Oberhausen. Marillion feiern in der Turbinenhalle; Porcupine Tree wollen die Arena füllen. Zur Einstimmung gibt’s eine Tribute-Show für alte Prog-Granden.

Das Formatradio spielt immer nur ein Lied – „Kayleigh“, was sonst – von ihrem Hitalbum aus den 1980er Jahren. Dabei hat sich seit „Misplaced Childhood“ soviel getan bei Marillion. Mit Steve Hogarth als „neuem“ Sänger (seit immerhin 33 Jahren) erfreuen sich die schottischen Progressive Rocker einer verschworenen Fangemeinde. Ob sich die Fünf von Marillion auch noch an diese seltsame Riesentonne mit der sehr speziellen Akustik erinnern?

Vor fast genau 13 Jahren nämlich gaben die Schöpfer so grandioser Konzeptalben wie „F.E.A.R“ oder des aktuellen Streichs „An Hour before it´s Dark“ ein Konzert im Gasometer. Am Mittwoch, 9. November, allerdings kommt die doch standesgemäßere Turbinenhalle zum Zuge – schließlich ist die Fanbasis weiter gehörig gewachsen. Und trotz des düster-prophetischen Albumtitels, wie gemeißelt für bedrängende Krisenzeiten, zeigen sich die Klangartisten um Gitarrist Steve Rothery optimistisch: Denn das Tourneemotto kündet vom „Licht am Ende des Tunnels“.

Unermüdliche Live-Musiker: die fünf Mittsechziger von Marillion mit (v.li.) Bassist Pete Trewavas, Gitarrist Steve Rothery, Sänger Steve Hogarth, Keyboarder Mark Kelly und Drummer Ian Mosley.
Unermüdliche Live-Musiker: die fünf Mittsechziger von Marillion mit (v.li.) Bassist Pete Trewavas, Gitarrist Steve Rothery, Sänger Steve Hogarth, Keyboarder Mark Kelly und Drummer Ian Mosley. © dpa | Anne-Marie Forker Photography

Ihre spendabelsten Fans ernannten die Schotten im vorigen Pandemiejahr sogar zu „Lightsavers“: Sie hatten per Crowdfunding dafür gesorgt, dass Marillion mit ihren Tourneeplänen ins Risiko gehen und rund 150.000 Pfund in seine anstehende Konzertreise investieren konnte. Alle fünf Musiker waren gesund geblieben – und konnten das Fan-Investment komplett rückerstatten.

Hogarth und Co. leben fürs Live-Event

Schließlich leben Hogarth, Rothery und Co. fürs Live-Event, sind auch noch ohne das berühmte Marillion-Signet nahezu unermüdlich solo oder mit Zweit-Bands unterwegs. Bassist Pete Trewavas zupft seine geschmeidigen Läufe gleich in zwei weiteren Prog-Institutionen: bei „Transatlantic“ und „Kino“ (der britischen, nicht der russischen Band).

Noch umtriebiger in Sachen „Prog“ ist eigentlich nur noch der zehn Jahre jüngere Steven Wilson unterwegs. Sein kurz vor Corona angekündigtes Solo-Debüt in Oberhausen fiel zwar der Pandemie zum Opfer – doch nur drei Tage vor Marillion will seine Band Porcupine Tree am Sonntag, 6. November, die Rudolf-Weber-Arena füllen.

Steven Wilson von „Porcupine Tree“ als Saitenarbeiter: Der Bandleader verfolgt nebenbei noch eine erfolgreiche Solokarriere – und ist gefragt als Remix-Klanggenie.
Steven Wilson von „Porcupine Tree“ als Saitenarbeiter: Der Bandleader verfolgt nebenbei noch eine erfolgreiche Solokarriere – und ist gefragt als Remix-Klanggenie. © Steven Wilson Headquarters

Die zum Trio eingedampfte Neoprog-Formation zählt, Mann für Mann, zu den Assen des Genres: Der bald 65-jährige Keyboard-Künstler Richard Barbieri musizierte in jungen Jahren mit den Artrock-Pionieren von „Japan“, deren große Bedeutung eigentlich erst nach ihrer kurzen Band-Existenz richtig gewürdigt wurde. Der 59-jährige Schlagzeuger Gavin Harrison ist als Wunder-Drummer gefragt wie kaum ein zweiter: Er trommelt auch noch für die Prog-Urgesteine „King Crimson“ und seine eigentliche Erst-Band „The Pineapple Thief“. Gitarrist und Sänger Steven Wilson schließlich näherte sich mit dem Soloalbum „To the Bone“ spielerisch Hitparaden-Sounds an, um das ganze Popstar-Gewese mit der Nachfolge-Scheibe „The Future Bites“ bissig zu karikieren.

Erste Garde der Genesis-Coverbands

Zu diesem progressiven Doppelschlag gehört natürlich ein standesgemäßer Prolog. Den liefert bereits am Sonntag, 30. Oktober, im Zentrum Altenberg „The Watch“. Das italienische Quintett darf sich zur ersten Garde der Genesis-Coverbands zählen und bietet zudem das Potenzial auf, die Musik der verehrten Vorbilder mit eigener Prägung auszustatten. Aktuell misst man sich sogar am Tournee-Programm von Steve Hackett und bringt – exakt wie der Genesis-Gitarrist der frühen Jahre – das Repertoire von „Seconds out“ auf die Bühne. Hackett hatte seinerzeit wegen der Abmischung dieses 1976er Live-Doppelalbums die Band verlassen, weil seine Saitenkünste im Mix untergingen. „The Watch“ dürften ihrem Gitarristen diesen Tort wohl nicht antun.

Bis zu 55 Euro Preisdifferenz

Das Preisgefüge an den drei Konzert-Schauplätzen spannt sich über eine Differenz von 55 Euro. Für Marillion am Mittwoch, 9. November, in der Turbinenhalle zahlen Fans von 59,50 Euro (Stehplatz) bis 72,50 Euro (Golden Circle). Tickets für Porcupine Tree am Sonntag, 6. November, in der Rudolf-Weber-Arena kosten von 60,65 Euro bis 83,65 Euro.

Am kostengünstigsten mit 28,20 Euro ist der Prog-Genuss mit The Watch und „Seconds out“ am Sonntag, 30. Oktober, im Zentrum Altenberg.