Oberhausen. Die Grünen sind mit prominenter Unterstützung in den Wahlkampf-Endspurt gegangen. Hauptthema am Altmarkt war die prekäre Lage der Künstlerszene.

An Spielstätten mangelt es Claudia Roth als prominenter Unterstützung im Kommunalwahlkampf der Grünen nicht gerade: Im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund kickte die Vizepräsidentin des Bundestages mit dem ehemaligen BVB-Torwart Roman Weidenfeller den Fußball hin und her. Am Samstag sprach sie mit Bürgern und Parteifreunden vor dem Gdanska in Oberhausen über die prekäre Lage von Schauspiel und Musik während der Corona-Krise.

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Der Altmarkt ist nicht zufällig gewählt. Im Gegensatz zu den Wahlkampf-Lokalitäten wirken viele kulturelle Spielorte durch die Corona-Pandemie weiterhin stark gestutzt. Spielbereite Konzertstätten gibt es wenige. Der freien Künstlerszene geht es schlecht. Auch in Oberhausen laufen Konzerte und Theater mit meist kaum wirtschaftlichen Sitzplatzkontingenten wieder an.

Lebendige Innenstadt – von anderen Städten lernen

In der Talkrunde mit Grünen-Oberbürgermeisterkandidat Norbert Axt nimmt Jazzkarussell-Chefin Eva Kurowski auch kein Blatt vor den Mund. „Beschämend“ nennt es Kurowski, dass kulturelle Formate allein dank privater Initiativen wieder anlaufen würden. So wie vor dem Gdanska, wo man knapp 100 Musikern über den Sommer eine Auftrittsgelegenheit geschaffen habe. Kurowski vermisst das Engagement der Stadt.

Wie geht es der freien Kulturszene? Mohammad-Ali Behboudi, Claudia Roth, Bärbel Höhn, Andreas Blanke, Eva Kurowski und Norbert Axt sprachen beim Wahlkampf-Endspurt der Grünen am Altmarkt.
Wie geht es der freien Kulturszene? Mohammad-Ali Behboudi, Claudia Roth, Bärbel Höhn, Andreas Blanke, Eva Kurowski und Norbert Axt sprachen beim Wahlkampf-Endspurt der Grünen am Altmarkt. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Sie spricht von verpassten Chancen, kleine Bühnen in den Innenstädten zu platzieren – etwa vom Stadttheater: „Dadurch könnten Leute erreicht werden, die sonst nicht mit Kultur in Berührung kommen. Wir müssen Alternativen schaffen.“

Dass beschallende Kunst im öffentlichen Raum in Oberhausen durchaus schwierig ist, hat die Konzert-Planerin selbst erfahren: Am Altmarkt gab es einzelne Anwohner-Beschwerden und Streit um die durch das Ordnungsamt sehr niedrig angesetzten Dezibel-Beschränkungen.

Claudia Roth, 1975 als Dramaturgin an den Städtischen Bühnen Dortmund erstmals im Revier, erzählt aus ihrer bayrischen Heimat: „In Augsburg sind überall Bühnen aufgebaut worden, weil die Geschäftsleute darum gebeten haben. Weil kaum einer mehr in die Innenstadt kam.“ Cafés müssten mehr Platz für die Außengastronomie erhalten. Die Städte sollten sich hier untereinander stärker austauschen.

Es fehlt an Wertschätzung für Kunst und Kultur

Nicht nur Zuhörerin: Bärbel Höhn (re.) lobte junge Leute für ihr Engagement bei „Fridays for Future“.
Nicht nur Zuhörerin: Bärbel Höhn (re.) lobte junge Leute für ihr Engagement bei „Fridays for Future“. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Norbert Axt spricht dagegen von mehr Indoor-Spielstätten. „Die Stadt könnte da mehr machen!“ Luise-Albertz-Halle, Schulaulen und Kirchen seien gute Orte.

Viele Räume stünden momentan leer, könnten durch eine geringe Miete oder kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. In Aulen sei auch das Lärmproblem nicht gegeben. „Wenn man die Fantasie spielen lässt, ist vieles möglich.“

Schauspieler Mohammad-Ali Behboudi hat bis 2012 als festes Ensemble-Mitglied am Stadttheater Oberhausen gespielt und kritisiert, wie die Corona-Hilfe auf Länderebene organisiert ist. Freischaffende Künstler in Berlin hätten 5000 Euro beantragen können – in Nordrhein-Westfalen dagegen nur 2000. „Das ist ungerecht!“ Viele seien trotzdem durch das Raster gefallen: „Alles fühlt sich an wie ein Berufsverbot.“ Die staatliche Grundsicherung sei darum keine Alternative.

Bärbel Höhn lobt Schüler und Fridays for Future

Claudia Roth sieht Lücken in der Wertschätzung bei der Bundesregierung: „Kunst und Kultur sind der Kitt, der die Menschen zusammenhält und spielt eine riesige Rolle in der Demokratie.“ Corona-Hilfen seien keine Subvention, sondern Investition.

Auf die „Dauerkrise“ Klimawandel lenkt Bärbel Höhn, langjährig Prominenteste der Oberhausener Grünen, die Diskussion – und spricht die klassischen Positionen ihrer Partei an: „Ich wünsche mir mehr Klimaschutz in der Stadt. In Zeiten, wo es immer heißer wird, ist der alte Baumbestand besonders wichtig.“

Und weiter: Bienenschutz, die Förderung von moderner Solartechnik wie Photovoltaikanlagen – und Lob für Schüler und die Fridays-for-Future-Bewegung. Norbert Axt möchte den Ausbau der Radwege und Fahrradschutzstreifen auf allen großen Straßen vorantreiben: „Radfahren soll in Oberhausen sicherer werden.“