Oberhausen. Das Friedensdorf Oberhausen finanziert sich zu einem großen Teil aus Spenden. Doch die brechen mit der Ausbreitung des Coronavirus' ein.

Das Coronavirus legt in Oberhausen nicht nur das öffentliche Leben lahm. In Zeiten der Sorgen und Ängste sinkt offenbar auch die Spendenbereitschaft. Mit dramatischen Folgen: Das Friedensdorf bangt um seine Existenz.

Die Spenden sind „merklich zurückgegangen“, sagt Sprecherin Claudia Peppmüller. Es gebe kaum noch Zahlungseingänge auf dem entsprechenden Konto. Und auch Sachspenden wie gut erhaltene Kleidung brechen ein. Laut einem Erlass sollen wegen der Corona-Krise zudem Geschäfte schließen, die nicht der Grundversorgung dienen. Davon betroffen sind auch die Shops des Friedensdorfes: zwei Interläden und Friedas Welt in Schmachtendorf. Die Einnahmen dieser Läden fallen also auch auf unbestimmte Zeit weg. Da sich die Geschäfte selbst finanzieren und laufende Kosten weiter bezahlt werden müssen, „können wir existentielle Probleme bekommen“, sagt Friedensdorf-Mitarbeiterin Sarah Beckmann.

Friedensdorf Oberhausen benötigt 5 Millionen Euro im Jahr

Knapp fünf Millionen Euro benötigt das Friedensdorf im Jahr, um den Betrieb aufrecht zu erhalten – um Mitarbeiter zu bezahlen, die Kinder im Dorf an der Rua Hiroshima in Oberhausen zu versorgen, Medikamente einzukaufen. Das Friedensdorf finanziert sich fast ausschließlich aus Spenden, „sie sind für uns überlebenswichtig“, sagt Claudia Peppmüller.

Der rapide Spendenrückgang hat das Friedensdorf ganz plötzlich getroffen. „Es gibt auch keine Anrufe von Menschen mehr, die ihre Geburtstags- oder Jubiläumsfeier nutzen, um Spenden für uns zu sammeln“, berichtet Peppmüller weiter. Solche Angebote habe es vor der Krise regelmäßig gegeben. Die Friedensdorf-Mitarbeiterin prophezeit: „Je länger die Krise andauert, desto härter wird sie uns treffen.“

Coronavirus bereitet den Menschen Sorgen

Vorwürfe macht das Team des Friedensdorfes den Menschen nicht. „Sie haben im Moment ganz andere Sorgen, das ist verständlich“, sagt Sarah Beckmann. Sie hofft aber auf Solidarität. „Man darf uns in der Krise nicht vergessen.“ Die Annahmestelle für Sachspenden bleibt an der Zentralstelle an der Lanterstraße in Dinslaken erhalten. „Um vor allem die älteren Spender nicht zu gefährden, holen wir im Moment aber nichts mehr von zu Hause ab“, schränkt Beckmann das Angebot ein.

Erheblich betroffen von der Corona-Krise sind auch die Hilfseinsätze des Friedensdorfes. Reisen nach Usbekistan und Kirgistan sind bereits abgesagt. Dort sollte ein Team eigentlich verletzte Kinder auswählen, die in Deutschland behandelt und im Friedensdorf betreut werden sollten. Hunderte Familien wollten vorstellig werden.

Einsatz in Mali gefährdet

Fraglich ist, ob ein geplanter Einsatz in Mali im Mai stattfinden kann. Rund 30 gesunde Kinder sollten im Mai nach Hause fliegen, 40 kranke oder verletzte Kinder sollten nach Oberhausen gebracht werden.

Die Versorgung der Kinder in Oberhausen ist nicht gefährdet, erklärt Claudia Peppmüller. Doch Einschränkungen gibt es selbstverständlich auch an der Rua Hiroshima. Es dürfen keine Besucher mehr ins Dorf. Es kommen keine Schulklassen oder andere Gruppen mehr, um mit den Kindern zu basteln oder zu spielen. Die Dorfrundgänge sind gestrichen. Ehrenamtliche, die zu den Risikogruppen gehören, können das Friedensdorf ebenfalls nicht mehr besuchen. Sämtliche Kurse und Gruppentreffen des Bildungswerkes sind ausgesetzt.

„Die Kinder im Friedensdorf merken natürlich, dass etwas nicht stimmt“, erzählt Claudia Peppmüller. „Wir erklären ihnen die Lage.“ Schocken ließen sich die Kinder indes nicht, „sie sind Krisensituationen gewohnt.“ Und sie gingen spielerisch, aber verantwortungsbewusst mit den Vorsichtsmaßnahmen um, waschen und desinfizieren sich die Hände regelmäßig. „Es sind und bleiben saufröhliche Kinder“, sagt Claudia Peppmüller.