Oberhausen. In kaum einer anderen Stadt sterben so viele Menschen am Coronavirus wie in Oberhausen. Woran liegt das? Hat die Stadt Fehler gemacht?

In Oberhausen sterben vergleichsweise viele Menschen an und mit dem Coronavirus. Die Stadt belegt in der Region einen traurigen Spitzenplatz: Bezogen auf 100.000 Einwohner liegt Oberhausen mit 139 Todesfällen ganz vorn. Zum Vergleich: In Mülheim liegt die Zahl bei 116, in Duisburg bei 106, in Essen bei 85 und in Bottrop bei 78. NRW-weit gibt es 76 Todesfälle pro 100.000 Einwohner (Stand der Daten: 12. März 2021). Warum schneidet Oberhausen in dieser traurigen Statistik so schlecht ab?

Die Ursachenforschung fällt dem städtischen Krisenstabsleiter Michael Jehn schwer. Eine Ursache sieht er in den vielen Coronafällen in Oberhausens Pflege- und Seniorheimen. Ende November hatte sich die Situation durch mehrere Ausbrüche in den Einrichtungen zugespitzt. Damals stieg auch die Zahl der Todesfälle an. Betroffen waren unter anderem das Haus Bronkhorstfeld, das Louise-Schröder-Heim und das DRK-Seniorenheim an der Grenzstraße.

Corona führt zu rund 30 Prozent mehr Todesfällen in Oberhausen

Doch auch in anderen Corona-Statistiken zeigt Oberhausen alles andere als gute Ergebnisse. Daten des Statistischen Landesamtes IT NRW belegen auch zu Jahresbeginn eine vergleichsweise hohe Übersterblichkeit des Coronavirus’ in Oberhausen: 335 Menschen sind im Januar 2021 in Oberhausen insgesamt verstorben. Ein Jahr zuvor, im Januar 2020 waren es 225 – in diesem Januar verloren also 110 Menschen mehr ihr Leben. Das entspricht einem Plus von rund 33 Prozent. Experten rechnen diese starke Zunahme um ein Drittel dem schlimmen Wirken des Coronavirus‘ zu.

Und die Zahlen belegen dies: Von den 110 Personen ist der überwiegende Teil an den Folgen einer Corona-Infektion verstorben. Denn im Januar 2021 meldete die Stadt Oberhausen insgesamt 95 Corona-Todesfälle – selbst wenn einige dieser Fälle noch aus dem Dezember 2020 stammten. Oberhausen sticht mit dem Corona-bedingten Januar-Plus von 33 Prozent mehr Todesfällen deutlich aus dem NRW-Schnitt hervor: Landesweit beträgt der Anstieg „nur“ rund 15 Prozent.

Oberhausens Corona-Krisenstabsleiter schließt Fehler nicht aus

Hat die Stadt also falsch auf die Entwicklungen reagiert? Eine schwierige Frage für Krisenstabsleiter Michael Jehn – und noch schwieriger ist es, darauf eine Antwort zu geben. „Niemand auf der Welt arbeitet fehlerfrei, deswegen wollen wir nicht ausschließen, dass auch uns in der täglichen Detailarbeit Fehler unterlaufen. Ich sehe aber auch im Rückblick keine signifikanten Fehlentscheidungen. Im Gegenteil: Wir haben uns akribisch und mit großer Verantwortung an die Corona-Schutzverordnungen und die Allgemeinverfügungen gehalten.“

Mit den Pflegeheimen, ambulanten Diensten, Ärzten und den Oberhausener Kliniken habe die Stadt sich fortlaufend beraten. „Darüber hinaus haben wir uns sehr frühzeitig dafür eingesetzt, Besuche in den Pflegeeinrichtungen nur dann zuzulassen, wenn vorher ein Schnelltest vorgenommen wurde und dieser ein negatives Ergebnis hatte.“

Sterbefälle steigen seit Sommer 2020

Seit dem Sommer steigen die Sterbefälle in Oberhausen insgesamt deutlich. Sind im Juli 2020 exakt 197 Menschen im Stadtgebiet verstorben, waren es im August schon 249. Im September 2020 lag die Zahl bei 216, im Oktober bei 224, im November bei 235 und im Dezember bei 316.

Zum Vergleich: Im letzten Dezember 2019, wenige Wochen vor Ausbruch der Pandemie, gab es in ganz Oberhausen 235 Todesfälle. Auch in den Jahren davor lag sie weiter unter der Marke von 300 Toten. Im Dezember 2015 zählte die Stadt gar „nur“ 206 Oberhausener Sterbefälle.

Hoffnung macht dem Krisenstabsleiter, dass in den Oberhausener Pflege-Einrichtungen mittlerweile fast alle impfbereiten Bewohner und Angestellten gegen das Coronavirus geimpft wurden. Derzeit (19. März 2021) gibt es in den 25 Alten- und Pflegeheimen, zwei Kurzzeitpflegeeinrichtungen sowie neun Einrichtungen der Eingliederungshilfe mit insgesamt rund 2400 Plätzen keine mit Corona-infizierten Bewohner mehr.

Neben den Bewohnern haben nach den städtischen Daten bereits weit mehr als 4600 Menschen über 80 Jahre im Oberhausener Impfzentrum in der Willy-Jürissen-Halle ihre Dosis erhalten. Mehr als 6000 Termine stehen bis Ende April noch an. Von den etwa 15.000 über 80-Jährigen in Oberhausen haben damit fast 10.800 ein Impfangebot erhalten. Die Zahl der Todesfälle in Oberhausen könnten dadurch nicht mehr so stark steigen wie im vergangenen Jahr, hofft Michael Jehn.