Oberhausen. Die Trinkerszene am Altmarkt sorgt erneut für Ärger – will sich aber „nicht abschieben lassen“. Senioren im Pacelli-Quartier rufen nach Lösungen.
In zentraler Lage gemeinschaftlich den Lebensabend genießen: Dieser Gedanke habe ursprünglich viele Senioren dazu bewogen, ins 2012 errichtete Pacelli-Quartier zu ziehen. Inzwischen würden die Vorzeige-Seniorenwohnungen gegenüber der Herz-Jesu-Kirche den Anwohnern jedoch „wie ein Quartier mitten im Brennpunkt“ vorkommen, sagt Klaus-Dieter Grambau.
„Das Viertel wird völlig vernachlässigt“, sagt er – begleitet vom Kopfnicken 20 weiterer Anwohner. Sie alle sind sich einig: Die Lebensqualität hat sich hier deutlich verschlechtert – wegen des „immer schlimmer werdenden Verhaltens“ der Trinkerszene und der Geruchsbelästigung durch einen neuen Imbiss.
Dabei ist der Alkoholpegel am Altmarkt eine alte Geschichte. 2013 erklärte das Ordnungsamt den Altmarkt nach massiven Beschwerden zum Schwerpunkt. 2016 stellte die Stadt als Ausweichplatz dann einen Unterstand samt mobiler Toilette auf dem Parkplatz gegenüber dem Gewerkschaftshaus an der Friedrich-Karl-Straße auf. Die dortigen Bänke: mit rechtsradikalen Sprüchen beschmiert, meist unbesetzt. Haupttreffpunkt bleibt der Altmarkt. „Wir sind auch Bewohner dieser Stadt“, sagt Rolf, der sich hier regelmäßig mit Freunden zum Biertrinken trifft. „Man kann uns nicht einfach in die Ecke abschieben, damit die Stadt schöner aussieht.“
Anwohner ärgern sich über Wildpinkler
Warum aber das unsägliche Benehmen, fragen sich Anwohner und Geschäftsleute. „Ich mache ständig die gesamte Straße sauber, weil überall Müll hingeworfen wird“, erzählt Leone Rosetta, Inhaberin der Pizzeria Salvatore auf der Christoph-Schlingensief-Straße. „Und viele haben keine Scham, sie urinieren einfach an die Kirchmauer, sogar während man an ihnen vorbeigeht“, sagt eine Anwohnerin. „Angst und Ekel“ empfinde man, wenn man mit dem Rollator durch „diese Schweinerei“ müsse, ergänzt Klaus-Dieter Grambau. Ein Bediensteter der Kirche sei sogar angegriffen worden, als er Einhalt gebieten wollte. Das Ordnungsamt habe auf Nachfrage aber lediglich an das Verständnis der Bewohner appelliert, sagt Grambau.
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Es ist nicht nur der Uringestank. Auch mit Blick auf den „störenden Geruch“ der vom November 2019 eröffneten Restaurant „Robins Bistro“ ausgehe, sei das Ordnungsamt nicht konsequent genug, urteilt Grambau. Zwar habe die Stadt das Bistro auf Druck der Anwohner bereits zweimal kontrolliert und Probleme in der Filteranlage festgestellt. „Der Geruch ist aber immer noch da, man kann ab der Mittagszeit die Fenster nicht mal mehr auf Kippe öffnen“, ärgert sich eine Bewohnerin.
Bistro-Inhaber: Trinker wüten auch bei mir
Von der Stadt heißt es dagegen: Seitdem die Lüftungsanlage repariert wurde, sei keine Geruchsbelästigung mehr festzustellen, sie entspreche nun „einem sehr hohen Standard.“ Khalil Kourou, Inhaber von „Robins Bistro“, behauptet zudem, der Geruch gehe auch von benachbarten Imbissen aus. „Für solche Sachen findet man aber immer eine Lösung“, sagt der gebürtige Syrer und gelernte Apotheker. Schwieriger sei es dagegen, das Saufgelage am Altmarkt zu stoppen.
„Wir sind alle nur Menschen, der Platz gehört uns allen“, sagt Kourou. Aber das Verhalten der Betrunkenen gehe zu weit. „Auch meine Gäste ekeln sich, wenn neben ihnen auf den Boden gespuckt wird“, sagt er. Sogar eine Menütafel sei bereits von einem Betrunkenen zerstört worden. Beschwerden bei der Verwaltung hätten bislang zu nichts geführt. Auch die Stadt hat bislang nicht auf eine WAZ-Anfrage zum Umgang mit der Trinkerszene geantwortet.
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Altmarkt-Dauergäste Rolf und Frank können den Ärger über das Verhalten „von dem einen oder anderen“ zwar verstehen. Gerade was das Wildpinkeln betrifft, sehen sie aber wenig Alternativen. „Wo sollen wir denn sonst hin, seitdem man uns das Scheißhaus hier am Markt weggenommen hat?“, macht Frank seinem Ärger Luft. „Ich kann ja nicht jedes Mal einen Euro bezahlen, wenn ich in eine Kneipe aufs Klo gehen will.“ – „Stinkreich“ sei er schließlich nicht.