Oberhausen. Initiatoren erinnern an 90 Jahre Gasometer und 25 Jahre Ausstellungshalle. Und erzählen, wie die Meisterschale mit dem Taxi nach Oberhausen kam.

Ein herzhaftes Lachen wird auf ewig mit dem Gasometer verbunden bleiben. Damals, vor mehr als 25 Jahren, lachten Bedenkenträger eine Handvoll rühriger Visionäre kräftig aus, die den 118 Meter hohen Gasspeicher in eine riesige Ausstellungsfläche verwandeln wollten. Heute lachen sie wieder, über den rustikalen Hindernis-Parcours zum Start – und den beeindruckenden Erfolg mit bisher mehr als acht Millionen Besuchern.

Christos Erinnerungen – Gewaltiger Innenraum und kalte Nächte

Doppelte Gründe zum Feiern schreien förmlich nach einem Festakt, den die Initiatoren unter dem beeindruckenden Matterhorn der aktuellen Ausstellung „Der Berg ruft“ am Freitag mit viel Raum für Humor gestalten: Wahrscheinlich fühlt sich der bulgarische Weltstar Christo deshalb so wohl – und plaudert sich in einen Rausch. Als große Überraschung landet der 84-Jährige per Live-Schalte mitten im Gratulanten-Reigen.

Er erzählt auf dem Bürostuhl sitzend über sein neues Projekt, die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris. Und er erinnert sich mit Wonne an seine zwei Projekte im Gasometer. 1999 The Wall, eine gewaltige Wand aus 13.000 Ölfassern und 2013 Big Air Package, die aufblasbare Riesenskulptur.

Christo schwärmt über den gewaltigen Innenraum. „In dem es ganz schön kalt werden kann!“ Amüsement!

Taxifahrer findet Gasometer nicht – und bringt Meisterschale zu RWO

Doch der Weg zu Weltstars und Millionen Besuchern war steinig. Kurator Franz-Josef Brüggemeier erinnert sich an die erste Ausstellung „Feuer und Flamme“ – als die Tonne einfach noch keiner kannte. Den Weg der Fußball-Meisterschale zur Ausstellung im Gasometer schildert er als kuriose Irrfahrt.

Zunächst Skeptiker, später glühender Verehrer: Der ehemalige Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor Burkhard Drescher erläuterte den Krimi um einen möglichen Abriss der heutigen Kulturtonne.
Zunächst Skeptiker, später glühender Verehrer: Der ehemalige Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor Burkhard Drescher erläuterte den Krimi um einen möglichen Abriss der heutigen Kulturtonne. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Der DFB schickt das Exponat vor 24 Jahren mit dem Taxi (!) nach Oberhausen. Da der Fahrer den Gasometer nicht kennt, liefert er das Ausstellungsstück stattdessen am Trainingsgelände von RWO ab, trifft aber nur den Platzwart an und spricht schier legendäre Worte: „Ich soll hier die Meisterschale abgeben!“ Später sollen frisch geduschte Oberhausener Fußballer nach dem Training das gute Stück am Gasometer abliefert haben. Es ist die Geschichte des Abends!

Dass den Kulturfreunden das Lachen beinah früh vergangenen wäre, erzählt der frühere Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor Burkhard Drescher, der zunächst auch zu den Skeptikern zählte. „Die Abrissgenehmigung lag schon auf meinem Schreibtisch“, schildert Drescher die Dramatik aus früherer Zeit.

Ausstellungshalle oder Abriss – Ratsabstimmung wie ein Krimi

Gasbehälter der benachbarten GHH

Der Gasometer diente vor 90 Jahren zunächst als Gasbehälter, um das Gichtgas aus den Hochöfen der benachbarten Gutehoffnungshütte (GHH) zwischen zu speichern.

Die erste Ausstellung eröffnet am 22. Juli 1994 mit „Feuer und Flamme“. Die aktuelle Ausstellung „Der Berg ruft“ ist noch bis zum 27. Oktober zu sehen, danach wird die Kulturtonne für rund 14,5 Millionen Euro saniert. Der Gasometer bleibt ein Jahr lang geschlossen.

Eine Ratssitzung wie aus einem Krimi stellt bei einer geheimen Abstimmung ohne Fraktionszwang die Weichen für den Riesenerfolg. Die glühende Befürworterin CDU-Ratsfrau Hildegard Mattäus erscheint sogar im Gasometer-Kostüm. Doch viele Oppositionspolitiker sind anderer Meinung: zu teuer, zu unsicher, ohne Perspektive.

Die Befürworter sind letztlich in der Mehrheit! Einzige Bedingung – der ehemalige Gasscheibenbehälter darf die Stadt im Folgebetrieb kein Geld kosten. Bis heute tragen sich die Ausstellungen im Gasometer selbst. Und die Tonne gilt mit Blick auf den Ruhrtourismus als wichtiger Arbeitsplatzbeschaffer. Dass Gasometer-Chefin Jeanette Schmitz den Gastredner Drescher zuvor betont förmlich als „Herrn Drescher“ auf die Bühne bittet, gehört wieder zu den heiteren Passagen. Beide sind miteinander verheiratet.

Als Urvater der großen Ausstellungsidee gilt übrigens Professor Karl Ganser, damals Direktor der IBA Internationalen Bauausstellung Emscherpark. Er erinnert sich per Videobotschaft an seinen ersten Besuch im abgesperrten Gasometer, an den schlammigen Boden, ein verrostetes Rohr als Einstiegsluke – und das gewaltige Potenzial. Sie haben auf ihn und viele weitere Förderer gehört. So sehr, dass die Bundesingenieurkammer den Gasometer nach dem Pumpwerk Alte Emscher als erst als zweites Bauwerk in Nordrhein-Westfalen zum „Historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ adelt. Ein Hoch auf den Gasometer!