Oberhausen. Die Tourismusbranche wurde von der Corona-Krise hart getroffen. Rabatte und Stornobedingungen machen Reisen für Oberhausener so günstig wie nie.
Die Ferien nahen, die Sehnsucht wächst: Endlich einmal wieder neue Ufer erkunden. Doch aus dem Osterurlaub an Nord- und Ostsee dürfte in diesem Jahr nichts werden, da sind sich Reisebüro-Inhaber in Oberhausen sicher. Gewinner dürften Spanien und Griechenland werden. Die Branche lockt mit satten Rabatten und kostenlosen Stornierungen bis zu 14 Tage vor der Abreise.
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Das vergangene Jahr tat weh. Umsatzeinbußen von bis zu 90 Prozent machen der Branche auch vor Ort schwer zu schaffen. Elke Tewes, Inhaberin der Reiseagentur Tewes, ist seit 48 Jahren Vollblut-Tourismusprofi. Vor neun Jahren hat sie sich selbstständig gemacht. Dank eigener Rücklagen und der Überbrückungshilfen der Bundesregierung hat sie das erste Corona-Jahr überstanden. Sie hat sich als Geschäftsführerin selbst das Gehalt gekürzt und gibt die Hoffnung nicht auf. „Ich halte durch“, sagt sie selbstbewusst.
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Geholfen haben ihr dabei ihre Kunden, vor allem die Stammkunden. „Ich plane inzwischen Reisen für die dritte Generation.“ Erst für die Großeltern in den Süden, dann für den Enkel, der mit seinen Freunden eine Abifahrt gemacht hat. Im Jahr des Stillstands hat sie sich neu sortiert, ist zur „Corona-Fachfrau“ geworden. Welche Reiseziele gehen überhaupt noch? Benötigt man Schnelltests oder PCR-Tests, ist eine Quarantäne im Land oder bei der Rückkehr nötig? Elke Tewes kennt die meisten Antworten.
Lieber noch ein paar Wochen durchhalten
Ihre Einschätzung ist deutlich: „Ein Ostergeschäft für unsere Branche sehe ich nicht.“ Die Corona-Fallzahlen seien zu hoch, stiegen sogar weiter. „Fast überall machen sich Mutationen breit – da kann ich doch niemandem eine Reise verkaufen, nach der er in Quarantäne muss.“ Man solle sich jetzt lieber noch ein paar Wochen gedulden.
Die Reiseexpertin setzt auf den kommenden Sommer, Herbst und Winter. „Bis dahin werden die Impfungen sich positiv auswirken“, ist sie sich sicher. Ihr Tipp: Möglichst frühzeitig buchen. „Die Konditionen waren noch nie so gut wie in diesem Jahr.“ Reiseanbieter überträfen sich gegenseitig mit Rabatten. Pauschalreisen bis 2022 seien bereits freigeschaltet. „Das hat es noch nie gegeben.“ Neu sei auch die Flexibilität, mit der die Veranstalter ihre Kunden zurückgewinnen wollen: „Gegen eine geringe Zuzahlung sind Absagen bis 14 Tage ohne Angabe von Gründen möglich – bei voller Kostenerstattung.“
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Elke Tewes führt wie andere Reisebüros Beratungen vor Ort in der Agentur nur nach vorheriger Terminvergabe durch. Das hat sie allerdings schon vor Corona so gemacht. Ein Desinfektionsgerät wartet am Eingang. Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht. Abstand kann man in ihrem 95 Quadratmeter großen Büro halten.
Ohne Termine und Hygieneregeln läuft aber auch im First Reisebüro nichts. Mitinhaber Robbie Schlagböhmer freut sich über die steigende Nachfrage seiner Kunden. „Die Leute wollen einfach mal wieder raus.“ Seiner Meinung nach dürfen sie das auch. „Die Hygienestandards sind gut: Es gibt Tests vor den Flügen, tägliche Tests bei Kreuzfahrten, Hygienekonzepte in den Hotels.“ Entsprechend sauer ist Schlagböhmer, dass die letzte Beratungsrunde der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel das Beherbergungsverbot für Deutschland verlängert hat.
Das Geschäft machen jetzt die Hotels im Ausland
Als Vorsitzender des IHK-Ausschusses für Tourismus weiß er: „Das Geschäft machen jetzt die Hotels im Ausland.“ Denn selbst wenn die Ministerpräsidenten bei ihrem nächsten Treffen am 22. März das Verbot kippen sollten, dürfte es für die deutschen Hotels zu spät sein. „Die Osterferien im bevölkerungsreichsten Land NRW starten am 29. März, ein Hotel fährt man aber nicht mal so eben hoch.“ Lebensmittel müssten eingekauft und Saisonpersonal eingestellt werden, „das dauert“.
Die Kanaren gelten noch als Risikogebiet
Noch stuft das Robert-Koch-Institut auch die Kanarischen Inseln trotz gesunkener Infektionszahlen als Corona-Risikogebiet ein. Damit gilt eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Das bedeutet nach wie vor: Wer aus einem Risikogebiet zurückkehrt, muss nach der Einreise für zehn Tage in Quarantäne.
Der Inzidenzwert der Inselgruppe in den letzten sieben Tagen je 100.000 Einwohner befindet sich allerdings auf dem Sinkflug und liegt nun bei 56,56 (9. März, Ministerio de Sanidad). Eine Aufhebung der Reisewarnung erfolgt aber erst, wenn eine Inzidenz von 50 dauerhaft unterschritten wird. Tatsächlich könnte dies Ostern der Fall sein. Die Inzidenzwerte einzelner Inseln liegen bereits aktuell unter 50.
Eine aktuelle Liste aller Reiseziele, die als Risikogebiet eingestuft sind, ist auf der Homepage des Auswärtigen Amtes zu finden.
Fatal für die heimische Branche, ein Glücksfall für Spanien und Griechenland, die eine schrittweise Öffnung planen. Insbesondere gefragt seien im First Reisebüro zurzeit Reisen auf die Kanarischen Inseln, die gelten allerdings noch als Risikogebiet. Mallorca und die anderen Baleareninseln inzwischen aber nicht mehr. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Flug- und Hotelbuchungen.
Immer wieder erhält Schlagböhmer aber auch Anfragen nach Fernreisen. „Wir hatten hier kürzlich einen Kunden, der unbedingt nach Südafrika wollte und uns gefragt hat, wie er bei der Rückkehr die Quarantäne umgehen könnte“, erzählt der Reisebüro-Chef. „Das hat mich richtig wütend gemacht – natürlich haben wir ihm klar gemacht, dass so etwas mit uns nicht läuft.“ Bei der Vermittlung einer Reise in Corona-Zeiten trage die Branche eine große Verantwortung. „Deshalb haben wir auch jungen Leuten, die in Spanien Party machen wollten, keine Reise verkauft und ihnen stattdessen ins Gewissen geredet.“
Schlagböhmer rät allen Reiselustigen, bei deutschen Veranstaltern und damit nach deutschem Reiserecht zu buchen und auf eine gute Stornierungsmöglichkeit zu achten. „Beratung zahlt sich da aus.“ Das gelte auch bei der Wahl des Hotels. „Die Welt ist nicht mehr, wie sie war.“ Es gebe viele Hotels, die online noch gebucht werden könnten, „bei denen aber gar nicht feststeht, ob sie jemals wieder öffnen“.