Oberhausen. Seit der IBA-Ausstellung vor 25 Jahren zur Industriegeschichte des Reviers präsentierte die 117-Meter-Tonne 16 spektakuläre Ausstellungen.
Im Kunstbetrieb sprechen Kuratoren ja gerne vom „White Cube“, wenn vom perfekten Ausstellungsraum die Rede sein soll. Nun, der Gasometer ist so ziemlich das Gegenteil eines „weißen Würfels“: dunkel, rund, mit 117, 5 Metern sehr hoch – und noch dazu nicht klimatisierbar. Ein unmöglicher Ausstellungsort – sollte man meinen. Doch Oberhausens Gasometer GmbH beweist seit nun 25 Jahren das Gegenteil. Und das wird am Wochenende gebührend gefeiert.
„Feuer und Flamme“ steht ja als Redensart für lodernde Begeisterung. Als erste von 16 Ausstellungen in 25 Jahren war „Feuer und Flamme“ ein Kind der IBA Emscherpark und damit ihres Vordenkers Karl Ganser. Der schwäbische Stadtplaner und Retter der Industriekultur im Revier hat sich, eine Woche vor seinem 82. Geburtstag, fürs Jubiläumsfest in Oberhausen angekündigt. Die Finanzmittel und Manpower der Internationalen Bauausstellung machten es anfangs der 1990er überhaupt möglich, die leerstehende Gichtgastonne in einen fürs Publikum erlebbaren Raum zu verwandeln.
„Der Gasometer ist nicht verbaut worden!“
Und Jeanette Schmitz, die Chefin der Gasometer GmbH seit noch nicht ganz 25 Jahren, ist dankbar, wie „total behutsam“ diese Umrüstung geschehen ist: „Der Gasometer ist nicht verbaut worden!“ Allerdings mussten Ausstellungsmacher erst lernen, diesen „unmöglichen“ Raum zu bespielen. Und das Publikum musste erst erfahren, welch spektakuläre Eindrücke der Gasometer im Inneren – und natürlich auf seinem Dach in 117,5 Metern Höhe – bieten kann. Bei „Feuer und Flamme“ 1994/95 lässt sich das Schwinden der Skepsis am langsamen Schwung der Besucherzahl ablesen: Die Schau zur Industriegeschichte des Reviers zog erst im letzten Monat der 1994er Saison nachdrücklich Publikum. Dann kam die damals noch übliche Winterpause – und mit dem zweiten Jahr wurden es 480.000 Besucher.
Nach und nach, resümiert Jeanette Schmitz, „haben sich die Kuratoren in diesen Riesenraum hereingetastet“. Die Fernsehausstellung „Der Traum vom Sehen“ hatte 1997/98 zwar erstmals die halbe Besuchermillion übertroffen. Ihre Machart war allerdings noch „Old School“: der runde Raum parzelliert durch allzu viele Stellwände. Da waren Christo und Jeanne-Claude im Jahr darauf konsequenter: „The Wall“ mit ihren 13.000 bunten Ölfässern teilte das „Mega-Fass“ Gasometer komplett. Eine freundliche Hommage für die Ausstellungstonne.
Die Manege war ein See mit feinem Eisfilm
Nach Besucherzahlen war „Blaues Gold“ 2001/’02 nur ein mittlerer Erfolg. Doch gerade das Scheitern des Künstlers und Architekten Ian Ritchie sorgte für die Wende zum Ganzjahresbetrieb im Gasometer: Der Brite wollte eine gewaltige Eisskulptur in die Tonne stellen – was nur zu immensen Kosten machbar gewesen wäre. Aus Eis wurde Wasser mit 7000 Litern im permanenten Umlauf eines Indoor-Wasserfalls. Wegen der Verzögerungen blieb nur, die Schau auch im Winter zu öffnen. „Die ganze Manege war ein See“, erinnert sich Jeanette Schmitz, „mit einem ganz feinen Eisfilm“. Die Aus der Not geborene Idee nennt die Gasometer-Chefin heute „einen Glücksfall“.
Noch eisiger – im übertragenen Sinn – wurde es erst wieder mit dem gigantischen „Whiteout“ von Christos „Big Air Package“: Sein großes Schneeweiß umhüllte 177.000 Kubikmeter Gasometer-Raum. Wäre Kunst eine Rekordjagd, müsste dafür ein Titelgewinn her. Doch der ungleich kleinere Ballon unseres blauen Planeten, schwebend über der Manege, faszinierte 2016/’17 mehr als dreimal so viele Besucher: „Wunder der Natur“ avancierte zur ersten Millionen-Ausstellung der Gasometer-Geschichte.
Erfolgs-Kurator hinterließ ein letztes Konzept
Seit der Satellitenbilder-Schau „Das Auge des Himmels“ hatte Peter Pachnicke für die Gasometer GmbH kuratiert. Der Dresdner Kunstprofessor starb Anfang des Jahres mit 76. Doch für den Neustart nach einem Jahr der dringend gebotenen Sanierung 2020 hat er das Konzept einer weiteren Ausstellung hinterlassen. Wer dann anstelle des Berges ruft – das hält Gasometer-Chefin Jeanette Schmitz streng geheim.