Oberhausen. Rund um die Buchhandlung an der Elsässer Straße wird es immer ruhiger: Weitere Inhaber schließen ihre Geschäfte, andere kürzen Öffnungszeiten.
Mit 66 Jahren startet Ulrich Blohm in ein neues Berufsleben. Der studierte Lehrer für Mathematik und Geografie unterrichtet wieder: für die Volkshochschule und die Akademie für Pflegeberufe. Die Buchhandlung Blohm schließt zum 31. Januar – nach 32 Jahren an vier verschiedenen Standorten.
Oft sind’s vermeintliche Kleinigkeiten, die einen Geschäftsinhaber aufgeben lassen. Bei der Buchhandlung an der Elsässer Straße 33 ging’s um fünf Wochenstunden, um „ein oder zwei Nachmittage“, die der Buchhändler nicht alleine im 200 Quadratmeter großen Laden stehen müsste. „Für meine Mitarbeiterin war es zu wenig“, bedauert Blohm, „und Ersatz habe ich nicht gefunden“. Optimistisch war er erst 2018 aus dem ehemaligen Hutgeschäft Bircks an der Marktstraße umgezogen.
Doch dann wurde es immer ruhiger an der Elsässer Straße, die der 66-Jährige als „nett und klein, das Herz der Innenstadt“ in Erinnerung hat. Aus Altersgründen verabschieden sich auch die Apotheker und das Wäschegeschäft Färber, andere Geschäfte wie „Ars Vivendi“ verkürzen die Öffnungszeiten. Vor 17 Jahren, bevor Ulrich Blohm mit seiner Buchhandlung aus der Elsässer ins Bero-Center umzog, war der Umsatz noch auskömmlich für je zwei Vollzeit- und Teilzeitkräfte sowie eine Auszubildende. Alleine im Laden erziele er heute nur noch ein Sechstel des damaligen Umsatzes.
„Wir vermitteln ja Wissen“, sagt Ulrich Blohm über seinen Beruf. Doch gerade bei der Fach-, Sach- und Ratgeber-Literatur sei der Einbruch dramatisch. Die Tipps, die einst Bücher zu jedem Wissens-, Hobby- oder Sport-Thema lieferten, kommen heute aus Online-Tutorials. „Dieser Markt ist weggebrochen“, sagt Blohm. „Und es gibt auch kein gedrucktes Lexikon mehr.“
In den Stadtteilen sieht er durchaus noch Chancen für den inhabergeführten Buchhandel – doch die „klassische Innenstadt-Buchhandlung“, wie er sagt, könnte zur Rarität werden. „Es ist schade, dass man so das Erlebnis des Einkaufens vor Ort nicht aufrechterhalten kann.“ Enttäuscht sind nun nicht nur Stammkunden, die Blohm durchaus aus dem Bero-Center „mitgenommen“ hat. Auch für die kleine Galerie, ein paar Treppenstufen hoch in dem großen Ladenlokal, hörte er immer wieder Kunden-Lob. Jetzt müssen auch Künstler, die sich bereits 2020er Termine gesichert hatten, neue Ausstellungsorte finden.
Schnäppchen bis zum 31. Januar
Wie in so mancher Buchhandlung gibt’s bei Blohm nicht nur preisgebundene Bücher, sondern auch Literatur-Verwandtes von Kalendern bis zu Geschenkartikeln.
Für die letzten beiden Wochen der Buchhandlung kündigt Ulrich Blohm einen „Schnäppchenmarkt“ an, verbunden mit einem herzlichen Dank an seine treuen Kunden: „Es war eine schöne Zeit!“
„Die Verbindung mit der Galerie hätte es schön abgerundet“, meint Blohm sichtlich geknickt. Als Jüngerer wäre er gerne in seinem seit 42 Buchhändler-Jahren vertrauten Metier geblieben: „Dann hätte ich einen neuen Anlauf versucht.“ An Regelschulen hatte der gelernte Lehrer nie unterrichtet – nur als Buchhändler gerne 14 Grundschulen beliefert. „Aber ich bin nicht der Typ, um mich jetzt zur Ruhe zu setzen.“ Im neuen Dozenten-Job hat der 66-Jährige bereits angefangen und sofort erkannt: „Das macht mir super Spaß, ich brauche Menschen um mich.“ Die Elsässer Straße war ihm zu ruhig geworden.