Oberhausen. Noch einmal die Schulbank drücken: Wie sich die Redewendung anfühlt, konnten die Besucher des neu eröffneten Oberhausener Schulmuseums erleben.
Es ist ein magischer Ort, an dem die Menschen ins Erzählen kommen. Die Erfahrung hat Diplom-Pädagogin Olga Cahoj-Roosen immer wieder im „Historischen Klassenzimmer“ gemacht. Seit 2015 war das Oberhausener Schulmuseum geschlossen und im Keller eingelagert. Nun steht es wieder allen offen.
Bildungsgeschichte erleben
Olga Cahoj-Roosen ist Leiterin des Projekts „Schulmuseum“ und konnte am Dienstag zusammen mit Stadtarchiv-Leiter Magnus Dellwig die ersten Gäste am neuen Standort des Schulmuseums in der ehemaligen Hauptschule Lirich begrüßen. Hier soll Bildungsgeschichte wieder erlebbar werden für Schüler, aber auch für Menschen aus der Stadt.
„Nicht nur die Dinge hier erzählen Geschichten“, sagte Cahoj-Roosen in ihrer Rede zur Eröffnung des Klassenzimmers. „Hier kann jeder mitreden, weil jeder in der Schule war.“ Wenn die Menschen sich in einer solchen musealen Umgebung rückbesinnen, dann sind schöne Erinnerungen an Freunde und Erfolge und nicht so schöne darunter. An strenge, ungerechte Lehrer, zum Beispiel, oder an das eigene Scheitern in der Schule. Das könne dann sogar einen therapeutischen Effekt haben, schilderte die Pädagogin.
Vorne der Katheder
In der Grundstruktur ist das „Historische Klassenzimmer“ eingerichtet wie zu Kaisers Zeiten. Vorne der erhöhte Katheder, die Tafel. Ein Bild von Wilhelm II. schmückt die Wand, daneben hängt ein Holzkreuz: Damit waren die Grundpfeiler des Lebens Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts abgesteckt: Die Kinder der Oberhausener Arbeiter sollten in der Schule Gehorsam gegenüber Monarchie und Kirche lernen sowie Lesen, Schreiben und ein bisschen Rechnen.
Zeitgenossen, die diese Schulzeit noch erlebt haben, gibt es kaum noch. Aber auch Menschen, die später zur Schule gegangen sind, werden hier viele Elemente wiederentdecken: Karten, Lehrmaterial in den Vitrinen, ausgestopfte Tiere – das System Schule hat sich gar nicht so sehr verändert. Oder doch?
Kontakt übers Stadtarchiv
Für Grundschüler sowie fünfte und sechste Klassen wird es wieder ein Angebot im „Historischen Klassenzimmer“ geben: Bei der zweistündigen Unterrichtseinheit erleben die Schüler die Pädagogik der Volksschule des Kaiserreichs – unter anderem in Rollenspielen, bei denen sie sich verkleiden können.
Aber es wird auch Führungen und Vorträge in dem Schulmuseum geben. Dafür und für Besichtigungstermine läuft der Kontakt übers Stadtarchiv, zu dem das Schulmuseum gehört. Stadtarchiv, Eschenstraße 60, 0208-3095209-0, stadtarchiv@oberhausen.de.
Angst in der Schule
Sehr anrührend sind bei der Eröffnungsfeier mit Vertretern aus dem Schul- und Kulturausschuss, mit Schuldezernent Jürgen Schmidt und Kulturdezernent und Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras die Beiträge von Schülern des Elsa-Brändström-Gymnasiums. Sie zeigen, was autoritäre Pädagogik mit der Menschenseele macht: Janek Kwost liest Hermann Hesses Gedicht „Angst“ und Franz Kafkas „Brief an den Vater“ vor, die Beschreibung einer Beziehung voller Kälte und Fremdheit, Spiegel der (damaligen) Zeit.
Bitte halt’s aus
Wie in den engen Holzbänken zu sitzen ist, wird ebenfalls vorgetragen: Nicht auf der Kante sitzen, nicht anlehnen, den Kopf gerade halten – äußere Disziplin als Ausdruck innerer Disziplin. Dagegen geschnitten zum Schluss der Feierstunde die „Bitten eines Kindes an seine Eltern“ aus der Gegenwart. Dazu gehört auch: „Vergiss nicht, ich liebe Experimente! – Ich kann ohne sie nicht großwerden. Bitte halt’s aus!“. Über solche und andere Gedanken kann man sich vortrefflich austauschen im „Historischen Klassenzimmer“.