OBERHAUSEN. . Der Rockstar des Theaters bleibt als Gast dem Ensemble verbunden. Mit einem neuen Verein will der 49-Jährige eigene Projekte verwirklichen.

„Wann, wenn nicht jetzt?“, fragte sich Jürgen Sarkiss. Seit 20 Jahren arbeitete der Rockstar des Theaters – vom Gitarristen Peter Engelhardt gerne als „The Voice“ angekündigt – in festen Engagements. Zum Ende dieser Spielzeit verabschiedet sich der 49-Jährige aus den Reihen des Ensembles. Der Stadt und ihrem Theater bleibt er aber erhalten – auch mit weiteren musikalischen Abenden.

Die Fühler bereits ausgestreckt

Jürgen Sarkiss erkannte für sich: „Ich muss jetzt aus diesen Strukturen raus.“ Das Oberhausener Ensemble sei für ihn zehn Jahre „ein sicherer Hafen“ gewesen – aber das bedeutet auch: nach einer minuziösen Disposition eingespannt sein, „eingeteilt und fremdbestimmt“, wie Sarkiss sagt. „Als ich anfing, waren wir 23.“ Heute verfügt das Theater über neun Schauspielerinnen und neun Schauspieler – von denen Martin Engelbach allerdings überwiegend als Bühnen-Musiker aktiv ist.

Wenn Jürgen Sarkiss seine Ideen ausbreitet, scheinen Musik und Schauspiel gleichberechtigt – wobei die Bühnen-Engagements fürs „Geldverdienen“ wichtiger sein dürften. „Ich fange an, meine Fühler auszustrecken.“ Ein erster Weg führt nach Bregenz am Bodensee – zu Johannes Lepper, von 2003 bis 2008 Intendant in Oberhausen. „Ich habe ihn erst vor ein paar Monaten kennen gelernt.“ Lepper inszeniert Franz Grillparzers „König Ottokars Glück und Ende“ – hierzulande eher vergessen, aber in Österreich noch immer ein Dauerbrenner des Repertoires.

„Und ich würde wahnsinnig gerne mit Herbert Fritsch arbeiten.“ Den Meister von „Anarchie und Formvollendung“, wie’s die Berliner Theaterpreis-Jury formulierte, will Johan Simons wieder ans Bochumer Schauspielhaus holen. Jürgen Sarkiss sagt schlicht: „Herbert schubst einen an.“

Mit den Songs von Prince

Fritschs Regiearbeiten zählen denn auch rückblickend zu Sarkiss’ Favoriten seiner Zeit im Oberhausener Ensemble. Aber auch die „Taxigeschichten“ von Amir Reza Koohestani – obwohl das Spiel aus dem Fahrersitz mit seinen Filmeinblendungen und unsichtbaren Mitspielern höchste Konzentration verlangte. Und er nennt natürlich Tom Waits’ „Woyzeck“ – sein großer Einstand vor zehn Jahren.

Oberhausen erlebte Jürgen Sarkiss damals als „Kulturschock“ nach dem beschaulichen Luzern. Seine Zeit in der Schweiz vergleicht er mit „Brigadoon“, jenem verwunschenen schottischen Tal aus dem Musical-Märchen mit Gene Kelly: Während dort ein Tag verstreicht, hat die Welt draußen hundert Jahre hinter sich gelassen.

Oberhausener will der 49-Jährige bleiben – „man wächst ja immer tiefer in die Stadt rein“ – und will hier sogar einen Verein gründen: für die vielen Projekte, die ihm vorschweben. Das vielleicht ambitionierteste Vorhaben: 2020 will er die Songs von Prince in Kirchen des Reviers bringen. „Die Kirchen sind ja auch auf neue Formen bedacht“, meint Jürgen Sarkiss. „Was gibt’s besseres als Musik, die eine solche Freude in sich trägt?“

Erst mit 41 Jahren die erste Gitarre

Bandleader an seiner Seite bleibt natürlich Peter Engelhardt. „Fast symbiotisch“ nennt der Sänger die Zusammenarbeit: „Peter kann meine blumigen Beschreibungen des Nicht-Musikers perfekt in Arrangements übersetzen.“ Jürgen Sarkiss, der sich erst mit 41 seine erste Gitarre gekauft hatte, rockt weiter.

>>> Zwei Abschiede – mit Dylan und Lieblingsliedern

Als persönlichen Abschied sieht Jürgen Sarkiss den letzten „Dylan“- Abend am Dienstag, 12. Juni, um 19.30 Uhr im Großen Haus. Das „szenische Konzert“, konzipiert als Gratulation zum Literaturnobelpreis für Bob Dylan hatten die treuesten Fans sogar mehrmals mit ihm gefeiert. Karten kosten 10 bis 14 Euro.

Große Lieder, echte Gefühle heißt der Abend mit den Lieblingsliedern des gesamten Ensembles. Es verabschiedet sich damit am Donnerstag, 5. Juli, um 19.30 Uhr aus dem Großen Haus in die Ferien. Karten zu 11 bis 23 Euro gibt’s unter Tel. 8578 184, per E-Mail an besucherbuero@ theater-oberhausen.de.