Oberhausen. Die Ausgangssperre in Oberhausen wirft viele praktische Alltags-Fragen auf. Hier beantworten wir die wichtigsten.
Die Stadt Oberhausen hat für alle Bürger, die sich im Stadtgebiet aufhalten, bis zum Sonntag, 10. Januar 2021, eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, die täglich von 21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens gilt. Das Ausgehverbot wirft allerdings viele praktische Fragen auf: Was bedeutet im konkreten Alltag tatsächlich eine Ausgangssperre und wie wirkt sie sich aus? Was ist erlaubt, was nicht?
Die Redaktion hat deshalb den Spitzen des Oberhausener Ordnungsbereiches, dem Ordnungsamtsleiter Horst Ohletz und dem Beigeordneten für Ordnung, Michael Jehn, hautnahe Alltagsfragen zu bestimmten Fällen gestellt, die sie detailliert beantworteten.
Um möglichst viele Bürger in Oberhausen über die neuen Vorschriften zu informieren, hat die Stadtführung eine regelrechte Informationsoffensive gestartet -- nicht nur über die üblichen Medienwege. So fuhren bereits Feuerwehrleute mit Lautsprecherwagen durch das Stadtgebiet, um die Ausgangssperre bekannt zu machen. Zudem informieren die City-Lichtwerbeständer und Plakate in Apotheken wie Arztpraxen über die besonders strengen Kontaktregeln für Bürger in Oberhausen.
Welche Kontaktbeschränkungen gelten ab in Oberhausen über die allgemeinen landesweiten Regelungen hinaus?
Die Stadt Oberhausen hält nach Abstimmung mit dem NRW-Gesundheitsministerium bis zum 10. Januar strengere Kontaktverbote für notwendig, weil die Zahl der Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage je 100.000 Einwohner mit bis zu 342 vor Weihnachten (Sonntag und Montag, 20./21. Dezember 2020) so hoch war wie in keinem anderen Landkreis und keiner anderen Großstadt in Nordrhein-Westfalen. 151 Oberhausener (Stand: 7. Januar 2021) sind bereits an oder mit Corona verstorben. 860 Oberhausener sind derzeit nachgewiesenermaßen akut infiziert und können leicht andere Menschen anstecken. Der Sieben-Tage-Inzidenzwert liegt nach den aktuellen Daten des Landesamtes für Gesundheit NRW vom 7. Januar 2021 bei 148,0. Im Krankenhaus liegen jetzt 138 Corona-Patienten; davon werden 14 Personen intensiv-medizinisch behandelt und müssen fast alle künstlich beatmet werden.
Von 21 Uhr bis zum nächsten Morgen um 5 Uhr darf nun kein Oberhausener seine Wohnung verlassen, ohne dass er einen triftigen Grund dafür angeben kann. In Oberhausen sind Treffen im öffentlichen Raum grundsätzlich nur noch mit einem Hausstand und maximal einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt erlaubt. Krisenstabsleiter Michael Jehn weist zudem daraufhin, dass das Trinken von alkoholischen Getränken in der Öffentlichkeit verboten ist.
Partys und vergleichbare Feiern im öffentlichen Raum sind strikt untersagt. "Wenn sie im öffentlichen Raum stattfinden, werden die Ordnungsbehörden und die Polizei einschreiten und sie unterbinden", kündigte die Polizei bereits mehrfach an.
Die Ausnahmen von der örtlichen Ausgangssperre sind in der Allgemeinverfügung der Stadt Oberhausen geregelt -- es gibt nur wenige: Man darf nach draußen gehen, wenn man Tiere zu versorgen hat, beruflich arbeiten muss, an Einsätzen von Katastrophenschutz und Feuerwehr teilnimmt, medizinische Versorgung gewährleisten oder unterstützungsbedürftige Menschen betreuen muss. Ausnahmen gibt es auch für Begleiter von Sterbenden sowie für den Einkauf von Lebensmitteln.
