Oberhausen. Christian H. wurde am Weihnachtsmorgen zusammengeschlagen, weil er seinem Freund helfen wollte (wir berichteten). Mittlerweile kann er wieder sprechen. Und erzählen, wie das war in jener Nacht.
„Ich habe in diesem Moment gar nichts gedacht”, sagt Christian H. (23). Als der junge Oberhausener seinen Freund ein paar Meter weiter vor sich auf dem Boden liegen sah und drei Typen, die auf den Kumpel einschlugen, da wollte er nur helfen. Sein engagierter Einsatz am frühen Weihnachtsmorgen endete mit einem doppelten Kieferbruch und zwei Operationen (wir berichteten). Mittlerweile kann Christian H. wieder sprechen. Und erzählen, wie das war in jener Nacht. „Ich habe versucht, die Männer von meinem Freund weg zu ziehen”, sagt er. Und dann war er derjenige, der auf dem Boden lag. Der Schock, das Adrenalin. Auch am Boden denkt Christian H. nicht, hat später keine Erinnerung mehr, an das, was geschah. „Ich weiß nicht mal mehr, wie das hier passierte”, zeigt er auf seinen Kiefer.
Erst als die Polizei eintraf, die Schläger, zuletzt waren es wohl fünf, geflüchtet waren, setzt das Erinnerungsvermögen des Opfers wieder ein. „Ich habe nicht mehr am Boden gelegen, ich habe gestanden”, sagt er. Sein Gesicht sei voller Blut gewesen. Die Polizei nahm Personalien auf, machte Alkoholtests. „Im Krankenwagen bemerkten sie sofort den Kieferbruch und fuhren mich nach Essen ins Krankenhaus. Da kam dann der Schock. Als der Arzt sagte: 'Das müssen wir operieren, Sie müssen zehn Tage im Krankenhaus bleiben.'”
Grundlos zugeschlagen
Und jetzt? Christian H. ist wütend auf diese Typen, fünf Männer mit Migrationshintergrund, wie es heißt. „Die haben grundlos zugeschlagen”, versteht der 23-Jährige nicht, wie man so etwas tun kann. Nein, Angst habe er nicht, sagt er. Wobei ihm das Sprechen immer noch nicht leicht fällt. Vollständig in Ordnung ist der Kiefer nach wie vor nicht. Feste Nahrung kann Christian H. erst demnächst wieder zu sich nehmen.
Thomas Dörr (49), Christians Vater, schränkt ein: „Ob da nicht doch Ängste aufkommen, muss man abwarten.” Als Arzt hat er selbst schon viele Opfer von Gewalttaten erlebt. Genauso wie sein Sohn möchte er, dass die Männer gefasst und bestraft werden. Und er, der seine Söhne zur Zivilcourage erzogen hat, gerät ins Grübeln: „Warum fordern wir die eigentlich? Der Staat ist es doch, der uns schützen soll.” Wenn er das nicht mehr könne, fördere das die Selbstjustiz, fürchtet Dörr. Was Christian gut getan hat: Die Anteilnahme vieler Menschen. Sein Chef stockte sogar die vom Vater ausgesetzte Belohnung zur Ergreifung der Täter auf 2000 Euro auf. Wer etwas gesehen hat , kann sich bei der Polizei in Essen melden unter 0201 829 46 01.
Kommentar
Es mag Ursachen für Gewalt geben. Eine Entschuldigung für gewaltsames Verhalten gibt es nicht. Nie. Die Schuld bleibt beim Täter. Immer. Und wenn es Täter gibt, deren Anzahl an Körperverletzungsdelikten im vierstelligen Bereich liegt, stellt sich die bange Frage, was ist mit all den Opfern? Wo sind sie? Wie geht es ihnen? Können sie ruhig schlafen? Trauen sie sich im Dunkeln vor die Tür? Werden sie von Panik geplagt, von bleibenden körperlichen Schäden? Es ist gut, dass Täter therapiert werden, damit nicht mehr Menschen zu Opfern werden. Aber auch Opfer brauchen Hilfe und den Mut, ihre Peiniger anzuzeigen.