Oberhausen. Sicherheit ist für Ausstellungsmacher, Leihgeber und Versicherungen das A und O fürs Herzeigen von Kunst – auch in der Ludwiggalerie Oberhausen.

Im November des Vorjahres sorgte der rabiate Raubzug durch Dresdens „Grünes Gewölbe“ für Schlagzeilen; vor wenigen Wochen waren es auf Berlins Museumsinsel mehrere Kunst-Attacken mit Öl und Spray-Farbe: Das Thema Kunst und Sicherheit hat dauernde Aktualität – da braucht es keine höchst überflüssige Entführung einer „Capri-Batterie“ von Beuys im Abstellraum des „Supermarkts der Ideen“.

Für die Ludwiggalerie wird der technische Komplex aus Einbruchs- und Brandschutz sowie Klimatechnik im kommenden Jahr zum Millionending: zu einer insgesamt 1.665.000 Euro teuren Runderneuerung von den 400 Brandmeldern bis zur „in Teilstücken nicht mehr betriebsfähigen“ Einbruchmeldeanlage, wie es in der Vorlage für den Ratsbeschluss hieß (wir berichteten). Die Museumsdirektorin nennt es die „Ertüchtigung einer über zwanzig Jahre alten Anlage“. Diese habe aber bisher, betont Christine Vogt, einem hohen Standard entsprochen: „hoch ausgerüstet“ mit Bewegungsmeldern und Kontakten an allen Türen und Fenstern.

Christine Vogt inmitten der Fotos der Linda McCartney-Retrospektive: „Wir hatten lauter beschwingte Besucher.“
Christine Vogt inmitten der Fotos der Linda McCartney-Retrospektive: „Wir hatten lauter beschwingte Besucher.“ © FUNKE Foto Services | Jill Abanico

Ohne gute Sicherheits-Standards ließe sich auch ein anspruchsvoller Ausstellungsbetrieb – zu dem stets auch das Entleihen aus anderen Museen oder von privaten Sammlern gehört – gar nicht mehr verwirklichen. Dr. Vogt erinnert an die großen Überblicksausstellungen wie im Herbst 2018 „Die Geste“ mit Exponaten von textiler und keramischer Kunst aus dem vorkolumbianischen Peru bis zu Gerhard Richters Gemälde aus eigenem Bestand: „Dafür hat uns die Versicherung auf Herz und Nieren geprüft.“

Geschultes Personal statt kunstsinniger Pensionäre

Auch die Leihgeber fragen genau nach, benennen ein „klares Anforderungsprofil“ – und wollen dies Punkt für Punkt erfüllt haben. Bevor empfindliche Leihgaben die Ludwiggalerie erreichen, lassen sich deren Besitzer die Klimawerte der Ausstellungsräume vorlegen. Die Sanierung der Klimatechnik ist ebenfalls Aufgabe des kommenden Sommers.

Sicherheitsrelevant ist auch geschultes Personal. „Wir arbeiten mit einem Wachdienst“, erklärt die Direktorin, der für Galerien und Museen nur jene Kräfte einsetze, die eine entsprechende zusätzliche Qualifikation absolviert haben. Die Zeiten, als kunstsinnige Pensionäre sich gerne als „Aufsicht“ einsetzen ließen, ist in den Häusern mit Anspruch schon lange vorbei. Und der geschulte Blick des Wachdienst-Personals richtet sich eher auf im Ausstellungsraum frei stehende Objekte – denn Gemälde und Grafiken an der Wand lassen sich bereits technisch bestens sichern.

Natürlich gebe es „Kunst, die provoziert“, bestätigt Christine Vogt. „Aber ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Besucher schon mal aggressiv reagiert hätten.“ 99 Prozent seien „nette, freundliche Leute“, die Kritik in der willkommenen Form äußerten: mit Hinweisen im Gästebuch etwa. Die Direktorin: „Bei Linda McCartney“, der durch den ersten Lockdown verkürzten Foto-Ausstellung, „hatten wir lauter beschwingte, durch die Ausstellung tänzelnde Besucher“.

Auf Fotos wirken Duane Hansons Skulpturen ganz besonders lebensnah: Die „Besucherin“ der Ausstellung „Body Pressure“ mit den Einkaufstaschen ist sein Werk „Lady with Shopping Bags“.
Auf Fotos wirken Duane Hansons Skulpturen ganz besonders lebensnah: Die „Besucherin“ der Ausstellung „Body Pressure“ mit den Einkaufstaschen ist sein Werk „Lady with Shopping Bags“. © DAVIDS | Sven Darmer

Sicherheit, gut dokumentiert, ist nicht die einzige Voraussetzung, um derart hochrangige Retrospektiven nach Oberhausen zu holen. Christine Vogt nennt den Namen Ludwig „einen Türöffner“, dank der international bekannten größeren Häuser in Köln und Aachen. „Leihgebern schicken wir immer Kataloge“ – denn der Direktorin ist auch der Beleg wichtig, dass im Schloss Oberhausen wissenschaftlich gearbeitet wird. Im Zweifelsfall sei der gute Name entscheidender als ein alle Wägbarkeiten abdeckender Vertrag: „Man kennt sich und ist gut vernetzt.“

Kunstbetrieb „wie auf dem Pferdemarkt“

Der Kunstbetrieb, das hörte die Kunsthistorikerin schon in ihren Lehrjahren, funktioniere „wie auf dem Pferdemarkt“: Man muss sich per Handschlag aufeinander verlassen können.