Zudem sind in Oberhausen nach den Sportplätzen auch alle Spiel- und kleinen Bolzplätze komplett gesperrt. Die Zahl der Trauergäste bei Beerdigungen ist nach der städtischen Allgemeinverfügung auf höchstens 50 begrenzt – zuvor gab es hier kein Limit nach oben.
Darf man mit seinem Hund Gassi gehen?
Ja, das ist tatsächlich erlaubt. Denn in der Allgemeinverfügung der Stadt Oberhausen ist unter Ziffer 2 Buchstabe e) die Versorgung von Tieren als Ausnahme von dem nächtlichen Ausgehverbot genannt. Dies umfasst auch das Gassi gehen.
Darf man abends seine kranke Mutter besuchen, um ihr etwas zu trinken zu reichen?
Tatsächlich ist dies nach der Allgemeinverfügung gestattet. Denn als gewichtigen Ausnahmegrund führen die Vorschriften die Begleitung und Betreuung hilfebedürftiger Personen an. Dies umfasst nach Angaben der Stadt auch die Hilfsleistung für die kranke Mutter, sofern sie diese Hilfe tatsächlich benötigt.
Darf man seine Freundin in Gelsenkirchen besuchen und nach 21 Uhr zu eigenen Wohnung nach Oberhausen zurückfahren oder muss man darauf achten, dass man vor 21 Uhr in der Oberhausener Wohnung ankommt?
Die Stadt Oberhausen sieht da keinen Spielraum für den Freund der Gelsenkirchenerin. Denn der Besuch der Freundin stellt keinen gewichtigen Grund als Ausnahmetatbestand vom generellen Ausgehverbot dar. "Es muss also darauf geachtet werden, vor 21 Uhr wieder in der Wohnung zu sein", meint das Ordnungsamt.
Was ist, wenn Bus oder Bahn aus einer anderen Stadt später als 21 Uhr in Oberhausen ankommen (entweder nach Fahrplan oder verspätet durch Staus)?
Auch hier zeigt sich das Ordnungsamt relativ streng: Man muss wieder rechtzeitig vor 21 Uhr in der eigenen Wohnung sein -- und es liegt in der eigenen Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dies gelingt.
Es ist ja durchaus häufiger der Fall, dass Kinder im neuen Jahr ihre Eltern besuchen wollen, aber mit dem Zug anreisen und nicht rechtzeitig wegen anderer Termine an ihrem Wohnort wegfahren können. Muss man in diesem Fall auch darauf achten, dass man in der Wohnung der Eltern vor 21 Uhr ankommt?
Auch hier pocht die Stadt auf die Eigenverantwortung des Einzelnen. Fahrpläne und Job-Termine hin oder her -- man muss rechtzeitig bei seinen Eltern sein. "Man muss grundsätzlich darauf achten, dass die Vorschriften der Allgemeinverfügung eingehalten werden. Ein gewichtiger Grund ist hier nicht gegeben."
Darf man nachts zum Kiosk gehen, um sich eine Flasche Bier oder frühmorgens Brötchen zu kaufen?
Tatsächlich ist in der Allgemeinverfügung als Ausnahmetatbestand auch geregelt, dass das Einkaufen von Lebensmitteln ein gewichtiger Grund ist, vom Ausgehverbot abzuweichen. Damit ist allerdings nach Erläuterung des Ordnungsamtes ausschließlich der Einkauf von Lebensmitteln zur Grundversorgung gemeint. "Ein Spontankauf in der Nacht fällt hier nicht darunter."
Darf man nachts zum Briefkasten gehen, um Post einzuwerfen?
Nein, dass ist nicht erlaubt. Denn dabei handelt sich nicht um einen gewichtigen Grund gemäß der Allgemeinverfügung -- sei der Brief selbst auch noch so wichtig.
Darf man nachts zur Bank gehen, um Bargeld abzuholen?
