Ampeln ab. Denn Fußgänger werden nach Beobachtung der Kasseler Fachleute im Fußgängerzonen-Bereich Elsässer Straße durch die Ampeln unnötig abgebremst. Bei einem Zebrastreifen hätten Fußgänger automatisch Vorrang. Die Kosten der Bauänderung werden auf 15.000 bis 30.000 Euro beziffert
ZWEITES CITY-VORHABEN: Einer der Merkwürdigkeiten der anderthalb Kilometer langen Fußgängerzone Marktstraße ist, dass Autos diese queren dürfen – gleich an mehreren Stellen. Auswärtige Besucher sind davon stets überrascht, weil weder für Autofahrer noch für Spaziergänger gut zu erkennen ist, dass von links oder rechts Autos heransausen dürfen. Die Kasseler Konzeptschreiber schlagen hier als langfristige Daueraufgabe vor, das „Überfahren der Marktstraße durch Kfz an sämtlichen Bereichen zu verbieten und angrenzende Straßenabschnitte als Sackgasse zu gestalten“. Nur Radler und Stoag-Busse sollen die Marktstraße noch direkt queren dürfen.
Absperrung des Altmarkts für den Autoverkehr auf lange Bank geschoben
Dies auch politisch durchzusetzen, wird nicht einfach: Die Ratsmehrheit hat einen der Punkte, nämlich die Durchfahrten von der Schlingensief- und Stöckmannstraße über den Altmarkt mit Sackgassen zu unterbinden, auf die lange Bank geschoben – ins nächste Konzept. Und auch Parkplätze sollen wegfallen (geplant bis zu 500) – zugunsten von breiteren Bürgersteigen und mehr Radwegen. Dies soll aber erst dann geschehen, wenn dafür als Ersatz ausreichend Quartiers-Parkhäuser gebaut worden sind.
In einem ersten Schritt zu Jahresbeginn will die Stadt die Marktstraße besser als verkehrsberuhigten Bereich ausschildern – die oft als Spielstraße bezeichneten Schilder sollen sowohl für Autofahrer als auch Spaziergänger gut sichtbar sein. Die Kosten dafür werden auf 5000 Euro geschätzt.
DRITTES CITY-VORHABEN: Die Oberhausener Innenstadt ist bekanntlich mit einer Vielzahl von Einbahnstraßen durchzogen. Diese sollen alle für Radler freigegeben werden – genannt werden im Konzept die Gewerkschaftsstraße, die Düppelstraße, die Goebenstraße, die Paul-Reusch-Straße, die Gutenbergstraße und die Friedrich-List-Straße. Die Kosten je Abschnitt werden auf 1000 Euro plus Markierungsarbeiten geschätzt.
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VIERTES CITY-VORHABEN: Fahrradfahrer sollen künftig nicht mehr auf den markierten roten Radwegen den Bürgersteig benutzen müssen. Denn so rauben diese den notwendigen Platz für Fußgänger. Die Kasseler raten deshalb dazu, alle Schilder für Radwege auf Bürgersteigen zu entfernen, um die daraus entstehende Pflicht zur Benutzung des Radweges aufzuheben. „Perspektivisch wird eine Verlagerung des Radverkehrs auf Fahrbahnniveau empfohlen.“ Die Stadtplaner wollen dieses als mittelfristig (drei bis fünf Jahre) eingestufte Vorhaben schon zu Jahresbeginn angehen. Der Abbau der Schilder wird auf Kosten von 150 Euro je Schild geschätzt.
Stadtplaner raten Oberhausener zu mehr Kontrollen
FÜNFTES CITY-VORHABEN: Dringend raten die Fachleute der Stadt Oberhausen, die Kontrollen auf der Marktstraße zu verschärfen, um Konflikte und Unannehmlichkeiten für Fußgänger zu reduzieren. So kritisieren Anwohner, dass Privatautos einfach in der Fußgängerzone abgestellt werden – oder diese durch die Marktstraße fahren. Zudem sollte die Stadt gegen das „Autoposen“ in der Innenstadt, illegales Radfahren auf Gehwegen, zu schnelles Fahren in der City, falsches Parken auf Gehwegen und Radwegen stärker vorgehen.