Oberhausen. Für die Stoag ist Schwarzfahren längst kein Kavaliersdelikt mehr. Jährlich schlagen Kosten in Höhe von 700.000 Euro auf die Bilanz.

Es ist knapp fünf Jahre her, da wurden die Strafen für Schwarzfahrer in Bus und Bahn von 40 Euro auf 60 Euro angehoben. Doch das „erhöhte Beförderungsentgelt“ entfaltet nach Erfahrung des Oberhausener Nahverkehrsunternehmens Stoag keine abschreckende Wirkung.

Seit vielen Jahren verbucht die Stoag Einnahmenverluste zwischen 600.000 und 700.000 Euro pro Jahr, die allein durch diejenigen Fahrgäste verursacht werden, die ohne Ticket unterwegs sind.

„Im Jahr 2019 ist die Schwarzfahrerquote in Höhe von 1,54 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018 (1,52 Prozent) so gut wie konstant geblieben“, stellt Stoag-Vertriebsexpertin Stefanie Knück fest. Entsprechend seien auch die jährlichen Verluste in etwa gleich geblieben. Diese seien aber so hoch, dass der Betrieb davon jährlich etwa drei Busse anschaffen könne. Jährlich kontrolliert die Stoag stetig etwa rund eine Million Fahrgäste. Zum Vergleich: 34,5 Millionen Menschen waren 2018 mit den grün-gelben Bussen und Bahnen im Stadtgebiet unterwegs.

Stoag: Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt

Auch interessant

Im Gegensatz zu Essen (2,7 Prozent), Mülheim (2,9 Prozent) und Duisburg (3,1 Prozent in 2017) verzeichnet Oberhausen eine vergleichsweise geringe Schwarzfahrer-Quote. Den beiden größeren Nahverkehrsbetrieben in den Nachbarstädten schlagen Schwarzfahrer noch deutlicher auf die Bilanz: Der Ruhrbahn entstand 2019 ein Schaden von 6,8 Millionen Euro. Bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) sind es Beträge in Höhe von etwa fünf Millionen Euro, die in der Kasse fehlen. Deshalb verschärft die DVG in diesem Jahr auch die Kontrollen in ihren Fahrzeugen.

Die Stoag zieht trotz hoher sechsstelliger Einnahmeausfälle eine andere Konsequenz: „Die Kontrollen sind bei gleichbleibender Beanstandungsquote aus unserer Sicht ausreichend“, meint Stefanie Knück. Aus diesem Grund wolle man diese 2020 nicht intensivieren. Bei Auffälligkeiten behalte sich die Stoag aber zusätzliche stichprobenartige Kontrollen auf einzelnen Abschnitten und Strecken vor. In der Regel fänden auch Schwerpunktkontrollen mit der Polizei statt.

Auch interessant

Für die Stoag ist Schwarzfahren kein Kavaliersdelikt, sondern, wie es die Gesetze vorsehen, eine Straftat. Diese Einstufung soll nach Ansicht der Nahverkehrsbetriebe im Ruhrgebiet auch so bleiben: „Schwarzfahren bleibt die Erschleichung einer Dienstleistung, die gleichzusetzen ist mit einem Diebstahl“, betont Ruhrbahn-Sprecherin Sylvia Neumann.

Ruhrbahn macht Schwarzfahrern ein pfiffiges Angebot

Schwarzfahrern droht Gefängnisstrafe

Laut Paragraf 265 a Strafgesetzbuch gilt Schwarzfahren in Bus und Bahn als Beförderungserschleichung und steht unter Strafe. Es droht danach sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.

Wenn der erwischte Schwarzfahrer die Kosten des „erhöhten Beförderungsentgelts“ nicht bezahlt, kann eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden.

Der Vorschlag, Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit einzustufen, wird unter den Justizministern der Länder kontrovers diskutiert. Auch der Deutsche Richterbund stellt den Straftatbestand infrage. Polizei und Justiz könnten dadurch entlastet werden, lautet ein gängiges Argument.

Kaum zwei Jahre ist es her, da hatte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) noch mit seinem Vorschlag für Aufsehen gesorgt, Schwarzfahren nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Der Bearbeitungsaufwand für Polizei und Justiz sei zu groß. Die Verkehrsbetriebe wehrten sich aber vehement gegen eine Bagatellisierung des Fahrens ohne Ticket. Zuletzt hatte im September 2019 der Bundesrat eine solche Initiative des Landes Thüringen beraten – bislang ohne Konsequenz.

Bis die Stoag eine Person ohne Ticket bei der Polizei anzeigt, muss diese mehrfach ohne gültigen Fahrschein erwischt worden sein. Es trifft also vor allem die Wiederholungstäter. Für Abonnenten, die mal ihren Fahrschein vergessen haben, wird das „erhöhte Beförderungsentgelt“ von 60 Euro ohnehin nicht fällig. Für sie bleibt zur Strafe der Gang in eines der Kundencenter und eine nachträgliche Gebühr in Höhe von sieben Euro.

Auch interessant

Die Ruhrbahn hat diesbezüglich eine pfiffige Idee und macht bei Kontrollen auffällig gewordenen Fahrgästen ein Spezialangebot: Beim Kauf eines Monatstickets oder beim Abschluss eines Abonnements wird einmalig auf die Geldstrafe verzichtet. Das scheint zu funktionieren: 2018 nahmen laut Ruhrbahn 4180 Menschen diesen Rabatt in Anspruch.