Oberhausen. In NRW sind fast 21.000 Menschen an oder mit Corona verstorben. Wie ist Oberhausen im Vergleich zu anderen Städten durch die Pandemie gekommen?
Wenn man mit Teilnehmern des vielköpfigen Krisenstabes der Stadt Oberhausen spricht, dann hört man neben all den üblichen kleineren Alltagskonflikten viel Lob: die gute Zusammenarbeit, die vielen kreativen Ideen, der Wille zur Gemeinsamkeit und die Konzentration auf eine traditionelle Einstellung der Menschen dieser Stadt: „Wir packen an.“
So trafen sich die Fachleute und Multiplikatoren der Stadt schon vor dem ersten Oberhausener Corona-Infektionsfall, um sich auf die Pandemie vorzubereiten. Ziemlich früh ließ der Krisenstab in vielen Sprachen die aus über 140 Staaten stammende Bevölkerung der Stadt über die Gefahren und Schutzmöglichkeiten gegen das potenziell tödliche Coronavirus aufklären. So zeitig, wie es möglich war, begann die Rathaus-Führung ab Ende Dezember 2020 mit mobilen Impfteams die besonders gefährdeten Älteren und die Beschäftigten in den Altenheimen zu impfen – und leierte die Booster-Impfungen im Spätsommer zügig an. Das zentrale Impfzentrum baute die Feuerwehr in der Willy-Jürissen-Halle nicht nur schnell auf, sondern das Zentrum lief monatelang weitgehend geräuschlos.
Zeitweise hohe Zahl an Corona-Patienten
Tatsächlich hat man es geschafft, dass die vier Oberhausener Krankenhaus-Betreiber zwar unter der zeitweise hohen Zahl von Corona-Kranken ächzten, aber nicht überlastet wurden. Wertet man allerdings nach knapp zwei Jahren laufender Pandemie die Zahl der Verstorbenen aus und setzt sie in Verhältnis zu der Einwohnerzahl, dann kommt man zur bitteren Erkenntnis: Oberhausen hat im Ruhrgebiet mit Herne und Hagen die höchsten Todeszahlen zu verzeichnen.
Gerechnet auf 100.000 Einwohner hat Oberhausen nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) in der gesamten Pandemie 196 Todesfälle zu beklagen (absolut verstarben 411 Einwohner an oder mit Corona), Herne 198 (absolut 310), Hagen 199 (absolut 375), Gelsenkirchen 191 (absolut 495), der Kreis Recklinghausen mit allen Städten 181 (absolut 1111), Mülheim 164 (absolut 281), Duisburg 162 (absolut 804), Bottrop 121 (absolut 143), Essen 115 (absolut 672) und Düsseldorf 101 (absolut 458). Relativ wenig Menschen verstarben im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion im westfälischen Teil des Ruhrgebiets: In Bochum waren es 89 Einwohner (absolut 325) und in Dortmund 78 (absolut 458) – erneut bezogen auf 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: Die Sterbequote auf 100.000 Einwohner liegt in ganz NRW bei 115. Insgesamt verstarben 20.781 Menschen aus NRW an Corona (Stand: Dienstag, 18. Januar 2022).
Die Hauptgründe für den traurigen Verlauf der Corona-Pandemie in Oberhausen liegen fast ausschließlich in den Ereignissen im November/Dezember 2020, als am Ende des Jahres die Stadt wegen der extrem hohen Infektionszahlen sogar eine nächtliche Ausgangssperre verhängen musste. Mit steigenden Infektionszahlen beobachtete das Gesundheitsamt mehrere Ausbrüche in den Altenpflegeheimen – Lebensgefahr für alle Bewohnerinnen und Bewohner: Betroffen waren unter anderem das Haus Bronkhorstfeld, das Louise-Schröder-Heim und das DRK-Seniorenheim an der Grenzstraße.
Relativ viele Infektionen zum Jahreswechsel 2020/2021 und im März 2021
Verlief die Kurve der Oberhausener Infektionszahlen (Sieben-Tage-Inzidenz an Neuinfektionen gerechnet auf 100.000 Einwohner) in der gesamten Pandemie seit Frühjahr 2020 bis heute weitgehend parallel mit den Inzidenzzahlen in ganz NRW, so lagen die Oberhausener Infektionszahlen im November 2020 bis Februar 2021 deutlich darüber. Auch im März 2021 infizierten sich relativ mehr Oberhausenerinnen mit Corona als in ganz NRW. Das zeigt eine Auswertung der Zahlen des Landeszentrums Gesundheit NRW (LZG).
In der Spitze maßen die Statistiker in der Zeit, als es noch keine Impfung gab oder nur wenige Bürger mangels Impfstoff geimpft waren, folgende Inzidenzzahlen: Oberhausen ermittelte einen Wert von 243 am 15. November 2020 (NRW: 173), einen Wert von 345 am 22. Dezember 2020 (NRW: 197), einen Wert von 184 am 13. März 2021 (NRW: 127) sowie einen Wert von 208 am 24. April 2021 (NRW: 191).
Von Oktober 2021 bis Mitte Dezember 2021 schnitt Oberhausen bei den Neuinfektionen relativ sogar besser ab als ganz NRW – und liegt seitdem weitgehend exakt auf der Linie von NRW. Erst in den letzten Tagen übertrifft der Sieben-Tage-Inzidenzwert in Oberhausen mit 618,4 (Stand 18. Januar 2022) wieder deutlich den NRW-Wert (544). Vielleicht eine Momentaufnahme und kein Dauerzustand?
Fakt ist allerdings: Die sich ausbreitende Omikron-Variante ist zwar deutlich ansteckender als die Delta-Version von Corona und sorgt deshalb für hohe Inzidenz-Zahlen, sie wirkt sich aber auch wegen der Impfungen vieler Erwachsener und Jugendlicher harmloser aus.
Derzeit liegen trotz der hohen Inzidenzwerte nur 40 Patienten in Oberhausener Krankenhäusern, drei von ihnen werden auf der Intensivstation behandelt (Stand: 19. Januar 2021). Damit werden von Corona-Patienten nur sechs Prozent der 46 vorhandenen Intensivbetten der Oberhausener Kliniken belegt. Durch die bisher einzigartige Vielzahl an Corona-Neuinfektionen kommt aber gleichwohl auf die Krankenhäuser nach Experten-Einschätzungen in den nächsten Wochen noch deutlich mehr Arbeit mit Corona-Erkrankten zu.
Keiner unter 35 Jahren an Corona verstorben
Nach fast zwei Jahren Pandemie in Oberhausen zeigt die Übersicht des Landeszentrums für Gesundheit NRW (LZG), dass kein Oberhausener und keine Oberhausenerin unter 35 Jahren an oder mit Corona verstorben ist – seit März 2020, als zum ersten Mal Einwohner der Stadt eine Corona-Infektion überstehen mussten.
Die meisten an Corona verstorbenen Bürger der Stadt waren zwischen 80 und 84 Jahre alt: 96 der 411 Corona-Toten in Oberhausen waren in diesem Alter (über 23 Prozent). 87 Menschen verstarben zwischen 85 und 89 Jahren (21 Prozent) und 78 Oberhausener waren älter als 90 Jahre (19 Prozent). Damit waren 261 der Verstorbenen älter als 80 Jahre (64 Prozent). 132 der Corona-Toten in Oberhausen waren älter als 60 Jahre (32 Prozent).