Oberhausen. Im Saal 2 des Theaters Oberhausen: Drei Heldinnen steigen Level für Level auf – der Endgegner „Fräulein in Not“ hat keine Chance.
„Frauen sind für Männer keine ernstzunehmenden Gegner. Frauen sind in unserer Gesellschaft allenfalls der Ball“, betonen die Macherinnen der ausverkauften jüngsten Uraufführung des Theaters Oberhausen. „(Save me) not“ (zu deutsch: „Rette mich nicht“) ist daher eine Ansage an Frauen und Männer in Computerspiel-Form: „Der Aufstand ist noch nicht vorbei.“
Im grellen Licht der Scheinwerfer des Saal 2 schälen sich die Hauptdarsteller Shari Asha Crosson, Elisabeth Hoppe und Philipp Joy Reinhardt Level für Level aus ihren ebenso grellen Prinzessinnen-Outfits. So schnell wie Level eins namens „Aufbrechen“ auf der achteckigen rosa Trainingsmatte beginnt, so schnell endet es.
Denn die Kristalle auf der Leinwand werden von den drei Zockerinnen flugs gedrückt, so dass die im Computerspiel obligatorischen Münzen von Fortschritten als Lohn künden. Gleichzeitig dringt eine reale Story aus den Boxen in die Ohren der 70 Besucher.
Level eins: Trampende Selbstmörderinnen vom Zeitgeist überholt
Im ersten Szenario berichtet eine Frauenstimme vom Kampf auf dem Spielplatz; und dass es okay sei, sich im Notfall mit gezielten Tritten gegen’s Knie zu wehren. Abwechselnd ergänzen die Prinzessinnen diese Saga um schaurige Fälle und erzählen von Zeiten, als die Gesellschaft trampende Frauen mit Selbstmörderinnen gleichsetzte – und Mitgefühl mit Tätern sowie Opferverhalten normal waren. „Überholt“, urteilen die Heldinnen und knibbeln sich die angeklebten Tränen vom Gesicht. Die nächste Herausforderung wartet schon.
Level Zwei entführt die Ohren mit einem weiteren Originalton-Einspieler in einen Fahrradladen. Im Interview schildert die Frauenstimme eine Alltagsszene. Mit einem Verkäufer, der nett ist und hilfsbereit. Nur mit einer von Frauenhand umgebauten Klingel hat er so seine Probleme. Monoton wiederholt das Schauspieler-Trio den Satz „Ich habe eine Schraube ‘reingedreht.“
Premieren-Fahrplan: So oft läuft „(save me) not“ noch
Die nächsten Aufführungen von „(save me) not“ sind am Mittwoch, 11. März 19.30 Uhr und am 3. April um 19.30 Uhr jeweils im Saal 2 des Theaters am Will-Quadflieg-Platz. Die Karten gibt’s ab 14 Euro. Bestellt wird unter https://theater-oberhausen.eventim-inhouse.de/webshop/webticket/bestseatselect?eventId=5250.
Für die Produktion zeichnet die Gruppe „Frauen und Fiktion“ aus Hamburg und Berlin verantwortlich, die sich mit dem Thema „Frauen und Gewalt“ als Kollektiv schon seit längerer Zeit beschäftigen.
Allein, der Verkäufer wird sein verbrämtes Kompliment trotzdem los. Handwerklich begabte Frauen finde dieser nämlich sexy. „Ich weiß, du meinst es gut“, zitiert Shari Asha Crosson den weiblichen Part. „Aber du weißt gar nicht, wie daneben das ist!“
Mit fortschreitender Spieldauer entledigen sich die „Jungfrauen in Not“ all ihrer Fesseln. Sie können Schrauben drehen und sie können kämpfen. „Wenn die Faust einer Frau eine Nase bricht, dann darf das sogar Spaß machen“, sagt Elisabeth Hoppe und alle Drei schlüpfen in Level Drei vom Ganzkörper-Glitzerkostüm in ein weißes Boxeroutfit. „Frauen werden solange belächelt, bis sie den schwarzen Gürtel haben“, klärt sie auf. Dabei kämpfen Frauen weitaus länger zum Spaß, als mancher Mann bisher glaubte.
Kampfeslustige Frauen sind so alt wie die Menschheit
So erfährt das Publikum zu harten Hip-Hop-Beats vom Jahr 1882, als Bessie Williams und Josphine Baker in Salt Lake City bereits im Schwergewicht boxten, oder wie es über hundert Jahre später Laila Ali und Jacqui Frazier ihren Vätern gleichtaten. Dennoch: Frauen blieben in Kampfsportbuden wie Ufos am Nachthimmel.
Die unnötige Voranstellung des Wortes „Frauen“ vor Boxen, Fußball oder Curling zählen die Protagonisten nur der Ironie wegen auf. Level Vier „Auflösen“ endet folgerichtig mit der Forderung: „Das Patriarchat muss weg.“ Und weil das nie freundlich wuchs, sind Tritte und Schläge erlaubt. Die Zuschauer nutzen ihre Hände allerdings auf friedliche Weise: Sie klatschen minutenlang Applaus.