Oberhausen. Jahrelang hat Oberhausen verlangt, dass der Bund Geld spendiert für staatlich finanzierte neue Jobs für Langzeitarbeitslose. Doch das stockt.
Die Zahl der Beschäftigten ist in Oberhausen in den vergangenen zehn Jahren zwar kräftig gestiegen (plus 14 Prozent auf über 66.300), doch Langzeitarbeitslose haben nur unterdurchschnittlich profitiert. Deren Anteil an allen Arbeitslosen zählt nach Angaben der Bundesarbeitsagentur in Oberhausen immer noch zu den höchsten im Ruhrgebiet.
„Uns gelingt nicht sehr gut, Menschen aus ihrer Langzeitarbeitslosigkeit herauszuholen, wenn sie bereits länger gedauert hat“, konstatiert Jobcenter-Geschäftsführer Uwe Weinand. Seine Teams kümmern sich um vier von fünf der derzeit 10.785 Oberhausener Arbeitslosen (79,7 Prozent). Gut 5300 von ihnen werden als echte Langzeitarbeitslose identifiziert.
Um so dringender erscheint, dass Oberhausen beherzt die Gelder für den neuen staatlich bezahlten Arbeitsmarkt ausgibt. Jahrelang hatte gerade auch Oberhausen gefordert, dass für Langzeitarbeitslose mit miesen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt öffentlich bezahlte Beschäftigungen eingerichtet werden – etwa Helfer-Arbeit. Die Theorie dahinter: Es gibt in Betrieben und auf öffentlichem Gelände zwar genug Arbeit, sie lässt sich unter den heutigen Marktbedingungen aber nicht refinanzieren.
Doch von 600 möglichen finanzierbaren Jobs in Oberhausen, bei denen der Lohn fast vollständig vom Staat übernommen wird, sind zum Jahresende 2019 erst 190 Arbeitsplätze geschaffen – ein Jahr nach Inkrafttreten des Teilhabechancengesetzes. Dabei bietet das neue Regelinstrument der Jobcenter Langzeitarbeitslosen die Chance einer regulären Beschäftigung von bis zu fünf Jahren.
Oberhausen hinkt im Ruhrgebietsvergleich hinterher
„Das Programm ist super, doch wir liegen in Oberhausen im Ruhrgebiets-Vergleich weit hinten. Das ist nicht akzeptabel“, kritisiert der Oberhausener Arbeitsagentur-Chef Jürgen Koch. Das Handwerk habe wenigstens zugesagt, hundert Stellen zu schaffen. „Der Rest der Wirtschaft schweigt.“ Weinand: „Ich schaue voller Neid auf Dortmund, wo es einen echten Schulterschluss der Wirtschaft mit der Stadt gibt.“ SPD-Landtagsabgeordneter Stefan Zimkeit findet ebenfalls: „Das dauert hier alles zu lange. Oberhausen ist nicht kreativ genug, andere Jobcenter machen mehr. Solch eine Chance darf sich unsere Stadt nicht entgehen lassen.“
Das neue Teilhabenchancengesetz
Das seit 2019 geltende Teilhabechancengesetz sieht dauerhaft zwei neue Förderungen für Langzeitarbeitslose vor. Zum einen werden für Arbeitslose Jobs in Unternehmen und bei der öffentlichen Hand fünf Jahre lang bezuschusst: In den ersten zwei Jahren gibt es 100 Prozent des Tariflohns, danach sinkt er jährlich um zehn Prozent (§16e SGB II).
Zum anderen werden Jobs in Unternehmen für Arbeitslose gefördert, die mehr als zwei Jahre arbeitslos waren. Hier bezuschusst der Staat zwei Jahre den Lohn: 75 Prozent im ersten Jahr, danach 50 Prozent (§16i SGB II). Bei beiden Förderungen unterstützen „Coaches“ die Ex-Langzeitarbeitslosen.
Das Jobcenter sucht interessierte Arbeitgebe r: entweder eine Mail senden an oder anrufen unter 0208-62134192. Alle Kontakte: jobcenter-oberhausen.de/sozialer-arbeitsmarkt.html
Auf Druck der SPD hatte der Rat im Frühjahr 2019 beschlossen, 100 Stellen in der Kernverwaltung und bei Stadttöchtern zu schaffen – doch fast nichts geschah. Auf der Suche nach den Ursachen des zähen Starts stößt man auf ein Bündel an Gründen und befindet sich schnell in einem Schwarze-Peter-Spiel: Mal sollen die Betriebe durch ihre Kammern zu schlecht informiert worden sein, mal fehlt es angeblich an gemeinsamem Tatendrang von Wirtschaft und Stadt, mal bastelt das Rathaus zu lange an Stellenbeschreibungen herum, mal wussten Kindergärten nicht so recht, wobei die Ex-Arbeitslosen so helfen sollen.
Und dann hat auch noch die Stadttochter OGM 50 Helfer-Stellen für Friedhöfe und Grünpflege zugesagt, aber diese nicht geliefert, weil die Übernahme der anfallenden Extra-Kosten im komplizierten OGM-Rekommunalisierungsverfahren von bis zu 700.000 Euro nicht geklärt ist.
Jobcenter: Wir besetzen gemeldete Stellen schnell
Und hat das Jobcenter selbst Fehler gemacht? Geschäftsführer Weinand verneint diese Frage, weil für ihn Sorgfalt bei der Suche nach passenden Langzeitarbeitslosen und Betrieben vor Schnelligkeit geht, damit am Ende nicht viele ihren Job wieder quittieren. Und weil das Jobcenter es schaffe, gemeldete Jobs schnell zu besetzen. Die Stadtverwaltung habe aber eben nur etwas mehr als eine Handvoll Stellen geschaffen – „hier ist der Flaschenhals“.
So freut sich Weinand über eine extrem niedrige Abbrecherquote von vier Prozent – und dass über 80 Prozent der Jobs in der Privatwirtschaft entstanden sind. Koch wirbt: „Jeder mittelständische Betrieb kann einen Langzeitarbeitslosen für Helfertätigkeiten gut gebrauchen, weil so Fachkräfte für ihre eigentliche Aufgabe frei werden.“
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In diesem Jahr, im zweiten Jahr des Teilhabechancengesetzes, soll alles besser werden – zumal noch kein Fördergeld verloren ist. Der neue Sozialdezernent Frank Motschull verspricht, sich im eigenen Haus zu kümmern: „Jahrelang haben wir nach so einem Gesetz geschrien, nun erwarte ich bei der Umsetzung mehr Flexibilität von der eigenen Verwaltung.“ Weinand ist überzeugt: „Bis Ende dieses Jahres schaffen wir die 600 geförderten Stellen.“
Das könnte durchaus schneller klappen: Der neue Personaldezernent Michael Jehn ist überzeugt, dass der Knoten schon geplatzt ist: 46 Stellen werden bei den Stadttöchtern installiert, 20 bei der OGM und 24 Helfer-Jobs von Registratur bis Buchregal-Säuberungsdiensten bei der Kernverwaltung der Stadt.