Oberhausen. Der Oberhausener Bürgerservice steht in der Kritik. Jetzt meldet sich eine Mitarbeiterin zu Wort. Sie berichtet von täglichem Stress und Druck.
In der Diskussion um den schlechten Bürgerservice der Stadt meldet sich jetzt die Seite der Arbeitnehmer zu Wort, die täglich gegen die erhebliche Zunahme an Aufgaben ankämpft. Eine Mitarbeiterin des Bürgerservice Oberhausen berichtet der Redaktion anonym vom täglichen Stress und Druck im Rathaus: „Ich arbeite seit 41 Jahren im Bürgerservice. So schlimm war es noch nie.“
In den vergangenen Wochen wurden die drei Bürgerservicestellen in Oberhausen in den sozialen Medien regelrecht zerpflückt. Viel Frust hatte sich aufgestaut in der Corona-Pandemie. Es geht um lange Wartezeiten für Ausweise und die Unerreichbarkeit der Ämter. Die Kritik-Welle veranlasste die Stadt Oberhausen zu einer Reihe von Änderungen. So werden mehr Mitarbeitende eingestellt, um den in der Corona-Pandemie entstandenen Termin-Stau abzuarbeiten. Im Online-Vergabesystem sollen mehr Termine verfügbar sein, die Wartezonen mit digitalen Anzeigetafeln ausgestattet werden. Einiges wurde schon in die Wege geleitet. Von ersten Erfolgen berichtet die Stadt für die Kfz-Zulassungsstelle. Dort habe sich die Bearbeitungszeit verkürzt.
Personalmangel in den Bürgerservice-Stellen
Wer in den vergangenen Wochen nicht zu Wort kam: die Angestellten der Bürgerstellen. Auch sie wurden in den sozialen Netzwerken kritisiert. Nutzer warfen ihnen „Beamtentum“ vor. Andere zeigten allerdings auch Verständnis. Und das scheint nötig. „Wir sind einfach zu wenige“, klagt die Mitarbeiterin über die Masse an Aufgaben.
Um der Vielzahl der Anliegen gerecht zu werden, wurde die Taktung hochgefahren, berichtet sie. Dabei sei die Zeit ohnehin schon knapp gewesen. „Heute habe ich 20 Kinderreisepässe ausgestellt, dazu noch Ummeldungen, Meldebescheinigungen, Kfz-Angelegenheiten.“ Dazu klingele ständig das Telefon. „Aber wenn ich Publikum habe, kann ich nicht ans Telefon gehen.“ Aufgrund der Personalnot in den Ämtern müssten die Mitarbeitenden viele andere Aufgaben übernehmen, für die sie gar nicht vorgesehen sind. Im Technischen Rathaus Sterkrade fehle seit langem eine Kassiererin, berichtet die Mitarbeiterin. Das müsste dann auch jemand übernehmen, der eigentlich die Anliegen bearbeiten soll.
Kein WLAN im Rathaus: „Das kann doch nicht sein“
Regelmäßig komme es bei der Bearbeitung zu Verzögerungen. Bürgerinnen und Bürger vergessen Dokumente und müssen wiederkommen. Andere Probleme sind hausgemacht. „Wir haben eine schlechte Technik“, sagt die Mitarbeiterin. In Sterkrade gebe es nicht mal WLAN. „Wenn jemand ein Dokument auf seinem Handy hat und das herunterladen muss, muss er erst rausrennen. Das kann doch nicht sein.“ Die Mitarbeiterin kann den Frust der Bürgerinnen und Bürger verstehen. „Sie haben einen Termin gebucht und müssen trotzdem eine Stunde warten.“
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Die Mitarbeitenden des Bürgerservice sind allerdings auch selbst frustriert. Der Druck aus der Öffentlichkeit werde „von oben“ auf die Belegschaft weitergegeben. „Es wird immer mehr gefordert, immer mehr Druck gemacht“, sagt die Mitarbeiterin. Überstunden werden ebenso eingefordert wie ein früherer Arbeitsbeginn und das raschere Bearbeiten der Angelegenheiten. Die Ergebnisse würden kontrolliert. „Ich arbeite doch nicht im Akkord“, sagt sie. Eigentlich liebe sie ihren Job, aber jetzt sei sie froh, dass sie nur noch 18 Monate bis zur Rente schaffen müsse.
Mitarbeitende wechseln die Stelle
Personal sei schon seit vielen Jahren Mangelware. In den vergangenen Jahren habe sich die Situation allerdings verschlimmert. „Sechs Leute haben zuletzt die Stelle gewechselt, weil sie dort besser bezahlt werden“, berichtet die Mitarbeiterin. Sie könne die Kollegen verstehen, habe selbst schon darüber nachgedacht.
Die Personal-Maßnahmen der Stadt zeigten keine Wirkung. Erstens gebe es ab dem 1. Juni ein neues Computerprogramm, weshalb derzeit ständig Mitarbeitende wegen Schulungen ausfallen. „Warum man das vor den Sommermonaten machen muss, verstehe ich nicht.“ Dann sei erfahrungsgemäß am meisten zu tun. Zweitens seien die, die eingestellt werden, Auszubildende, die gerade fertig geworden sind. „Aber die müssen noch angelernt werden und bereiten sich auf Prüfungen vor.“ Eine echte Entlastung seien auch diese nicht.