Oberhausen. Kirmes-Fan Harald Weidlich aus Oberhausen pflegt Schätze von „Petersburger Schlittenfahrt“ und „Circus Circus“. Viele Schausteller kennt er gut.
An wenigen Tagen im Jahr hat Harald Weidlich in seinem Garten die gesamte Familie zu Gast. Wenn vor und während Fronleichnam die Kirmes in Oberhausen gastiert, dann begrüßt Weidlich an seiner Gartenlaube alte Freunde und lange Weggefährten aus der bunten Budenwelt. Der Kirmes-Fan lebt den Rummel – und die Gemütslage der Branche ist derzeit nicht schwer zusammenzufassen: „Die Stimmung ist schlecht!“
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Seinen gewohnten Empfang in der Sterkrader Gartenlaube musste er vor zwei Monaten ausfallen lassen. „Sterkrade ohne Kirmes? Daran können wir alle uns nicht erinnern“, sagt der 69-Jährige. Am vergangenen Wochenende lud er immerhin einige Bekannte wieder in seinen Garten ein, um ein wenig zu reden. Über die Kirmes natürlich. Und unter Corona-Regeln freilich. Dort, wo man am kleinen Gartenteich sonst das Treiben der Kirmes hören könnte.
Kirmes: Schausteller müssen weiter improvisieren
Viele Schausteller kennen ihn nur unter seinem Spitznamen „Kirmes Hardy“. Mit Schreinerarbeiten hat er dem einen oder anderen schon ausgeholfen. Stillsitzen, das fällt dem Sterkrader schwer. Sobald in der Nähe ein Rummelplatz öffnet oder ein Karussell seine Runde dreht, ist Weidlich vor Ort.
Momentan muss die Szene improvisieren. Temporäre Freizeitparks, wie „Fundomio“ in Dortmund und „Düsselland“ in Düsseldorf, heißen die Standorte, an denen mehrere Kirmes-Karussells und Schaustellerbuden unter Corona-Auflagen öffnen können.
Eine Idee, die einen offenen Rummel nicht ersetzen kann, das wissen sie alle. Sollten Rummelplätze weiterhin in absehbarer Zeit nicht öffnen dürfen, würde sich Weidlich solch eine Variante aber auch in Oberhausen wünschen – notfalls auch etwas kleiner.
Unweit von seiner Wohnung haben einige Oberhausener Schausteller immerhin eine zwischenzeitlichen Verkaufsplatz gefunden. Vor dem Technischen Rathaus etwa, wo neben der Gastronomie der Familie Schütze auch das Oberhausener Kirmes-Eis von Schmalhaus in die Hörnchen wandern kann. Neben den verzierten Wagen macht eine Plakatwand auf die Sterkrader Fronleichnamskirmes im kommenden Jahr aufmerksam. Und lässt auf bessere Zeiten hoffen.
Kirmes: Von der Schwarzwald-Mühle nach Sterkrade
Was bleibt sind Erinnerungen. Und der Garten von „Kirmes Hardy“ lässt die Lichter aus den charmanten Tagen des Kirmesalltags zumindest ein bisschen funkeln.
Corona-Ausfall schmerzt Schausteller
Die Budenbesitzer trauern der durch die Corona-Pandemie verpassten Kirmessaison hinterher. Vor allem die drei großen Rummelplätze in Nordrhein-Westfalen – Fronleichleichnamskirmes (Oberhausen), Cranger Kirmes (Herne) und Rheinkirmes (Düsseldorf) fehlen – und mit ihnen wichtige Einnahmen.
Zwar konnten einzelne Buden in den Innenstädten oder auf dem eigenen Betriebsgelände öffnen, doch für den überwiegenden Teil der Schausteller kann dieser Verkauf die stark frequentierten Rummelplätze nicht ersetzen. Wann es wieder eine reguläre Kirmes geben kann, ist weiter offen.
Eine mit einzelnen Stecklämpchen verzierte Fassade des legendären Karussells „Petersburger Schlittenfahrt“ hängt bei Weidlich an der Gartenlaube. Auch ein Schauschild des vierarmigen Schüttel-Klassikers „Circus Circus“ mit der verspielten Optik einer Zirkus-Manege gehört zur heimischen Kulisse. Lebensfrohe Kunst – sie liegt im Auge des Betrachters.
Für seinen kleinen Treff hat sich Weidlich für die Kirmes-Kulisse sogar tierische Unterstützung organisiert. Eine lebensgroße Deko-Ziege hat er sich von der Schausteller-Familie Bruch ausgeliehen. Normalerweise grast der Kunststoff-Bock urgemütlich vor der Gastronomie „Schwarzwald-Mühle“ – und müsste die Wanderlust von mehreren Kirmesplätzen also kennen. „Als ich die Leihgabe durch Sterkrade getragen habe, haben die Leute große Augen gemacht.“