Oberhausen. Die Versorgungslage war noch nie so angespannt wie heute. Stadt, EVO und Krankenhäuser bereiten sich auf einen größeren Stromausfall vor.

Blackout, der langanhaltende Stromausfall – nur ein Schreckgespenst oder dank des Gasmangels aus Russland oder möglicher Hackerangriffe eine Bedrohung auch für Oberhausen? Wir fragen bei den Verantwortlichen vor Ort nach und erfahren: Die Vorbereitungen auf einen solchen Notfall laufen auf Hochtouren. Besonders gefürchtet wird dabei aber offensichtlich eine ganz andere Ursache.

Noch nie war die Versorgungslage so angespannt wie aktuell. Deshalb bereitet sich Oberhausen, wie Stadtsprecher Ralf Terlau schriftlich mitteilt, „angesichts bereits bestehender und zu erwartender Energieengpässe und der erheblichen Erhöhung der Energiepreise“ auch auf einen größeren Notfall vor. „Oberbürgermeister Daniel Schranz hat eine Koordinierungsgruppe zur Energiekrise einberufen“, führt Terlau aus. Unter dem Vorsitz des Beigeordneten Michael Jehn würden Vertreterinnen und Vertreter der Energieversorgung Oberhausen (EVO), der Servicebetriebe Oberhausen (SBO), der Feuerwehr sowie der Bereiche Öffentliche Ordnung und Umwelt der Stadt prüfen, welche Schritte eingeleitet werden müssten.

Im Rahmen der allgemeinen Katastrophenschutzplanung werde außerdem unter Führung der Feuerwehr mit den Hilfsorganisationen, dem Technischen Hilfswerk und der Polizei an der Weiterentwicklung der Notfallplanung für Oberhausen gearbeitet. Dabei gehe es um den Schutz der kritischen Infrastrukturen – zum Beispiel Energie, Wasser, Gesundheit, Transport, IT – aber auch um die Sicherstellung einer Notstromversorgung für alle Ordnungs- und Sicherheitsbehörden. Auch der Weiterbetrieb der Krankenhäuser und Alteneinrichtungen der Stadt müsse gewährleistet sein. „Es geht unter anderem um die Unterstützung bei der Notstromversorgung, die Einrichtung von Notküchen, den Transport von Notfallpatienten, die Verlegungen von Beatmungspatienten sowie die Errichtung von Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger“, erläutert Terlau.

Krisenstäbe der Stadt und der Energieversorgung Oberhausen arbeiten zusammen

„Zwischen den Krisenstäben der Stadt und der Energieversorgung Oberhausen finden regelmäßige Austauschtermine statt“, bestätigt auch EVO-Sprecherin Anja Ricken auf Nachfrage der Redaktion. Dabei seien mögliche Blackout-Szenarien besprochen und Regelungen dazu vereinbart worden. „Sollten Ereignisse erkennbar sein, aus denen größere Stromausfälle resultieren können, werden vorbereitende Maßnahmen, wie etwa die Erhöhung der Anzahl von Entstördienst-Mitarbeitenden oder eine Erhöhung von vorgehaltenen Materialien, angeordnet.“

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Dabei sei ein flächendeckender Stromausfall, von dem ganz Oberhausen betroffen wäre, „nur durch ein schwerwiegendes übergeordnetes Ereignis in den vorgelagerten Verteil- und Übertragungsnetzen möglich“. Denn die Stadt werde durch mehrere Verteilnetze versorgt, was die Auswirkungen selbst eines weitgehenden Netzausfalls reduziere. Eine Unterbrechung der Stromversorgung einzelner Straßen oder Versorgungsbereiche sei aber – auch durch Dritte ausgelöst – durchaus möglich.

Sorgen bereitet den Fachleuten aber vor allem ein möglicher großer Stromausfall durch ein überlastetes Stromnetz. Dazu kommt, dass sich auch die Energiekrisen der Nachbarländer auf Deutschland auswirken. So gewinnt etwa Frankreich normalerweise einen Großteil seines Stroms aus Kernkraft und liefert über ein Verbundabkommen auch nach Deutschland. Doch rund die Hälfte der Atomreaktoren in Frankreich steht derzeit still. Um die fehlenden Lieferungen auszugleichen, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verkündet, dass die deutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim voraussichtlich im ersten Quartal 2023 noch am Netz bleiben.

Dennoch bleiben Bedenken, dass es durch zu geringe Liefermengen zu Stromschwankungen kommen könnte. Folgt ein zeitgleich erhöhter Verbrauch, droht ein Blackout. Das könnte etwa auch in Oberhausen der Fall sein, wenn im Winter Tausende aus Angst vor den hohen Kosten nicht ihre Gasheizung aufdrehen, sondern lieber einen elektrischen Heizlüfter anschmeißen. „Wir beugen einem solchen Ereignis aber durch regelmäßige Ablesungen oder mess-technische Belastungserfassungen der Stromnetze vor“, sagt Ricken. Sollten dabei Grenzwerte überschritten werden, „machen wir uns auf die Suche nach der Ursache“. Falls nötig, werde dann sofort der EVO-Krisenstab einberufen und die Stadt informiert.

