Oberhausen. Das Ruhrgebiet will mit seinem Industrie-Nachlass zum Weltkulturerbe der Unesco werden – dazu sollen auch Objekte aus Oberhausen gehören.

Ein neuer Anlauf für die Langstrecke: Wieder bemüht sich das Ruhrgebiet um die Anerkennung seiner „Industriellen Kulturlandschaft“ als Weltkulturerbe mit dem Siegel der Unesco. Ein erster Anlauf war bereits 2012 gescheitert: Der Kandidat Ruhrgebiet kam gar nicht erst auf die gesamtdeutsche Vorschlagsliste. Ein selbst merklich skeptischer Oberhausener Strategiedezernent Ralf Güldenzopf warb jetzt im Kulturausschuss um grundsätzliche Zustimmung zu dem aufwendigen Langzeit-Prozedere, das im Januar 2024 in Form einer deutschen Vorschlagsliste bei der Unesco in Paris landen soll.

Sechs Einzelobjekte hatte die Verwaltung im Rathaus vorausgewählt: darunter die drei GHH-Bauten Gasometer, Werksgasthaus und Peter-Behrens-Bau, die Siedlungen Eisenheim und Grafenbusch sowie das Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs. Die mit dem Welterbe-Verfahren betreute Stiftung Industriedenkmalpflege hatte aus Dortmund eine Liste von 23 Oberhausener Objekten zusammengestellt. „Dieser Prozess wird uns noch Jahre beschäftigen“, erkannte Ralf Güldenzopf.

Kritische Verwaltung: „Die Auswahl wirkt willkürlich“

Die schriftliche Vorlage von Güldenzopfs Dezernat zum Thema ist noch weit kritischer als seine sparsamen Anmerkungen im Saal „London“ der Luise-Albertz-Halle: „Die Auswahl wirkt willkürlich“, steht da. Deutlich wird zudem die Befürchtung, dass mit dem Welterbe-Status „städtebauliche Zielvorstellungen der Kommune“ erschwert würden. Denn die Unesco-Kandidatur habe (anders als 2012) nur dann Chancen, wenn nicht eine lange Liste solitärer Industriebauten nach Paris geschickt wird, sondern im heutigen Revier „linienhafte Infrastrukturen“ die Industrielandschaft als Ganzes kenntlich machen: Dies ist die Strategie der Dortmunder Stiftung.

Prompt kam im Ausschuss die Frage nach der St. Antony-Hütte: „Sie ist nun mal die erste Eisenhütte im Ruhrgebiet“, wie Manfred Flore als neuer Ausschussvorsitzender anmerkte. Die gern so genannte „Wiege des Ruhrgebiets“ lässt sich allerdings kaum so linear mit den anderen Teil-Stätten des Welterbe-Kandidaten Ruhrgebiet verbinden wie die sechs Oberhausener Highlights aus der Liste der Verwaltung. „Lassen Sie uns das auf die sechs Stationen beschränken“, appellierte Güldenzopf.

Zwischen Schloss Oberhausen und Gasometer (am unteren und oberen Bildrand): Die schmucken Häuser der „Beamtenkolonie“ Grafenbusch verschwinden im Sommer fast unter üppigem Grün.
Zwischen Schloss Oberhausen und Gasometer (am unteren und oberen Bildrand): Die schmucken Häuser der „Beamtenkolonie“ Grafenbusch verschwinden im Sommer fast unter üppigem Grün. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Der erste Entwurf der Dortmunder Stiftung greift vor allem aus in die Fläche: also Grafenbusch plus Kaisergarten, Hauptbahnhof plus Zinkfabrik Altenberg, um dieser Ansammlung von Objekten – dann hochgerechnet aufs gesamte Ruhrgebiet – einen „außergewöhnlichen universellen Wert“ mitzugeben, wie ihn das Unesco-Prädikat verlangt. Den nächsten Trippelschritt auf dem langen Weg zum möglichen Welterbe geht am Montag, 14. Dezember, der Haupt- und Finanzausschuss, wenn er dem Vorschlag der Verwaltung zustimmt.

48 Nachfragen nach der „Corona-Sonderförderung“

Zeitlich dringenderen Problemen wandte sich anschließend Apostolos Tsalastras zu: Der Kulturdezernent berichtete in geraffter Form über die Corona-Einschränkungen für die städtischen Kulturinstitute. Die von der Stadt aufgelegte „Corona-Sonderförderung“ für freie Kulturschaffende verzeichnet inzwischen 48 Anträge – nachdem die Stadt das überkomplizierte Verfahren überarbeitet hatte. Zuvor waren es nur zehn. „Wir kämpfen arg mit der aktuellen Situation“, so Tsalastras. Manfred Flores Appell „eine Bühne für die freie Szene“ einzurichten, werde wohl frühestens im Frühjahr möglich – „wenn wir ‘runterfahren können mit den Verboten“.