Riesenandrang und kontroverse Debatte beim Stadtgespräch zu Aussichten an der Marktstraße. Gibt’s noch Hoffnung? Was bringt der „Brückenschlag“?

Buchhändler Ulrich Blohm von der Elsässer Straße war im Publikum ebenso präsent wie etwa Ursula Lausberg vom Spielzeug-Fachgeschäft an der Langemarkstraße – diese beiden Beispiele zeigen: Das Stadtgespräch von WAZ, VHS sowie Arbeit und Leben hat das rege Interesse von Geschäftsleuten und Anwohnern nicht nur von der Marktstraße, sondern aus der gesamten Innenstadt geweckt.

Über zwei Stunden diskutierten Vertreter aus Politik, Stadtverwaltung und Geschäftsleben mit dem Publikum, das beharrlich Fragen stellte und sich mit eigenen Positionen in die Diskussion einbrachte. WAZ-Lokalchef Peter Szymaniak moderierte eine sehr kontrovers geführte und facettenreiche Debatte.

„Wir brauchen kein neues Papier“

„Kriegt die Marktstraße die Kurve?“ So war das Stadtgespräch überschrieben. Vor allem die Statements der beiden Verwaltungsspitzen auf dem Podium, Planungsdezernentin Sabine Lauxen und Strategie-Dezernent Ralf Güldenzopf, setzen eher optimistische Akzente. „Wir müssen endlich ins Handeln kommen“, appellierte Güldenzopf immer wieder mit Blick auf die Krise der Alt-Oberhausener Einkaufs-Achse. „Wir brauchen nicht noch ein neues Papier, sondern konkrete Verbesserungen.“

Es gelte, spannende Einkaufserlebnisse zu kreieren, neue Kundenbindung zu entwickeln und attraktive Ankerpunkte zu schaffen. Auch das Thema Wohnen dürfe man nicht unberücksichtigt lassen. Mit modernen Wohnangeboten in der Stadtmitte könne man hier für neue Käuferschichten sorgen. Mit dem „Brückenschlag“-Projekt, mit Jobcenter und neuem Hotel gebe es gute Ansätze zur Besserung.

Ralf Güldenzopf beim Stadtgespräch.
Ralf Güldenzopf beim Stadtgespräch. © Wojtyczka

City-Manager Michael Grundmann ergänzte diese Aussagen mit weiteren fachlichen Details: Oberhausen weise eine sehr hohe Zentralität (Kennziffer: 150 im Vergleich zum Städtedurchschnitt von 100) auf und locke mit der Neuen Mitte jährlich 23 Millionen Gäste und Touristen in die Stadt. Es gelte, diese immense Ausstrahlung künftig für die Innenstadt zu nutzen und Besucherströme auch hierher zu lenken.

Doch die Zukunft der Marktstraße bleibe auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Online-Handels eine Herausforderung. Grundmann: „Für den inhabergeführten Einzelhandel werden die Zeiten viel, viel schwerer.“

Intensive Debatte um „Brückenschlag“-Förderung

Was bringt der „Brückenschlag“ tatsächlich? Immer wieder drehte sich die Debatte um diesen speziellen Punkt. 40 Millionen Euro sollen ja alles in allem in das Stadterneuerungsprojekt fließen, doch wie viel davon geht in die Kern-Innenstadt und an die Marktstraße?

Planungsdezernentin Sabine Lauxen nannte einen Betrag von sechs Euro Millionen Euro, von denen die Marktstraße und ihr Umfeld konkret profitieren werden. „Wenn wir diese sechs Millionen Euro für die richtigen Maßnahmen einsetzen, bringt das einen echten Schub nach vorn.“

Axel Schmiemann zählte ebenfalls zu den Gästen auf dem Podium.
Axel Schmiemann zählte ebenfalls zu den Gästen auf dem Podium. © Christoph Wojtyczka

Axel Schmiemann, Vorsitzender des Vereins CityO-Managemnt, in dem 50 Kaufleute der City organisiert sind, blieb bei seiner Kritik, dass es an einem langfristigen Plan für die Einkaufs-Achse fehle: „Wir benötigen eine parteiübergreifende Strategie für die nächsten Jahrzehnte!“ 30 Jahre sei es an der Marktstraße nach unten gegangen; es werde ebenso lange dauern, bis sich die Lage wirklich bessere.

Versperrte Ladeneingänge, zu viel Müll und Lärm

Im Verlauf des zweistündigen Stadtgesprächs ging es immer wieder auch ums Detail: So bemängelte Buchhändler Ulrich Blohm, der erst in diesem Herbst von der Marktstraße in ein größeres Ladenlokal an der Elsässer Straße umgezogen ist, dass beim jüngsten City-Fest die Eingänge und Schaufenster mehrerer Geschäfte, darunter auch sein Ladenlokal, von Buden und Aufbauten versperrt worden seien. Das könne nicht im Sinne der Geschäftsleute sein.

120 Bürgerinnen und Bürger diskutierten engagiert mit beim WAZ-Stadtgespräch im Bert-Brecht-Haus.
120 Bürgerinnen und Bürger diskutierten engagiert mit beim WAZ-Stadtgespräch im Bert-Brecht-Haus. © Christoph Wojtyczka

Dezernentin Sabine Lauxen versprach: „Wir werden diesen Punkt mit dem Veranstaltungsmanagement besprechen, um so etwas künftig zu verhindern.“

Ursula Lausberg vom Spielzeug-Fachgeschäft an der Langemarkstraße bemängelte die großen Mengen wilden Mülls auf den Bürgersteigen und Straßen der Innenstadt: „Ich habe täglich den Besen in der Hand und beseitige diesen Unrat.“ Ihr Appell an die City-Geschäftsleute: „Jeder hat doch mal Zeit, den Bereich vor seinem Geschäft zu fegen.“

Eine Anwohnerin der oberen Marktstraße kritisierte den massiven spätabendlichen Lärm auf dem dortigen Spielplatz – ein Problem, das ja immer wieder benannt wird. Sie hat kaum noch Hoffnung, dass das Ordnungsamt hier eine Besserung herbeiführen wird.

„Untere Marktstraße nicht vergessen!“

Ein Anwohner der unteren Marktstraße rief verärgert in den Saal: „Der untere Abschnitt der Marktstraße wird auch bei dieser Diskussion mal wieder völlig vergessen.“ Jede Marktstraßen-Debatte ende sozusagen in Höhe der Herz-Jesu-Kirche, meinte der Mann, der alle Verantwortlichen aufforderte, sich endlich auch um diesen Teil zu kümmern.

Eine Reihe von Diskussions-Teilnehmern forderte, mehr junge Leute, etwa Studenten, für das Wohnen in der Oberhausener Innenstadt zu gewinnen. So lange Oberhausen keinen eigenen Hochschul-Standort habe, könne man zum Beispiel versuchen, Studenten der Uni Duisburg-Essen in der Oberhausener Stadtmitte günstigen und attraktiven Wohnraum zu bieten.