Oberhausen. Die Gemeinden blicken sorgenvoll auf den Winter: Wie kalt darf es bei rasant steigenden Heizkosten in Gotteshäusern und Gemeinderäumen werden?
Bibbern beim Abendmahl? Gänsehaut in der Frauengruppe? Die Kirchengemeinden in Oberhausen plagt die Sorge, Gottes- und Gemeindehäuser in diesem Winter nicht mehr angemessen heizen zu können, weil die Energiekosten zu hoch sind. Es gibt schon erste Beschwerden von Gemeindemitgliedern, die sich über allzu kalte Räume beklagen.
So ist es zum Beispiel der Frauengruppe der evangelischen Gemeinde Königshardt-Schmachtendorf ergangen. Sie sollte bei 19 Grad Raumtemperatur im Gemeindetreffpunkt an der Forststraße in Schmachtendorf zusammenkommen und beschwerte sich prompt bei Pfarrer Thomas Levin über die aus ihrer Sicht allzu geringe Behaglichkeit. Pfarrer Levin regelte daraufhin die Temperatur um einige Grad nach oben: „Bei 19 Grad reicht nicht der wärmende Kaffee aus, um ein zweistündiges Treffen zu absolvieren.“
Auf 50.000 Euro belaufen sich bislang insgesamt die jährlichen Heizkosten der Gemeinde Königshardt-Schmachtendorf für ihre diversen Immobilien und Treffpunkte. Im Presbyterium rechnet man in Folge der rasant gestiegenen Gaspreise mit einer Vervielfachung. Ähnlich sieht die Rechnung in anderen Gemeinden aus.
Die Gemeinde Königshardt-Schmachtendorf setzt unterdessen im seit 2019 grundlegend modernisierten Gotteshaus am Buchenweg auf neue Technik: Hier kommt künftig eine Fußbodenheizung samt Wärmepumpe zum Einsatz, was erhebliche Einspareffekte verspricht. Zudem ist eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert worden.
Wie kalt darf es im Winter in den Kirchen und in Gemeindehäusern werden? Wie sehr darf man die Gläubigen frieren lassen? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Diese schwierige Frage beschäftigt derzeit zum Beispiel auch die katholische Gemeinde Herz-Jesu in Alt-Oberhausen. „Das Thema Energiekosten ist in unseren Gremien im Moment auf der Tagesordnung“, berichtet Pfarrer Vincent Graw. Zunächst werde der Pfarrgemeinderat darüber beraten und danach werde der Kirchenvorstand vermutlich eine Entscheidung treffen.
Ganz auf sich allein gestellt sind die Gemeindegremien bei diesen sensiblen Beratungen nicht. So liegen etwa umfangreiche schriftliche Handlungsempfehlungen des Bistums vor mit der schönen Überschrift „Verantwortungsbewusstes Temperieren von Kirchen im Winter 2022/2023“.
Im Abschnitt „Temperaturabsenkung und Behaglichkeit“ heißt es etwa: „Bisher ist es in vielen Kirchen gängige Praxis, den Innenraum im Winter dauerhaft zu temperieren. Diese Temperierung dient allerdings nur dem Komfort der Nutzerinnen und Nutzern.“ Das Heizen sei für den Erhalt der Gebäude und Orgeln in den meisten Fällen gar nicht nötig.
„Feiern von Gottesdiensten in nicht oder gering beheizten Kirchen“
Das Bistum unterstreicht: Zahlreiche unbeheizte oder nur mithilfe von Sitzbankheizungen leicht temperierte Kirchen würden zeigen, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher keineswegs sinke, wenn man auf das Beheizen weitgehend verzichte. Das kompliziert formulierte Fazit lautet: „Eine entsprechende Sensibilisierung und daraus resultierende Vorbereitung der Gläubigen ermöglicht durchaus das Feiern von Gottesdiensten in nicht oder gering beheizten Kirchen.“
Pfarrer Thomas Eisenmenger von St. Marien und sein Team werden genau diesen Weg beschreiten: „Im Kirchenvorstand und im Pastoralteam haben wir die Heizfrage besprochen. Wir sind uns einig, dass wir uns den Handlungsempfehlungen des Bistums Essen anschließen. Das bedeutet, dass wir unsere Kirchen in der Pfarrei nicht heizen werden und die Temperatur in den Gemeinderäumen drosseln.“
Temperaturabsenkung schade den Orgeln nicht, man müsse allerdings darauf achten, dass bei Temperaturschwankungen die Luftfeuchtigkeit nicht zu hoch werde. Und: „Wir bitten die Kirchenbesucher, sich durch entsprechende Kleidung auf die niedrigeren Temperaturen in den Kirchen einzustellen und weiterhin die Gottesdienste mitzufeiern.“
Man wird nun in den nächsten Wochen sehen, wie genau weitere Gemeinden in Oberhausen vorgehen werden. Schon jetzt scheint aber klar: In diesem Winter kann der Gottesdienstbesuch durchaus zu einer ziemlich frostigen Angelegenheit werden. Und nicht immer wird – wie in Schmachtendorf – der Pfarrer zur Stelle sein, um kurzfristig den Temperatur-Regler nach oben zu drehen.