Oberhausen. In nichtöffentlicher Sitzung hat der Rat der Stadt Oberhausen eine wegweisende Entscheidung getroffen. Dadurch soll die Stadt sauberer werden.
Sie räumen den Müll weg, egal ob Bio, Plastik, Papier oder Reste, sie putzen die Straßen, sie leeren die öffentlichen Abfalleimer, sie holen Sperrmüll von zu Hause ab, sie beseitigen Schnee und Blätterhaufen auf den Wegen, sie bauen Straßen und Kanäle: Die Dienstleistungen der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen GmbH (WBO) mit einem Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro und einem Gewinn von 4,3 Millionen Euro sind für die Bürger der Stadt extrem wichtig – und werden von ihnen über Gebühren bezahlt.
Das Unternehmen mit seinen 400 Beschäftigten gehört allerdings seit Mitte der 90er Jahre nur noch zu 51 Prozent der Stadt – und zu 49 Prozent der privaten Entsorgungsfirma Remondis aus dem westfälischen Lünen. Deshalb erhält die Stadt von dem gut vier Millionen Euro Jahresüberschuss nur die Hälfte, also zwei Millionen Euro. Schon seit Jahren überlegt die Stadtpolitik und mit ihr die Stadtspitze, ob man die WBO nicht wieder ins Rathaus zurückholen soll. Denn dies ist bei der früheren 100-Prozent-Tochter „Oberhausener Gebäudemanagement“ (OGM) zum 1. Januar 2021 geschehen – mit bisher zufriedenstellendem Ergebnis: Ersparnis bei Mehrwert- und Gewinnsteuern, geringere Schnittstellen-Probleme bei den Servicediensten (Wer macht was?) mit dem Rathaus.
Kauf der WBO-Anteile von Remondis für nur eine Million Euro möglich
Die Chance auf den Rückkauf der Remondis-Anteile von 49 Prozent ist schon vor Jahren vereinbart worden – zu einem Festpreis von einer Million Euro in diesem Jahr. Die privaten Abfallexperten haben zwar in den 90er Jahren die einst rein kommunal geführten Wirtschaftsbetriebe mit ihrem Wissen auf Vordermann und in die Gewinnzone gebracht – doch nun wissen Städte ja, wie es richtig geht. Ist der Rückkauf also logisch?
Tatsächlich schien es lange Zeit so, als sei die Mehrheit der Ratspolitiker wild entschlossen, Remondis die Anteile mit Blick auf den möglichen Gewinn für den Haushalt und eine bessere Qualität der Dienstleistungen aus einer Hand abzujagen. Denn immer wieder gibt es bei den Arbeiten Überschneidungen und Kompetenzgerangel mit dem Rathaus – etwa bei der Reinigung der Straßen, Bürgersteige und Spielplatz-Umgebungen. 2015 empfahl ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young tatsächlich den Rückkauf.
Doch eine neue Untersuchung der Fachleute von „PKF Deutschland“ zu verschiedenen Szenarien kam jetzt zu dem Ergebnis, dass „die Ausübung der Erwerbsoption nicht empfehlenswert“ ist. Aus mehreren Gründen würde der heutige Gewinn von vier Millionen Euro der WBO bei einem vollständigen Betrieb durch die Stadt auf 1,5 Millionen Euro sinken. Einer der Gründe: Remondis ist es nach den Verträgen erlaubt, bei einem Erwerb ihrer Anteile durch die Stadt alle lukrativen gewerblichen Abfallkunden herauszukaufen und diese weiter zu betreuen – die WBO also hätte mit weniger Müllmengen und Einnahmen bei gleichen Kosten für Personal und Maschinen zu tun.
Diese Mehrleistungen hat die Stadt bei Verhandlungen mit Remondis herausgeholt
Die Gutachter empfahlen deshalb der Stadtspitze, lieber mit Remondis zu verhandeln – und mehr Leistungen herauszuschlagen, wenn man den 49-Prozent-Anteil nicht abkaufen wird. Denn Remondis ist nicht daran interessiert, ein seit Jahrzehnten unproblematisch Gewinn lieferndes Investment zu verkaufen. Und so holte die Stadtspitze in den Verhandlungen einige Vorteile heraus.
Erstens: Künftig erhält die Stadt trotz ihrer Anteile von 51 Prozent des Unternehmens 60 Prozent des Gewinns, Remondis nur 40 Prozent.
Zweitens: Die Wirtschaftsbetriebe verpflichten sich ohne weiteres Entgelt, also ohne Belastung der Gebührenzahler, mehr zu leisten: Reinigung der Autobahnausfahrten, Einsatz von Laubkörben im Herbst, dauerhafte Wertstoffannahme auch im Oberhausener Norden, Vollservice zur Abholung von Müllgefäßen aus den Kellern in der Innenstadt (erst einmal noch in der Prüfung) – und die Reinigung der Straßen und Bürgersteige in den Innenstädten von Sterkrade, Alt-Oberhausen und Osterfeld von Hauskante zu Hauskante.
Drittens: Die WBO versprechen den Einsatz einer schnellen Einsatztruppe als Quartiersverantwortliche, die wilde Müllkippen und Unrat in den Stadtvierteln schneller wegräumt.
Viertens: Remondis stimmt außerdem noch zu, die Gebührenzahler in den nächsten zehn Jahren nicht durch höhere Sachkosten zu belasten – nur die steigenden Personalkosten dürfen weitergereicht werden.
Fünftens: In zehn Jahren, also im Jahre 2033, darf Oberhausen den Remondis-Anteil wieder zurückkaufen – erneut für nur eine Million Euro.
Die Stadt soll also sauberer werden als bisher, der Gewinn für die Stadt nicht sinken und die Gebührenzahler dadurch nicht belastet werden – der Verwaltungsvorstand um Oberbürgermeister Daniel Schranz fand die Verhandlungsergebnisse so überragend, dass er dem Rat der Stadt in nicht-öffentlicher Sitzung am Montag vorschlug, vom Kauf der Anteile diesmal Abstand zu nehmen. Und tatsächlich: Die Argumente überzeugten die breite Mehrheit des Rates, nur die Linken stimmten dagegen: Sie wollen die WBO-Dienste lieber ganz in städtischer Hand sehen.