Oberhausen. In den 90er Jahren verkauften die Städte im Ruhrgebiet ihr Tafelsilber, jetzt will Oberhausen wieder vieles selbst in die Hand nehmen.

Sie sind die Menschen in den orangen Warnwesten, die dafür sorgen, dass die Stadtgesellschaft funktioniert: Sie holen die Mülltonnen ab, sie reinigen die Abwasserrohre, sie erneuern die Kanäle aus der Jahrhundertwende mit zugegeben nervigen Baustellen, sie halten die Straßen von Schnee, Eis, Laub und Dreck frei - die Männer und Frauen der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO).

Ihre wertvollen Dienste gehören zur zentralen Daseinsvorsorge einer Kommune - und dennoch gehört diese Gesellschaft WBO GmbH, eine von vielen Dutzend im Konzern Stadt Oberhausen, nicht der Stadtgesellschaft alleine. 51 Prozent sind im Eigentum der Stadt, 49 Prozent liegen beim privaten Entsorger Remondis (Lünen). Nun sind viele Oberhausener Lokalpolitiker ziemlich entschlossen, die Wirtschaftsbetriebe wieder komplett in die eigene Hand zu nehmen - zum Eigenbetrieb umzuwandeln und ins Rathaus zurückzuholen. Rekommunalisierung! Alles wieder in die eigene Hand! Oder? In diesem Jahr müssen Stadtspitze und Rat diese nicht einfache Entscheidung fällen. Doch zunächst einmal tagen Experten-Gremien und Berater.

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In den 90er Jahren blühte die von neoliberalen Ökonomen formulierte Idee, dass der Staat, dass die Stadt möglichst schmal, möglichst sparsam aufgestellt sein sollte, so richtig auf. Wo immer möglich, sollten Private einst rein staatliche Dienstleistungen übernehmen - zumindest zum Teil. Denn private Unternehmen galten als billiger und effizienter, um Service-Angebote für Bürger abwickeln zu können. In schon damals finanzschwachen Städten wie Oberhausen träumten die politisch Verantwortlichen außerdem noch von dem großen Reibach, der die Stadtkassen sanieren sollte: Oberhausen verkaufte Mitte der 90er Jahre quasi die Hälfte des Grünflächenamtes, der Straßenreinigung, der Müllabfuhr und des Kanalbaus gebündelt an dem privaten Familienunternehmer Rethmann - doch statt erhoffter 80 bis 90 Millionen D-Mark erzielte man nur ein paar läppische Millionen.

Privatunternehmer räumte auf

Aber immerhin: Der neue 49-Prozent-Eigentümer ließ tatsächlich die Prozesse von Müllabfuhr, Straßenreinigung, Straßenerneuerung und Kanalsanierungen durchleuchten, räumte nach Darstellung der damaligen Zeitgenossen auf, verschlankte und schaffte mit weniger Personal mehr und bessere Dienste. Eine echte Public-Private-Partnership (PPP) - quirliger Privatunternehmer und betulicher Staat Hand in Hand. Die Wirtschaftsbetriebe machten bereits ab 1999 Gewinn - vier Jahre nach Gründung der Gesellschaft. Heute erwirtschaftet die WBO dank guter Gebührengelder der Oberhausener bei einem Umsatz von gut 50 Millionen Euro rund vier Millionen Euro, die sich die beiden Gesellschafter, Stadt und Remondis, brüderlich teilen.

Doch damit soll bald Schluss sein: Schon bei der letzten Vertragsverlängerung mit der WBO über deren Dienste hat das Oberhausener Rathaus mit der WBO vereinbart, dass Remondis der Stadt Oberhausen deren Anteile im Jahre 2022 anbieten muss – zum Fixpreis von gut einer Million Euro. Der Beschluss darüber, eine klare Absichtserklärung, muss in diesem Jahr fallen. Allerdings wird der Rückkauf wohl nicht ganz so billig: Denn über den Übergang des Betriebsvermögens muss noch verhandelt werden.

Ein Fahrplan zur Rekommunalisierung?

Oberbürgermeister Daniel Schranz schwebt bereits ein Fahrplan vor: Ein Gremium, das erst einmal prüft, wie sehr sich die privat-öffentliche Partnerschaft wirklich ausgezahlt hat - und ob man künftig nicht lieber alleine weitermacht. Lässt man nach einem Rückkauf die GmbH bestehen oder macht daraus einen Eigenbetrieb, verschmilzt sie gar mit dem neuen Servicebetrieb Oberhausen (SBO)? Der ist gerade frisch aus der alten Stadttochter Oberhausener Gebäudemanagement (OGM) hervorgegangen, die stets zu 100 Prozent im Stadtbesitz geblieben ist. Und was bedeutet das alles für den städtischen Haushalt?

Die Vorteile eines einzigen Eigenbetriebs liegen auf der Hand: Seit Jahrzehnten ärgern sich Oberhausener Bürger darüber, dass dreckige Probleme in ihrer Umgebung hin und her geschoben werden: Ist für diesen Platz die WBO zuständig oder die OGM? Bei der Straßenreinigung war für den Asphalt die WBO dran, für die Grünstreifen aber die alte OGM. Wer macht denn den Dreck weg? Im Zweifel war es zu oft keiner. Und nicht nur bei den Sozialdemokraten gibt es Stimmen, die den Rückkauf finanziell für lohnend halten: Man wisse ja jetzt vom privaten Unternehmer, wie es geht, und müsse dem dann künftig keine zwei Millionen mehr an Gewinn in die Tasche stecken.