Oberhausen. In „Alles ist wahr“ hat Shari Asha Crosson bereits am Theater Oberhausen gespielt. Jetzt zählt die 32-Jährige auch zum neuen Ensemble.
Beim selbstgestellten Anspruch, ein jüngeres und multikulturelles Ensemble zusammenzustellen, dürfte Florian Fiedler mit der Crew der kommenden Spielzeit einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Shari Asha Crosson zählt mit Agnes Lampkin zu den beiden „Neuen“, die sich im Theater Oberhausen bereits als Gäste mit großen und kleineren Produktion bekannt gemacht haben.
So spielte die 32-Jährige in „Alles ist wahr – die neun Leben der Marita Lorenz“ im Großen Haus und in „save me (not)“ im Saal 2. Beide Inszenierungen fordern gekonntes Bewegungsspiel – und tatsächlich wünscht sich Crosson in diesem festen Engagement „gerne wieder tänzerischer zu arbeiten“. Ballett, ganz im klassischen Sinn, hatte ihre Theater-Begeisterung einst entzündet. „Mit fünf hatte ich angefangen zu tanzen“, erzählt Crosson, „und schließlich fünfmal die Woche trainiert“. Ganz lange sollte sie nicht im Kinder-Corps dieser strengen Ballettschule bleiben. Doch eine Aufführung führte die junge Karlsruherin ans Badische Staatstheater – und für die junge Shari Asha Crosson zur Erkenntnis: „Ich muss hier arbeiten.“
Mit diesem frühen Herzenswunsch sei sie in ihrer Umgebung eher „belächelt“ worden, sagt die Schauspielerin und erzählt von ihrer tiefen Schüchternheit: „Die glaubt einem heute niemand, wenn man auf der Bühne so anders ist.“ Sie baute als Erste in ihrer Familie das Abitur, wollte damit nur raus aus dem „Ländle“, bewarb sich an allen namhaften Schauspielschulen – um in Stuttgart angenommen zu werden.
Die harte Schule des Rheinischen Landestheaters
Geografisch war diese Hochschule für Musik und Darstellende Kunst zwar nicht der große Aufbruch, aber für Crosson dennoch eine gute Wahl: Sie spricht von der „Waldorfschule der Schauspielschulen“, an der die Dozenten für eine Schüchterne, die „noch nicht viel wusste über Theater“ den Einstieg leichter machten. Die Absolventin besuchte auch Workshops der Filmakademie Ludwigsburg und hatte ihr erstes Engagement für ein Jahr im heimatlichen Karlsruhe, gefolgt vom Rheinischen Landestheater Neuss.
Einstand mit „Kleiner Mann - was nun?“
Ihren „offiziellen“ Einstand im Oberhausener Ensemble gibt Shari Asha Crosson mit der ersten Premiere der neuen Spielzeit: Am 25. September, um 19.30 Uhr, im Saal 2 beginnt für 20 Zuschauer „Kleiner Mann – was nun?“ nach Hans Fallada in der Inszenierung von Babett Grube.
Julius Janosch Schulte übernimmt dann seine erste Oberhausener Rolle als Johannes Pinneberg, jenes kleinen Angestellten, der sich so verzweifelt wie redlich gegen den Abstieg in der Not der Weltwirtschaftskrise wehrt. Shari Asha Crosson spielt seine „Lämmchen“ genannte Ehefrau Emma – und der erfahrene Klaus Zwick alle weiteren Rollen.
Die Premiere ist angesichts des knappen Kartenkontingents bereits ausverkauft: Weitere Vorstellungen folgen am 1., 2., 7., 8., 17., 18., 28. und 29. Oktober (Infos auf theater-oberhausen.de).
„Eine wahnsinnig harte Schule“, sagt Crosson. Und ständig unterwegs, denn die Landestheater bespielen in erster Linie die kleineren Städte ohne eigene Schauspielhäuser: Morgens also ein Kinderstück in einer Schulaula und abends „Kabale und Liebe“ vor Abo-Publikum. Shari Asha Crosson entschied sich bald fürs Berufsleben als freie Schauspielerin – „ich bin rumgekommen von Aachen bis Dresden“ – auch um sich den Anspruch an ihre Arbeit zu erhalten: „Ich muss Engagements haben, die mich interessieren, mich nicht ausstellen als Frau und als schwarze Frau.“ Klar, manches habe „einfach die Miete bezahlt“.
Überzeugt, ja begeistert, habe sie die Arbeit mit Regisseurin Babett Grube an „Mit freundlichen Grüßen, Eure Pandora“. Diese Erfahrung dürfte ihren Weg nach Oberhausen gebahnt haben – dank der Hausregisseurin während Florian Fiedlers Intendanz. „Hier darf alles gleichberechtigt existieren“, meint Shari Asha Crosson, „hier achtet man auf flache Hierarchien“. Das sei an vielen Häusern noch ganz anders.
Ein kleiner Junge will auch Glitzerfisch sein
Babett Grube inszenierte auch „Alles ist wahr“, an dessen Text die einstige CIA-Spionin Marita Lorenz noch mitgewirkt hatte. Die Schauspielerin erlebte es als Herausforderung: „Diese Frau ist so groß“ – es sei psychologisch „fast unmöglich“ gewesen, diese „neun Leben“ (wie es im Untertitel der Uraufführung von Dominik Busch heißt) in nicht einmal eineinhalb Schauspielstunden zu zeigen. „Aber ich denke, wir haben eine ganz gute Lösung gefunden.“
Shari Asha Crosson wird in der kommenden Spielzeit auch selbst inszenieren: „Mermaids“ für junge Zuschauer ab vier Jahren erlebt am 20. November im Saal 2 die Uraufführung: Ein kleiner Junge, der in seiner Welt alles sein kann – selbst ein Glitzerfisch – begegnet der Meeresgöttin. Die 32-Jährige nennt es ihr „Stadttheater-Debüt“ im Regiefach. Ihr Anspruch – nicht nur beim Spiel fürs jüngste Publikum: mehr Tanz und Bewegung, weniger Worte. „Das könnte allen Zuschauern guttun.“