Oberhausen. Teppiche, Boote, Kurioses: Mietlager sind bei Kunden in Oberhausen beliebt. Zwei Betreiber erzählen. Bei Schicksalen sind sie auch Seelentröster.

Wenn der eigene Keller zu klein wird, stehen sie bei Marcel (32) und Mario Hochmuth (65) auf der Matte. In den riesigen Hallen von „Lager-Express“ an der Wehrstraße können Kunden zusätzlichen Stauraum anmieten - „Selfstorage“ nennt sich dies.

Ein bis 31 Quadratmeter messen die Lagerboxen, die von Kunden selbst befüllt und mit einem Schloss verriegelt werden. Das klingt pragmatisch - doch in sieben Jahren haben die Betreiber gelernt: „Häufig sind wir hier auch Seelentröster!“

Dass Schrankwände, Oberbetten, Gartenmöbel und Krimskrams-Kisten bei „Lager-Express“ eingelagert werden, geht manchmal eine Notlage voraus. Ein Mann setzt die Partnerin vor die Tür. Eine Frau wirft den Partner aus der Wohnung. Ein heftiger Streit unter Freunden. Der plötzliche Todesfall eines Verwandten. So ziemlich alles war schon dabei.

Lagerräume: Manche Kunden-Geschichten gehen ans Herz

Lager-Chef Marcel Hochmuth hat schon viele Geschichten gehört. Manche gingen ans Herz. „Dass wir den Kunden in den Arm nehmen müssen, ist schon vorgekommen." Und wenn man die langen Flure mit den Garagen-ähnlichen Rollverschlüssen entlang läuft, kann man sich vorstellen, dass hier so manche Lebensgeschichte auf der Sackkarre herumgeschoben wurde.

Auf 5000 Quadratmetern reiht sich Box und Box. 323 haben die Hochmuths davon errichtet. Ein neuer Trakt mit 1000 Quadratmetern samt Zufahrt für Lieferfahrzeuge ist erst im vergangenen Jahr hinzugekommen.

„Direkt nach der Eröffnung kam der Corona-Lockdown“, sagen die Macher. Doch die Pandemie habe die Nachfrage nicht gebremst. Im Gegenteil: Sämtliche Boxen sind vermietet. Richtig erklären können die Betreiber den Boom aber nicht. 70 Prozent der Vermietung gehe an Privatpersonen. "Und die haben immer etwas zu tun."

Lagerräume: Farbige Gänge erinnern an Schalke und BVB

Besonders stolz sind sie, dass die Flure stringent in Blau, Gelb, Grün und Rot unterteilt sind. „Das soll helfen, sein Lager schneller wiederzufinden und sich im Gebäude besser zu orientieren.“ 

Das Leitsystem habe ihnen sogar schon einen Artikel in einem britischen Fachmagazin eingebracht. Pfiffig ist es deshalb, weil die Macher die Farben natürlich ganz emotional mit Fußballvereinen verbinden. So gibt es, wenn sie erzählen, einen eigenen Schalke-, BVB-, Gladbach- und natürlich RWO-Bereich. Friedlich nebeneinander.

An einen Volltreffer hat Mario Hochmuth vor sieben Jahren nicht automatisch gedacht. Auf dem Gelände mit 20.000 Quadratmetern zwischen Danziger Straße und Wehrstraße stand Anfang der 1900er-Jahre die Zeche Roland. Später werkelte hier die Firma Sinter Metals. Als die amerikanischen Besitzer den Standort schlossen, stand das Gebäude lange leer.

Hochmuth suchte 2014 dringend eine neue Bleibe für seinen Dekorations-Handel. Weil das Gelände für das Geschäft allein aber zu groß war, wuchs die Idee der vermietbaren Lagerboxen. „Am Anfang sah es im Gebäude aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen“, erinnert er sich. Metalldiebe hatten Leitungen herausgerissen. Kabel ragten aus der Decke.

Mit viel Muskelkraft bauten die Hochmuths um. Dekohandel und Lagerexpress zogen nach und nach ein. Ein Teil des Geländes vermietete die Familie an die Eventhalle Atrium. Hinzu kam später noch Büroflächen. Mit Frau Marion und den Kindern Michelle und Marcel ist der Komplex ein Familienunternehmen.

Lagerräume: Neuer Glanz für die verfallenen Industriehallen

Ein- und ausgehen kann im Lager-Express natürlich nicht jeder. Mieter erhalten eine Chipkarte, die zwischen 6 und 23 Uhr die Türen zum Gelände öffnet. Die Anlage ist mit Kameras gesichert und wird von einem Sicherheitsdienst überwacht.

Im Außenbereich stehen bullige Garagen, in denen vom Wohnmobil bis zur Yacht die wirklich großen Objekte Platz finden. 14 Tage ist die kürzeste Mietzeit, andere Kunden bleiben über Jahre. In die Boxen dürfen die Betreiber übrigens selbst nicht schauen. „Nur die Feuerwehr besitzt einen Generalschlüssel.“ Auf seriöse Mieter werde freilich geachtet. Es helfe die Menschenkenntnis.

Die bislang kurioseste Anfrage konnten die Lager-Betreiber allerdings nicht erfüllen. Eine Domina wollte wissen, ob sie nicht eine Box anmieten könne, um hier ihre Klienten einzusperren. Dabei fragte sie sogar nachsichtig nach, ob das Stöhnen aus den Lagerräumen die anderen Kunden stören könnte.

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TV-Shows aus den USA wie „Storage Wars“ (Sport 1, Pro 7) haben angemietete Lagerräume in Deutschland populär gemacht. Den Inhalt aus vergessenen Boxen zu versteigern, weil die Miete ausbleibt, verhindert hierzulande allerdings das Gesetz.

Die Stauräume bei „Lager-Express“ kosten pro Monat zwischen 20 und 280 Euro. Abgerechnet wird pro Monat. Die kürzeste Mietzeit beträgt 14 Tage.