Oberhausen/Leer. Oberhausen benötigt dringend Wohnraum für die Generation der Baby-Boomer. Die SPD fordert neue Wohnquartiere mitten in den einzelnen Stadtteilen.

Mit konkreten Bauprojekten will es die Oberhausener SPD mehr Menschen in der Stadt ermöglichen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Neue Wohnkomplexe, zentral gelegen an markanten Orten mitten in den Stadtteilen, wünschen sich die Sozialdemokraten dafür. Diese Pläne stellte die SPD im ostfriesischen Leer vor, wohin es die Fraktion zu einer viertägigen Klausurtagung verschlagen hatte.

So soll das arg heruntergekommene Concordia-Haus neben dem Bero-Zentrum abgerissen werden und Platz machen für ein neues Wohngebäude. In Osterfeld haben die Sozialpolitiker das Gelände des ehemaligen Hallenbades gegenüber der Gesamtschule ins Auge gefasst. Und in Sterkrade streben sie den ganz großen Wurf an: Mit dem leerstehenden Möbelhaus Finke sieche ein ganzes Quartier dahin, sagt Ercan Telli, sozialpolitischer Sprecher der SPD. „Da können wir nicht tatenlos zuschauen.“

Auch hier kann sich die SPD ein Wohnprojekt vorstellen: Das ehemalige Möbelhaus Finke steht seit Jahren leer – ist aber im Besitz des Unternehmens Segmüller.
Auch hier kann sich die SPD ein Wohnprojekt vorstellen: Das ehemalige Möbelhaus Finke steht seit Jahren leer – ist aber im Besitz des Unternehmens Segmüller. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Allerdings gibt es in Sterkrade eine große Hürde zu nehmen: Anders als beim Concordia-Haus und dem Hallenbad-Areal, gehören weder Gebäude noch Grundstück der Stadt, sondern dem Unternehmen Segmüller. Das verspricht zwar immer mal wieder, den Standort auch künftig nutzen zu wollen. Doch fragt man nach konkreten Plänen, vertröstet Segmüller regelmäßig. „Deshalb muss die Stadt unbedingt Druck auf den Eigentümer ausüben“, sagt Telli. Und selbst wenn es am Ende andere Standorte sind: „Auch gut, aber wir brauchen mehr Wohnraum für Ältere jenseits der Heime.“

Finanzierung durch Investoren: Osterfeld macht’s vor

Eine weitere Möglichkeit in Sterkrade sieht die SPD etwa an der Bahnhofstraße: Die oberen Etagen des Kaufhauses Lantermann eignen sich aus Sicht der Sozialdemokraten, um barrierefrei und altengerecht umgebaut zu werden.

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Die Stadt müsse bei den Neu- und Umbauten nicht einmal selbst ins Stadtsäckel greifen. „Für Investoren lohnen sich solche Bauprojekte“, sagt Thomas Krey. Der Bezirksbürgermeister von Osterfeld habe den Beweis direkt vor der Nase: Am Osterfelder Marktplatz ist vor wenigen Jahren ein Komplex mit barrierefreien Wohnungen entstanden. „Die Wohnungen waren weg, noch bevor das Gebäude überhaupt fertig war.“

Die SPD Oberhausen traf sich zur Klausur im ostfriesischen Leer.
Die SPD Oberhausen traf sich zur Klausur im ostfriesischen Leer. © SPD Oberhausen | Bäumer

Die Forderung nach neuen Wohnquartieren ist zentraler Bestandteil eines komplexen Seniorenförderplans, den der SPD-Arbeitskreis Soziales in den vergangenen Monaten, wenn nicht Jahren, erarbeitet, und nun den Fraktionsmitgliedern in Leer vorgelegt hat. Schon 2017 ging Telli dieses Projekt an.

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Dieser Plan verfolgt das große Ziel, Menschen so lange wie möglich zu Hause wohnen zu lassen. „Davon profitieren am Ende die Menschen selbst, die sicherlich lieber zu Hause alt werden als im Heim, aber auch die Stadt“, sagt SPD-Fraktionschefin Sonja Bongers. Denn: Heimplätze sind teuer, die meisten Älteren haben aber nur eine geringe Rente. Kann sich ein Senior seine eigene Versorgung nicht leisten, muss die Stadt einspringen. „Ermöglichen wir es den Menschen also, zu Hause bleiben zu können, senken wir die ohnehin hohen Sozialkosten.

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Zielgruppe der neuen Wohnanlagen sollen indes nicht nur Ältere jenseits der 60 oder 70 Jahre sein, sondern Menschen im Alter von 55 und aufwärts. Auch für alleinstehende ältere Frauen, Senioren mit Migrationshintergrund, jüngere Pflegebedürftige oder Familien mit einem auf Hilfe angewiesenen Familienmitglied soll es gezielte Angebote geben. „Davon gibt es derzeit noch zu wenige“, sagt Ercan Telli.

„Und wir müssen uns beeilen. Noch haben wir ein oder zwei Jahre für die Planung. Doch dann kommt die Generation der Baby-Boomer der 60er-Jahre, die die Nachfrage nach altengerechten Wohnungen schlagartig erhöhen wird.“

„Wir erleben hier einen Neustart“

Man erlebt gelöst wirkende Genossen bei ihrer Klausurtagung in Leer. Es mag an der gewonnenen Bundestagswahl liegen, die der SPD ihr Selbstvertrauen zurückgibt. Es ist aber auch der direkte Austausch untereinander, das persönliche Beisammensein jenseits von Videokonferenzen. „Wir hatten nach Corona auch schon Fraktionssitzungen im Rathaus, aber bei so einer Klausur, bei der man sich auch nach den Sitzungen mal bei einem Kaffee unterhält, ist doch etwas ganz anderes“, sagt SPD-Fraktionschefin Sonja Bongers. „Wir erleben hier einen Neustart nach einer langen Phase der Erschöpfung.“Für viele Fraktionsmitglieder ist es zudem die erste Klausurtagung, an der sie teilnehmen. Nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr, bei der die SPD so schlecht abschnitt wie seit den 50er-Jahren nicht mehr, finden sich nun viele neue, junge Gesichter in der Fraktion. „Das ist eine große Bereicherung, das merken wir an den Diskussionen“, sagt Bongers. „Es eröffnen sich neue Sichtweisen, frische Ideen kommen auf den Tisch, das ist ganz wunderbar.“