Oberhausen. Das Oberhausener Stadtarchiv, das „Gedächtnis der Stadt“, lädt am Samstag, 24. September, zum Tag der offenen Tür ein. Eine Programmübersicht.

Erstaunlich, die Arbeit des Stadtarchivs lässt sich tatsächlich in drei Worten zusammenfassen: „Bewerten – bewahren – erleben“, so lautet das Motto für das „Gedächtnis der Stadt“ zum Tag der offenen Tür am Samstag, 24. September: Von 9.30 bis 16 Uhr sorgt das Team an der Liricher Eschenstraße 60 für über sechs Stunden Programm. Und dabei geht’s beileibe nicht nur um alte Akten.

Dabei weiß Magnus Dellwig als Leiter des Stadtarchivs aus Erfahrung: Archivführungen durch die einstige Liricher Hauptschule mit dem markanten Magazingebäude von 2015 sind fast ein Selbstläufer und finden zuverlässig Interesse. Zum Samstags-Programm zählen sie um 11 Uhr und um 15 Uhr. Doch das Archiv-Team zieht noch weitere Kreise: kilometerweite.

In schönster Kanzleischrift führten preußische Beamte auch die Alstadener und Holtener Akten: Diese Bestände sind im Stadtarchiv nun online recherchierbar.
In schönster Kanzleischrift führten preußische Beamte auch die Alstadener und Holtener Akten: Diese Bestände sind im Stadtarchiv nun online recherchierbar. © FFS | Kerstin Bögeholz

Denn als Neuheit starten um 10 Uhr und um 14 Uhr erstmals 90-minütige Stadtteilführungen an der Eschenstraße. Als Liricher Institution, so Dellwig, möchte man den Blick lenken auf historisch Bedeutsames „in einem scheinbar völlig unscheinbaren Wohnviertel“. Gemeinsam geht’s bis über den Rhein-Herne-Kanal zum Westfriedhof und seinen Gründerzeit-Monumenten: Sie erinnern an Grubenunglücke oder den deutsch-französischen Krieg von 1870/’71. Sollte das Wetter gar nicht mitspielen, ersetzt eine Präsentation im Haus die Stadtteilführung.

Das grimmige Fräulein im Klassenzimmer

Doch auch beim eigentlichen Vortrag des Tages verweist der Stadtarchivar auf einen neuen, „nutzwertigen“ Akzent: Um 12 Uhr informiert der Essener Historiker Thomas Hambacher über „Historische Fotos“: Was verraten den Nachgeborenen die alten Bilderschätze aus den Alben der Großeltern oder Urgroßeltern? „Arrangement und Präsentation“, so Magnus Dellwig, erzählen selbst auf den vermeintlich „steifen“ Aufnahmen noch Staunenswertes über die Fotografierten.

Zu eindrucksvollen Monumenten auf dem Westfriedhof geht’s mit der Stadtteilführung: Hier bewundern Ingo Dämgen und Michael Weier die Germaniasäule von 1870.
Zu eindrucksvollen Monumenten auf dem Westfriedhof geht’s mit der Stadtteilführung: Hier bewundern Ingo Dämgen und Michael Weier die Germaniasäule von 1870. © FFS | Kerstin Bögeholz

Wer sich noch spürbarer in kaiserliche Zeiten versetzen möchte, ist um 13 Uhr bei „Fräulein Grimmig“ richtig: Dann öffnet im alten Volksschulgebäude von 1907, das heute großteils die Stadtteil-VHS nutzt, das historische Klassenzimmer, liebevoll ausstaffiert vom Bollerofen bis zu vorzeitlichen Projektionsgeräten. Und Olga Cahoj-Roosen hat als strenge Lehrerin ein Auge darauf, dass auch die erwachsenen Schüler brav und gerade in den Bänken sitzen.

Mit der Pandemie, weiß Daniel Simon Böhmer, war bei den Schulen das Interesse am historischen Klassenzimmer eingebrochen. Vor allem das zuvor beliebte „Maskenball“-Programm will das Stadtarchiv nun wieder aufleben lassen: Bei diesem „Zwei- bis Drei-Generationen-Angebot“ dürfen sich die Kinder kostümieren; Schauspieler lesen dazu Geschichten aus alten Revier-Zeiten.

Die „Schönschrift“ der alten Poesiealben

Nostalgie und durchaus heutigen Nutzwert vereint schließlich die um 14.30 Uhr am Samstag angebotene Übung in Sütterlin, bei der Magnus Dellwig ebenfalls mit großem Interesse rechnet. Denn wer möchte nicht die Briefe aus der vor-vorherigen Generation lesen können? Der Leiter des Archivs, der die alte „Schönschrift“ noch als Grundschüler gelernt hat, meint zuversichtlich: Selbst in nur einer Schnupperstunde kommen Interessierte durchs Alphabet der zackigen Kurrentschrift. Und Daniel Simon Böhmer verweist auf die „wunderbaren Textbeispiele aus Poesiealben“. Wenn das keine Verführung ist?

Last, not least, kündet eine Plakatausstellung bereits von der kommenden Schau des Stadtarchivs im Schloss Oberhausen: Denn vom 23. Oktober an präsentiert die Panoramagalerie erneut „Aufbruch macht Geschichte“, jenen erhellenden Blick auf Oberhausens immerwährenden „Strukturwandel 1847 bis 2040“. Sage also niemand, das „Gedächtnis der Stadt“ stemme keine Zukunftsaufgaben.

Die bleibende Adresse nach etlichen Umzügen

Das Stadtarchiv Oberhausen ist im Februar 2016 – nach einer Odyssee über etliche Adressen – in den Neubau der ehemaligen Hauptschule Lirich, Eschenstraße 60, umgezogen. Der Zugang zum Archiv ist barrierefrei.

Die Öffnungszeiten sind dienstags und donnerstags von 9 bis 15 Uhr. Eine Anmeldung ist per Mail an stadtarchiv@oberhausen.de oder unter 0208 30952090 erforderlich. Die Mitteilung des Forschungsinteresses bei der Anmeldung verringert mögliche Wartezeiten.