Oberhausen. Die Schausteller aus Oberhausen waren im Winter nicht untätig. Was sich die Kirmes-Szene nach dem Lockdown erhofft. Welche Optionen denkbar sind.
Ronny Schütze ist fleißig. Sein Handy zückt der Schausteller, als er zeitgleich noch angeregt den Farbpinsel bewegt. Der 55 Jahre alte Fahrgeschäft-Besitzer aus Oberhausen streicht gerade den Unterboden seines Wohnwagens. „Ich muss mich beschäftigen“, sagt er. Stillstand gab es in den vergangenen Monaten genug.
Die Corona-Krise dauert nun fast ein Jahr an. Und die Schausteller, die es gewohnt sind, sich ständig zu bewegen und nach einem festen Zeitplan von Stadt zu Stadt zu reisen, haben die meiste Zeit verharren müssen.
Zombies, Werwölfe und Vampire warten auf den Start
Die große Geisterbahn ist der stolz der Familie Schütze. „Die Böden sind ausgetauscht worden. Genauso wie die stählernen Träger. Neue Geister sind eingezogen und wir haben die Fassade aufwendig neu bemalt“, sagt Schütze.
30 Meter ist die schaurige Front lang. 13 Meter ragt die Bahn in die Höhe. 15 Meter können die Waggons über zwei Etagen in der Spukhaus-Tiefe an Zombies, Werwölfen und Vampiren vorbeifahren.
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Doch die Erschrecker haben derzeit frei. Die Gruselstation steht generalüberholt schon seit dem Frühjahr 2020 bereit. Der Umbau hat dem Herrn der Geister viel Geld gekostet. Dann kam Corona. Begutachten konnten die Oberhausener das Schmuckstück des Geister-Oberhauseners noch nicht.
Reichlich Pläne hatten sie im vergangenen Jahr für ihre Spuk-Tournee: Cannstatter Volksfest in Stuttgart, Cranger Kirmes in Herne, Rheinkirmes in Düsseldorf. Vom geliebten Heimspiel bei der Sterkrader Fronleichnamskirmes in Oberhausen ganz zu schweigen.
Der Seufzer ist nicht zu überhören. Doch sie wollen aufhören zurückzublicken, sondern endlich vorausschauen. „Unsere Familie zieht in der vierten Generation über die Kirmesplätze. Das möchte ich nicht sterben lassen“, sagt Schütze kämpferisch.
Schausteller erarbeiten verschiedene Kirmes-Varianten
Trotz der mittlerweile aufgelegten Corona-Hilfsprogramme, möchte er sein Geld viel lieber selbst verdienen. Am besten auf einer echten Kirmes, die ohne virtuelles Hallo mit echten Unterhaltungen funktioniere. „So wie sie aus der Zeit vor Corona bekannt ist.“
Doch 2021 bleibt für die Kirmesbranche eine schwierige Wundertüte. Schütze hofft, dass die Corona-Schutzimpfungen schnell voranschreiten. Wann Volksfeste wieder freigegeben werden, kann allerdings keiner verbindlich sagen. „Wir erarbeiten auch als Schausteller verschiedene Varianten“, sagt Schütze, der zugleich Chef der organisierten Oberhausener Schausteller ist. Gespräche und Abstimmungen würden bereits laufen.
Die Sterkrader Fronleichnamskirmes ist im Kalender der hiesigen Großkirmes-Plätze bekanntlich früh vermerkt. Doch dass bis Anfang Juni wieder Volksfeste ohne Einschränkungen möglich sein könnten, dafür benötigt man aus heutiger Sicht wohl beachtlichen Optimismus. Zumal die Vorbereitungen schon Zeit und Planungssicherheit erfordern. Doch Abschreiben möchte den Rummel noch keiner.
Neuauflage auf dem Hirschberg als Alternative?
Welche Alternativen gibt es? Von Ende September bis Anfang Oktober hatten die Schausteller im vergangenen Jahr beim „Sterkrader Herbstvergnügen“ auf dem Hirschberg einen Pop-up-Freizeitpark geöffnet. Auf einem abgesperrten Areal zwischen Eugen-zur-Nieden-Ring und dem Bunker an der Eichelkampstraße setzten die Schausteller einen regulierten Rummel mit Besucher-Registrierung, einem Euro Eintritt und Corona-Regeln um.
Eine solche kleinere Variante gilt hinter den Kulissen für den Sommer als denkbares Ausweichszenario, falls dies nach geltenden Corona-Regeln nötig und umsetzbar ist.
Am liebsten würden die Schausteller natürlich wieder so schnell wie möglich reisen. Seine Geisterbahn möchte Schütze aus dem langen Winterschlaf holen. Besonders gerne auch wieder für Oberhausen.
>>> Einzel-Buden statt großer Kirmesplätze
Die Schausteller durften 2020 während der Corona-Krise auf keiner gewohnten Kirmes ihre Buden aufbauen. Dafür bot die Stadt dem hiesigen Besitzern die Gelegenheit, im Stadtgebiet einzeln zu öffnen. Hinzu kam für einige Wochen ein Pop-up-Freizeitpark in der Sterkrader Innenstadt.
Auch Weihnachtsmärkte fielen 2020 aus. Einzelne Buden waren in Oberhausen in der Vorweihnachtszeit auf der Marktstraße und in Sterkrade zu finden. Die Innenstädte improvisierten mit Lichterinstallationen auf Häuserfassende, aber ohne Programm und Sammelpunkte.