Essen. Steve Hackett hat mit Phil Collins und Peter Gabriel gespielt. In der Essener Lichtburg bediente der Gitarrist nun nostalgische Erwartungen.
Vom Ruhm glorreicher Zeiten lässt sich gar prächtig zehren, selbst wenn es für die große Grugahalle längst nicht mehr reicht. Weshalb sich mittlerweile die Lichtburg als grandiose Spielstätte für in die Jahre gekommene Altrocker etabliert hat.
Die füllte nun auch Steve Hackett lässig, der vor 50 Jahren an der Seite von Peter Gabriel und Phil Collins die berühmteste, um nicht zu sagen: beste aller Genesis-Besetzungen mit seinen originellen Gitarren-Sounds bereicherte. Es war jene Ära, als die fünf Briten mit so famosen Alben wie „Selling England by the Pound“ wesentliche Höhepunkte der ebenso fantasievollen und opulenten Inszenierung einer klanggewaltigen Musik markierten, die heute als Prog-Rock in den Annalen steht.
Charakteristisch für den Stil ist der Keyboard-Bombast über oft vertrackten, beinhart getrommelten Beats, zu dem sich eingängige, oft von Folk, aber auch Klassik inspirierte Melodien gesellen. Nicht nur von packenden Gitarren präsentiert, sondern auch auf für Rock eher exotischen Instrumenten wie Flöten und Saxophonen. Kurzum: explosive Überwältigungsartistik in Cinemascope und Technicolor.
Wovon jetzt auch der Auftritt von Steve Hackett kündete. Die rasant durch alle Farben jagende Light-Show war schlicht imposant, während sein erstes Set mit eigenem Material partiell an allzu deutlichen Klischees des Genres und in den lauteren Passagen ständig an markerschütternden, doch leider wummrigen Bass-Attacken litt.
Alle Zutaten für eine starke Prog-Rock-Nummer
Als heimlicher Star des Abends erwies sich dafür der grandios vielseitige Keyboarder Roger King. Nach gemütlich plätscherndem Prog-Rock alter Schule sorgte der im Duo mit dem an Saxophonen, Flöten und mehr aktiven Rob Townsend fürs erste Aufwachen bei „Devil’s Cathedral“, das sich zu einem prachtvollen Höllenritt samt vokalem Glanz des androgynen Sängers Nad Sylvan auswuchs. Großes Kino, dem mit „Shadow of the Hierophant“ in bester Seventies-Manier das überzeugendste Hackett-Original folgte. Kraftvoll geerdet von Drummer Craig Blundell und Jonas Reingolds knackigem Bass servierte der 72-jährige Gitarrist erst ein vibrierendes Intro und danach so ziemlich alle Zutaten für eine starke Prog-Rock-Nummer. Was seine Rhythmus-Gitarristin Amanda Lehmann mit glockenhellem Gesang fabelhaft krönte. Der nun endlich stehende Applaus war wohlverdient.
Es war klar der überzeugendste Track einer durchwachsenen Show, die im zweiten Teil das komplette Live-Album „Seconds Out“ präsentierte, das schon 1977 ein Best-of-Genesis war. Und in der Lichtburg ein eher müder Abklatsch, der nicht zuletzt an den stimmlichen Schwächen von Nad Sylvan litt. Stark dagegen Roger Kings Piano-Intro zu „Firth of Forth“, dem Rob Townsend überraschendweise nicht die famosen Flöten-Töne, sondern ein expressives Sax beibrachte. Das legendäre Guitar-Solo gab’s natürlich auch in aller Herrlichkeit.
Doch obwohl sich Steve Hackett und seine Musiker redlich Mühe gaben, wurde man das Gefühl nicht los, man höre nur eine halbwegs begabte Genesis-Coverband. Seine Fans nahmen es erstaunlich gelassen und feierten schließlich den Held ihrer Jugend mit stürmischem Applaus, der wohl eher nostalgischen Gefühlen als einem denkwürdigen Konzert-Erlebnis geschuldet war.