Oberhausen. Das Projekt des Schauspielers präsentiert 16 Songs des „Sexgottes“ als Suche nach Höherem. In kleiner Besetzung: Ein kongenialer Sidekick genügt.

Reizvolle Kontraste: Während Jürgen Sarkiss in der Alt-Oberhausener Christuskirche einem Herzensprojekt als Sänger entgegensieht, agiert er in diesen Tagen in Bregenz als Erzähler in einer dem Schauspieler und Rockmusiker ganz neuen Welt: Die international renommierten Festspiele am Bodensee zelebrierten am Donnerstag die Premiere von „Wind“, der ersten Oper des jungen Vorarlberger Komponisten Alexander Moosbrugger. Jürgen Sarkiss’ und Peter Engelhardts eigene Premiere von „Maybe“, beider Hommage an Prince Rogers Nelson, folgt am Donnerstag, 26. August.

In Österreich übernimmt der 53-Jährige, der zehn Jahre fest zum Ensemble des Theaters Oberhausen zählte, die Sprechrolle des Erzählers inmitten von Sopranistinnen und Countertenören – und einer gewaltigen Orgel, deren Klang aus neun Meter hohen Pfeifen er als „physisches Erlebnis“ beschreibt. Das Singspiel „Wind“ basiert auf einem rätselhaften Literaturschatz der Renaissance, „Hypnerotomachia Poliphili“, dessen kunstvoll ineinander verschachtelte Traumszenen ein Berufener zum „schönsten Buch der Welt“ erhoben hatte: der Bestsellerautor und Allround-Gelehrte Umberto Eco.

Jürgen Sarkiss zählte zehn Jahre zum Oberhausener Theater-Ensemble, hier mit Ronja Oppelt in „Pension Schöller“.
Jürgen Sarkiss zählte zehn Jahre zum Oberhausener Theater-Ensemble, hier mit Ronja Oppelt in „Pension Schöller“. © Theater Oberhausen | Birgit Hupfeld

Neuzeitliche E-Musik, räumt Sarkiss lachend ein, werde für ihn eine fremde Welt bleiben. Aber in den Funk, Neo-Soul, R’n’B und nicht zuletzt auch Rock von Prince wollte er sich schon seit Jahren ‘reinschaffen: „Obwohl er gesanglich mir eigentlich diametral entgegengesetzt ist.“ Wohl die wenigsten Sänger verfügen über eine derart weit tragende Falsett-Stimme wie der Herrscher von Paisley Park, den 1984 der ein bisschen biografische Film „Purple Rain“ zum Weltstar katapultierte.

In die Kirche – und nicht in die Clubs

Doch statt der Hit-Kanonade des gleichnamigen Albums war für den als Sänger spätberufenen Oberhausener das zeitkritische Doppelalbum „Sign o’ the Times“ die prägende Jugend-Erfahrung: „Es hat mich immer begleitet“. Und es prägte eine andere Sicht auf den androgynen, um keine große Geste verlegenen „kleinen Prinzen“ aus Minneapolis. Prince als „Strapse tragender Sexgott“, wie Sarkiss ihn amüsiert beschreibt, sei Klischee. Er will seine Musik in die Kirche bringen – und ausdrücklich nicht in die Clubs – weil er die spirituelle Dimension in treibenden Funk-Hits wie „Let’s Go Crazy“ ebenso erkennt wie in Prince’ Glaubensbekenntnis „The Cross“.

Prince Rogers Nelson starb im April 2016 mit 57 Jahren. Zu Lebzeiten veröffentlichte er 39 Alben. Und hinterließ in seinem Studio-Komplex mehrere Dutzend weiterer, komplett produzierter Alben.
Prince Rogers Nelson starb im April 2016 mit 57 Jahren. Zu Lebzeiten veröffentlichte er 39 Alben. Und hinterließ in seinem Studio-Komplex mehrere Dutzend weiterer, komplett produzierter Alben. © dpa picture alliance | David Eulitt

Seine Musik zu zelebrieren, betont Jürgen Sarkiss, habe „den Charakter eines Gemeinschaftserlebnisses: Es hat mit Glauben und Spiritualität zu tun, gemeinsam dieses Glück zu empfinden“. Diese Stimmung werde beim Konzert in einem Kirchenschiff noch verstärkt. Prince’ „lustvolles Gottesverhältnis“ wollte der Schauspieler und Sänger mit seinem seit über zehn Jahren vertrauten Sidekick Peter Engelhardt schon längst in die Kirchen gebracht haben. „Corona hat uns einen großen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Sich auf einer höheren Ebene begegnen

Schließlich verabschiedeten sich Gitarrist wie Sänger vom Konzept, eine größere Band zusammenzustellen – und ließen sich als Duo von Prince (1958 bis 2016) inspirieren: Denn zu den gefeierten Veröffentlichungen nach seinem Tod zählten auch die „Piano and a Microphone“-Demos. Doch selbst im Zweier-Format für Stimme und Gitarre funktionieren Proben erst, wenn man sich wirklich gegenübersteht: Musizieren per „Zoom“-Videoschalte hatten beide gleich wieder aufgegeben.

Der souveräne Sidekick auf Theater- wie Konzertbühnen: Gitarrist Peter Engelhardt – hier mal nicht mit Jürgen Sarkiss, sondern mit Dominique Horwitz in „Moi non plus“.
Der souveräne Sidekick auf Theater- wie Konzertbühnen: Gitarrist Peter Engelhardt – hier mal nicht mit Jürgen Sarkiss, sondern mit Dominique Horwitz in „Moi non plus“. © Theater Oberhausen | Birgit Hupfeld

Als sie sich schließlich die 16 ausgewählten Songs vornehmen konnten, war die große Frage für Jürgen Sarkiss: „Wie knacken wir diese Musik, dass sie uns passt?“ Ihre Antwort präsentieren Engelhardt und Sarkiss als pures Konzert – ohne biografische Referenzen, wie bei den früheren Abenden für Bob Dylan oder John Lennon. Elisabeth Kopp schuf Zeichnungen, die als Projektionen auf Leinwänden die Musiker „wie ein Triptychon“ einfassen. Ihr Anspruch: sich vielleicht – „Maybe“ – mit ihrem Publikum auf einer höheren Ebene zu begegnen.

Neuer Verein bringt prinzliche Musik in die Kirche

„Maybe“, den Abend für eine Gitarre und ein Mikrofon, gibt’s in der Christuskirche an der Nohlstraße gleich viermal: Der Premiere am Donnerstag, 26. August, folgen weitere Konzerte von Freitag, 27., bis Sonntag, 29., jeweils um 19.30 Uhr (Einlass 19 Uhr).

Die Tickets sind kostenlos, aber für die Corona-Kontaktverfolgung unbedingt erforderlich. Die Gratis-Karten gibt’s online auf indie-radar-ruhr.de.

Sarkiss’ Prince-Hommage ist die erste Inszenierung des gemeinnützigen Vereins Klangstrecke e.V. in Kooperation mit dem Theater Oberhausen und Indie Radar Ruhr, gefördert aus dem „Brückenschlag“-Verfügungsfonds für Alt-Oberhausen.