Denn bei einem schwerwiegenden Stromausfall stehe zeitgleich die Wärmeversorgung in dem betroffenen Gebiet auf der Kippe. „Die in den Häusern installierten Gasgeräte oder Wärmepumpen können keine Wärme erzeugen, da die Steuereinheiten dieser Geräte nicht mit Strom versorgt werden“, teilt Ricken mit. Auch die Wärmeversorgung durch Fernwärme sei davon abhängig, ob die Pumpen, die das heiße Wasser durch das Wärmenetz pumpen, von dem Ausfall betroffen sind. „Nur wenn die Pumpen selbst in einem nicht betroffenen Teilnetz installiert sind, kann die Wärmeversorgung weiterhin erfolgen.“

Alle Krankenhäuser halten Notstromaggregate vor

Und die Krankenhäuser? Das Johanniter Krankenhaus Oberhausen ist mit zwei Notstromaggregaten ausgestattet. „Beheizt wird das Haus durch Fernwärme“, sagt Krankenhaussprecher Stefan Wlach. Gut gerüstet für den Notfall sehen sich auch die Ameos Krankenhäuser in Oberhausen, versichert Sprecherin Annette Kary. Bei einem Stromausfall übernähmen die hauseigenen Notstromaggregate die Versorgung. Für diese würden Treibstoffvorräte vorgehalten. Die Ameos Krankenhäuser St. Josef und St. Marien Oberhausen würden heiztechnisch unter anderem mit Blockheizkraftwerken betrieben, die sowohl eine Strom- als auch Wärmeversorgung übernehmen könnten. „An beiden Standorten wird neben dem regulären Gasbetrieb auch Heizöl als Ersatzbrennstoff für weitere Kesselanlagen vorgehalten.“ Das Ameos Klinikum St. Clemens in Oberhausen werde aber ausschließlich mit Fernwärme beheizt. „Sollte sich hier ein Versorgungsengpass abzeichnen, sorgen mobile Wärmeerzeuger des Technischen Hilfswerks oder anderer Dienstleister für die Wärmeversorgung“, beruhigt Kary.

Das Ameos Krankenhaus St. Clemens in Oberhausen wird ausschließlich mit Fernwärme beheizt.
Das Ameos Krankenhaus St. Clemens in Oberhausen wird ausschließlich mit Fernwärme beheizt. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Für die Helios St. Elisabeth Klinik Oberhausen versichert Klinikgeschäftsführerin Anna Berrischen: „Eine Netzersatzanlage garantiert während eines ausfallenden Stromnetzes binnen weniger Sekunden die Versorgung der wesentlichen Energieverbraucher unserer Klinik wie etwa der Operationssäle.“ Die Wärmeversorgung sei über eine Pelletheizung sowie eine Gasheizung gewährleistet. „Wir stimmen uns regelmäßig mit den lokalen Versorgern ab, so dass wir uns sowohl unternehmensintern als auch extern auf mögliche Szenarien vorbereiten.“ Dafür gebe es einen festgeschriebenen Krankenhaus-Einsatz- und Alarmplan. Krankenhäuser gehörten in Deutschland zur kritischen Infrastruktur und stünden somit bei der Gasversorgung auf gleicher Stufe mit Privathaushalten. „Darüber hinaus gehören wir als Klinikbetreiber zum Sozialbereich und sind somit in doppelter Hinsicht abgesichert, da diese bei der Gas- und Stromversorgung priorisiert werden.“

Ein Ratgeber mit Tipps für den Notfall

Die Jahresberichte des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft belegen: In Deutschland traten zumindest bislang nur selten Stromausfälle auf. Haushalte mussten im Jahr durchschnittlich nur wenige Minuten auf ihren Strom verzichten. Zusätzlich sorgt der Zusammenschluss der europäischen Stromnetze zu einem Verbundnetz für Stabilität. Denn die Mitglieder helfen sich gegenseitig.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gibt unter der Internetadresse www.bbk.bund.de in einem Ratgeber für „Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen“ jede Menge Tipps für den Notfall.

Auch das Evangelische Krankenhaus Oberhausen verfüge über ein Notstromaggregat, das mit Heizöl bzw. Diesel betrieben werde, erläutert eine EKO-Sprecherin. Das Notstromaggregat übernehme unmittelbar die Versorgung der Sicherheitsstromkreise und versorge kritische Bereiche wie die Intensivstationen und den OP so, „dass dort ohne Einschränkungen gearbeitet werden kann“. Auch die anderen Bereiche würden durch das Notstromaggregat versorgt. „Hier kann es aber zu Einschränkungen kommen wie kein Fernsehen auf den Patientenzimmern oder nur noch eine Notbeleuchtung auf den Fluren.“ Im EKO werde einmal im Jahr ein Blackout-Test durchgeführt. „So überprüfen wir den sicheren Betrieb der Notstromversorgung und trainieren die Abläufe.“ Das Notstromaggregat stelle die Stromversorgung für 72 Stunden sicher. Danach muss der Tank aufgefüllt werden. Geheizt wird im EKO mit Fernwärme. „Eine Ausweichmöglichkeit besteht nicht.“