Oberhausen. Der Gasometer in Oberhausen hat die neue Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ vorgestellt. Eine beliebte Attraktion wird aufwendig erweitert.

Jeanette Schmitz hebt am Ende die Hände. „Drücken Sie die Daumen“, sagt die Gasometer-Chefin und meint damit nicht die Vorbereitungen für die neue Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“, die in der Oberhausener Kulturinstitution auf Hochtouren geplant wird. Schmitz spricht vom laufenden Umbau der 117 Meter hohen Industrietonne. Im April 2021 soll alles fertig sein. Im April 2021 sollen wieder Besucher strömen – in Stein gemeißelt ist das aber noch nicht.

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Darum steht mit Weitsicht auch „Frühjahr 2021“ auf den frisch gedruckten Plakaten. Die 14,5 Millionen Euro teure Schönheitskur, bei der wichtige Sanierungen der Außenhaut vorgenommen werden, hat ihre Tücken. Überraschungen in der Baustruktur können am historischen Schätzchen immer wieder auftauchen, das weiß auch Schmitz. Doch man ist zuversichtlich.

Gasometer: Fotos mit Schönheit und Elend des Planeten

Voller Vorfreude und doch geerdet: Ilias Abawi (Emschergenossenschaft), Nils Sparwasser (DLR), Thomas Wolf (Fotograf und langjähriger Mitarbeiter des verstorbenen Kurators Prof. Peter Pachnicke) und Gasometer-Geschäftsführerin Jeanette Schmitz.
Voller Vorfreude und doch geerdet: Ilias Abawi (Emschergenossenschaft), Nils Sparwasser (DLR), Thomas Wolf (Fotograf und langjähriger Mitarbeiter des verstorbenen Kurators Prof. Peter Pachnicke) und Gasometer-Geschäftsführerin Jeanette Schmitz. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Positive Gedanken trägt das Team auch durch das neueste Werk „Das zerbrechliche Paradies“. Die Faszination der Erde schwebt bildlich wie im übertragenen Sinne über einer komplexen Ausstellung. Mit der Schönheit, dem Elend und den Perspektiven möchte der Gasometer Oberhausen gleich drei verschiedene Blickwinkel auf die Weltkugel zeigen. Preisgekrönte Fotografien und packende Videosequenzen haben die Kuratoren zusammengetragen.

Im Erdgeschoss dreht sich alles um Urgewalten – um Feuer, Wind und Wasser. Die Macher zeigen, welche Auswirkungen Naturphänomene auf die Menschheit haben. Unter der Gasdruckscheibe des Gasometers erforschen die Besucher die Artenvielfalt der Tierwelt und wechseln dabei die Perspektive. „Die Gäste können die Welt aus den Augen der Tiere sehen“, erklärt Jeanette Schmitz eine der wichtigen Neuerungen der Schau.

Gasometer: Besucher fliegen mit VR-Brillen durch den Dschungel

Virtual-Reality-Brillen (VR) sind weiter auf dem Vormarsch. Auch bei der neuen Gasometer-Ausstellung werden bis zu acht der modernen Rundumblick-Brillen im Einsatz sein. Damit können Besucher zum Beispiel Fledermäuse bei ihrem Flug durch den Regenwald begleiten und so das beeindruckende Gefühl für Perspektive und Landschaft erfahren. Schmitz: „Das dürfte vor allem für Familien mit Kindern interessant werden.“

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Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Um den ökologischen Fußabdruck des Menschen geht es auf der zweiten Ebene. Klimawandel, Raubbau an Tieren, Vermüllung und Waldrodungen zeigen in deutlichen Aufnahmen die Probleme der Erde – und wie der Mensch mit skrupellosem Egoismus seinen eigenen Lebensraum bedroht.

Gasometer: Kuratoren erfüllen einen Wunsch der Besucher

Noch wird der Gasometer umgebaut – doch bald soll er so wie in dieser Animation aussehen und auf die im Frühjahr startende Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ aufmerksam machen.
Noch wird der Gasometer umgebaut – doch bald soll er so wie in dieser Animation aussehen und auf die im Frühjahr startende Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ aufmerksam machen. © Gasometer | Thomas Machoczek

Die dritte und letzte Ausstellungsebene zeigt die Hoffnung, die Perspektive, die Menschen besitzen, die Erde wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das beeindruckende Ganze haben die Kuratoren mit einem alten Bekannten in Szene gesetzt. Ein 20 Meter großes Abbild der Weltkugel wird als Hauptattraktion im 100 Meter hohen Innenraum des Gasometers schweben.

Kennern der Gasometer-Ausstellungen steckt dieses Bild noch von „Wunder der Natur“ im Gedächtnis. Die Schau gastierte in den Jahren 2016 und 2017 im Gasscheibenbehälter – und lockte 1,35 Millionen Besucher an. „Dies geschieht auf vielfachen Wunsch der Besucher“, erklärt Schmitz die überraschende Rückkehr. Allerdings wird man die damals schon beeindruckenden Animationen mit der neuen Inszenierung nicht vergleichen können, sind sich die Macher sicher.

Gasometer: Projektionen mit 58 Millionen Pixeln Auflösung

Ausstellung basiert auf Plänen von Peter Pachnicke

Das Konzept von „Das zerbrechliche Paradies“ geht auf frühe Konzepte des im vergangenen Jahr verstorbenen Kurators und Kunstprofessors Peter Pachnicke zurück. Seit 2007 kuratierte Pachnicke große, bildstarke Ausstellungen für den Gasometer Oberhausen.

Die Emschergenossenschaft ist als Sponsor an der neuen Gasometer-Ausstellung beteiligt. Die laufende Renaturierung der Emscher, die auch Oberhausen stark betrifft, wird in der Schau als Zukunftsprojekt thematisiert.

Die Technik hat sich in der relativ kurzen Zeit rasend weiterentwickelt. Aus Satellitenaufnahmen komponiert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine lebendige, sich stetig wechselnde Erdoberfläche. „Die Besucher sehen die Erde so, wie sie ein Astronaut betrachten kann – nur besser“, sagt DLR-Abteilungsleiter Nils Sparwasser. Die Projektionen mit 58 Millionen Pixeln Auflösung seien das Siebenfache eines digitalen Kinos.

Das Gezeigte sei keine Kunst, sondern basiere auf wissenschaftlichen Daten. Nur Unsichtbares, wie Ozon, werde eingefärbt. Nicht nur das ökologische System der Erde kann man in kleinsten Details erkennen, sondern auch ökonomische Besonderheiten: Nachtaufnahmen aus dem All zeigen etwa die beiden koreanischen Staaten. Während grelle Lichtpunkte die Städte im Süden erhellen, bleibt der Norden weitgehend dunkel.