Ruhrgebiet. Die Gewerkschaft Verdi prangert den Sparkurs beim Drogerie-Discounter Schlecker an. Dieser will seinen Mitarbeitern keine Überstunden mehr bezahlen. Stattdessen sollen Leiharbeiter die Mehrarbeit machen.

Der Drogerie-Discounter Schlecker zahlt seinen rund 35 000 Beschäftigten nach Betriebsrats-Angaben keine Überstunden mehr. Stattdessen würden ab August Leiharbeiterinnen die anfallende Mehrarbeit leisten. „Hier geht es um den Ausstieg aus dem Tarif”, sagt Verdi-Sprecher Reiner Kajewski.

Betriebsräte und Gewerkschaft befürchten, dass sich der schleichende Personalabbau drastisch auswirkt: Nachdem im Jahr 2008 mehr als 500 Filialen geschlossen wurden, geht Verdi für die nächsten Jahre von möglichen weiteren 400 Schließungen und potenziell 12 000 gefährdeten Mit-arbeiterinnen aus – und zwar an jenen Standorten, an denen Schlecker „XL”-Märkte eröffnet. Schlecker ist nach Gewerkschaftsangaben der größte Drogerie-Discounter mit 10 000 Verkaufsstellen in Deutschland. Weil die Konkurrenten „dm” und „Rossmann” deutlich zulegten, gerate Schlecker unter Druck.

Arbeiten für den Lohn eines Berufsanfängers

„Die müssen sparen”, sagt Gewerkschaftssekretär Kajewski. Er versucht Licht in die aktuelle Taktik des Unternehmens zu bringen: „Würden die offiziell erklären, die alten Märkte zugunsten der XL-Märkte zu schließen, wäre das eine Betriebsänderung.” Diese erfordere allerdings einen Interessenausgleich und einen teuren Sozialplan.

Weil die XL-Märkte eine andere Rechtsform als die Schlecker-Verkaufsstellen hätten, könne die Stammbelegschaft nicht ihren Arbeitsplatz tauschen, sagt Kajewski. „Das ist auch gar nicht gewollt.” Die Arbeitsverträge für die XL-Märkte seien befristet. Eine Schlecker-Betriebsrätin sagt, die Frauen arbeiteten zu einem Lohn, der trotz jahrelangen Arbeitens für Schlecker, dem eines Berufsanfängers entspreche. „Da können wir uns bewerben. Wenn wir bereit sind, befristet zu sein und deutlich weniger zu verdienen. Also für 6,50 Euro.”

Befristete Arbeitsverträge und die Inanspruchnahme von Personaldienstleistern seien normal

Laut Verdi rekrutiert der Discounter seine neuen Mitarbeiterinnen bei der Leiharbeitsfirma „Meniar”. Hier halte ein Ex-Schlecker-Geschäftsführer die Fäden in der Hand. Alle Bewerbungen für XL-Märkte liefen über diese Firma, die Mitglied im Arbeitgeberverband der Personalleaser sei. Die habe eine Tarifvertrag mit der CGZP abgeschlossen, jenem Teil des Christlichen Gewerkschaftsbundes also, der vom Berliner Arbeitsgericht als nicht tariffähig eingestuft wurde. „Daher die Dumpinglöhne”, sagt Achim Neumann, Verdi-Unternehmensbetreuer.

Das Unternehmen Anton Schlecker sprach von einer Desinformationskampagne der Gewerkschaft. Die XL-Märkte seien ein ergänzendes, kein ersetzendes Angebot. Befristete Arbeitsverträge und die Inanspruchnahme von Personaldienstleistern seien normal. Die Stundenlöhne bewegten sich zwischen 6,78 und 13 Euro. Ob Schlecker mit Meniar eine eigene Leiharbeitsfirma gegründet habe, wurde nicht beantwortet.

Verdi, so erklärt Achim Neumann, berufe sich auf verlässliche Quellen. Man habe ein aktives Netzwerk von Betriebsräten und Mitarbeitern.