Das ist tatsächlich ebenfalls in der Nacht von 21 Uhr bis 5 Uhr morgens verboten. Denn auch hier handelt es sich nicht um einen wirklich triftigen Grund.
Darf ich in meinem privaten Garten nach draußen gehen und mich dort abends mit einem Freund aus einem anderen Haushalt treffen?
Die Vorschriften der NRW-Coronaschutzverordnung sowie der Allgemeinverfügung der Stadt regeln vor allem das Verhalten von Menschen im öffentlichen Raum. Deshalb ist nach Darstellung des Oberhausener Ordnungsamtes das Zusammentreffen im privaten Raum (dazu gehört auch der eigene Garten) zulässig.
Muss ich beim Weggang von meiner Wohnung nachweisen, dass ich einen triftigen Grund habe? Wie erfolgt der Nachweis dafür, benötige ich etwa eine Bescheinigung des Arbeitgebers oder eine Bescheinigung, dass meine Mutter pflegebedürftig ist -- oder eine Bescheinigung, dass ich ein Pferd zu versorgen habe?
Bei Kontrollen des Ordnungsamtes und der Polizei fragen die Ordnungshüter auf jeden Fall nach, wenn sie Personen in der nächtlichen Sperrzeit draußen antreffen. "Diese sollten für die Ordnungskräfte nachvollziehbar den Ausnahmetatbestand begründen können", schreibt Ordnungsamtsleiter Horst Ohletz. Sollte es zu einem Bußgeldverfahren kommen, müssen in der Regel entsprechende Nachweise vorgelegt werden.
Bleibt der öffentliche Nahverkehr mit Nachtbussen in dieser Zeit aufrecht erhalten?
Die Stoag darf alle Busse wie geplant einsetzen, denn die Allgemeinverfügung der Stadt schränkt den öffentlichen Nahverkehr nicht ein.
Werden Ordnungsamtskräfte auch nachts und an Wochenenden außerhalb der normalen Dienstzeiten unterwegs sein?
Auf jeden Fall, versichern die Stadtoberen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) werden gemeinsam mit der Polizei die Einhaltung der Vorgaben der Allgemeinverfügung überwachen. Dies wird auch an Wochenenden und außerhalb der normalen Dienstzeit geschehen.
Wieviel Bußgeld muss man zahlen, wenn man von den Ordnungskräften nachts trotz Ausgangssperre erwischt werde und keinen triftigen Grund nachweisen kann?
Der Bußgeldkatalog zur Coronaschutzverordnung (Stand 18. Dezember 2020) sieht je nach Tatvorwurf Bußgelder von 50 Euro bis 10.000 Euro vor. Bei rechtswidrigem Zusammentreffen im öffentlichen Raum sind Bußgelder von 250 Euro zu zahlen. In Anlehnung an diesen Regelsatz beträgt das Bußgeld bei Verstößen gegen die Ausgangssperre ebenfalls 250 Euro.
Gibt es auch Einschränkungen, mit wie vielen Personen aus meinem Haushalt ich tagsüber gemeinsam einkaufen gehen kann?
In der Allgemeinverfügung der Stadt sind Zusammenkünfte und Ansammlungen abweichend von der NRW-Coronaschutzverordnung geregelt. Danach sind Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen oder Personen eines Hausstandes und maximal einer weiteren Person untersagt. Dies bedeutet, dass man unter Beachtung der sonstigen Corona-Regeln (beispielsweise einen Mund-Nasen-Schutz tragen) mit allen Personen des Hausstandes einkaufen gehen kann. Die Stadt Oberhausen empfiehlt allerdings dringend, auf Einkäufe mit mehreren Haushaltsangehörigen zu verzichten: "Dies ist ein wichtiger Beitrag Kontakte mit anderen Personen zu meiden und Infektionsrisiken zu minimieren."
Der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz bittet grundsätzlich alle Bürger, sich an die Vorschriften zu halten. "Das Virus wird ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen, deswegen ist die Reduzierung der Kontakte unsere wirksamste Waffe.“