Oberhausen. Nach Jahren erfährt der Oberhausener Bernd Schwenzfeier wieder Wertschätzung. Sechs Jahre war er ohne Job, profitiert nun von einem neuen Gesetz.

Sechs Jahre lang war Bernd Schwenzfeier arbeitslos. Sechs Jahre ohne Aufgabe, ohne Perspektive, ohne finanzielles Polster. Nach seiner Ausbildung zum Buchhändler hat er Jahr für Jahr etliche Bewerbungen geschrieben, an potenzielle Arbeitgeber in ganz NRW. Auf die meisten kam nicht einmal eine Absage. Er hat Jobs im Call-Center angenommen und als Lagerarbeiter. Doch auf lange Sicht boten sich auch dort keine Perspektiven. Nun steht Bernd Schwenzfeier vor einem Neuanfang.

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Möglich macht dies das sogenannte Teilhabechancengesetz der Bundesregierung: Arbeitgeber, die einen langzeitarbeitslosen Menschen einstellen, bekommen die Lohnkosten zwei Jahre lang vollständig erstattet. In den drei Folgejahren sinkt der Zuschuss um jeweils zehn Prozent, belaufen sich die Kosten für den Arbeitgeber also immer noch auf einen Bruchteil dessen, was er regulär an Lohn zahlen müsste.

Gefühl der Wertschätzung

Nicht einmal 200 neue Arbeitsplätze sind dadurch allerdings im vergangenen Jahr in Oberhausen zustande gekommen. Erhofft hatten sich alle Beteiligten deutlich mehr. Das Jobcenter rührt daher kontinuierlich die Werbetrommel und wirbt mit positiven Beispielen, mit Vorzeige-Arbeitsverhältnissen wie dem von Bernd Schwenzfeier und seinem neuen Chef Patric Eickmeier.

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Eickmeier ist Geschäftsführer der HP Unternehmensgruppe – einem Spezialisten für Gebäudereinigung in Oberhausen mit insgesamt rund 300 Mitarbeitern. Er gibt durchaus zu, anfangs skeptisch gewesen zu sein, eine Arbeitskraft einzustellen, die so lange ohne Job war. Doch das Wagnis habe sich gelohnt: Mit der Arbeit von Bernd Schwenzfeier ist er zufrieden. Und auf der anderen Seite: „Ich fühle mich hier gut aufgenommen und wertgeschätzt“, sagt Schwenzfeier.

Gelernter Buchhändler

Ein gelernter Buchhändler in einer Firma für Gebäudereinigung: Passt das? „Ja, sehr gut sogar“, sagt Bernd Schwenzfeier. „Ein Buchhändler denkt kaufmännisch und hat ein großes Talent, Dinge zu ordnen.“ Und diese Eigenschaften könne er nun nutzen: Er kümmert sich bei HP um die Bestellungen und die Ablage. Er macht Telefondienste und betreut das Archiv. Natürlich habe er in der Branche keine Erfahrung. „Aber man kann sich gut einarbeiten und wächst mit seinen Aufgaben.“

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Das entspreche auch dem Motto des Jobcenters: „Jeder kann ‘was“, sagt Geschäftsführer Uwe Weinand. Jeder habe ein Talent. Aufgabe des Jobcenters sei es, die Talente mit den passenden Jobs zusammenzubringen. Und das habe für seinen Betrieb funktioniert, sagt Patric Eickmeier. „Wir haben Bernd in unsere kleine Familie aufgenommen, er ist hier sehr willkommen.“ Hauptsächlich sorge er dafür, das übrige Team zu entlasten. „So ein Archiv pflegt sich nicht von selbst.“ Früher hätten die Mitarbeiter dies nebenbei erledigen müssen – so gut es eben ging. Von dieser Belastung seien sie nun befreit.

Entlastung für Fachkräfte

So sieht es das Jobprogramm für Langzeitarbeitslose vor. Denn nicht jeder der Betroffenen kann wie Bernd Schwenzfeier eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen. Viele sind ungelernt ohne höheren Schulabschluss. Sie übernehmen in der Regel Helfertätigkeiten, kümmern sich um Gärten und kleinere Reparaturen in Kitas, pflegen in Betrieben Kontaktlisten oder vergeben und koordinieren Termine. Ausgebildete Fachkräfte werden dadurch entlastet.

Zuschüsse von bis zu 100 Prozent

Der soziale Arbeitsmarkt bietet zwei Fördervarianten, abhängig von der Dauer der Langzeitarbeitslosigkeit. Für neue Mitarbeiter, die mindestens zwei Jahre arbeitslos waren, erhalten Arbeitgeber zwei Jahre lang einen Lohnkostenzuschuss von 75 Prozent im ersten und 50 Prozent im zweiten Jahr.

Für Arbeitslose, die in den vergangenen sieben Jahren sechs Jahre lang Hartz-IV-Leistungen bezogen haben, bekommen Arbeitgeber fünf Jahre lang Unterstützung: 100 Prozent der Tarif-Lohnkosten in den ersten beiden Jahren, in den Folgejahren dann 90, 80 und schließlich 70 Prozent der Lohnkosten. Nähere Infos: 0208-62 13 41 92.

Voraussetzung fürs Gelingen sei Offenheit, sagt Jobcenter-Geschäftsführer Uwe Weinand. Offenheit der Arbeitgeber, den Menschen eine ehrliche Chance zu geben. Und Offenheit der Arbeitslosen für neue Aufgaben. „Bei uns war das überhaupt kein Problem“, sagt Patric Eickmeier. Er und sein neuer Mitarbeiter Bernd Schwenzfeier „reden auf Augenhöhe miteinander“. Und ein Versprechen haben sie sich gegeben: Der Chef gibt sofort Bescheid, wenn was nicht gut läuft. Und Schwenzfeier gesteht, wenn sich der Job doch noch als für ihn ungeeignet entpuppen sollte.

„Das wird aber nicht passieren“, ist sich Bernd Schwenzfeier sicher. „Ich mache das hier für mich, für niemanden sonst. Ich verdiene mein eigenes Geld und bin nicht mehr auf Unterstützung angewiesen.“ Er sei dankbar für die Unterstützung und meine es daher überhaupt nicht böse, „aber mit dem Jobcenter möchte ich nichts mehr zu tun haben“.