Oberhausen. Seit 140 Jahren thront die „Victoria“ hoch über dem Altmarkt. Die Säule erinnert an die Schlacht bei Sedan und die Kriege mit Dänemark und Österreich
- Die Darstellung der römischen Siegesgöttin wurde am 2. September 1876 enthüllt
- Schon 1873 war für die Gefallenen ein „Krieger-Denkmal“ errichtet worden, eine „Germania“
- Seit langem spricht man in Oberhausen lieber vom „Friedensengel“ als vom Kriegerdenkmal
Friedrich August Theodor Schwartz, erster Bürgermeister der Gemeinde und Stadt Oberhausen, führte für die ersten 25 Jahre der Kommune, also von 1862 bis 1887, eine Art Hauptbuch. Unter dem 2. September 1876, heute vor 140 Jahren also, trug er ein: „Enthüllung des Sieges-Denkmals auf dem Altmarkt“. Eine Darstellung der römischen Siegesgöttin Victoria steht seither auf der hohen Säule. Seit vielen Jahren wird lieber vom „Friedensengel“ gesprochen.
Datum war nicht zufällig gewählt
Der 2. September war natürlich nicht zufällig gewählt, denn dieses Datum galt im Deutschen Reich, besonders aber in Preußen, als „Tag von Sedan“. Am 2. September 1870 hatte die Armee des Norddeutschen Bundes die Armee Frankreichs besiegt, Kaiser Napoleon III. in Sedan gefangen genommen und den Deutsch-Französischen Krieg im Prinzip beendet. Folge war vor allem die am 18. Januar 1971 in Versailles proklamierte Gründung des Deutschen Reiches und die Ausrufung des preußischen Königs zum „Kaiser der Deutschen“.
Die „Siegessäule“ nun setzte dem 2. September ein Denkmal und erinnerte zugleich an die Kriege mit Dänemark (1864) und Österreich (1866), worauf die Ortsnamen Düppel und Sadowa (Königgrätz) hinweisen, die außer Sedan und Paris in die Säule eingelassen sind. Auch die Namen von 26 Oberhausener Männern sind genannt, die in diesen Kriegen gefallen waren. Unter ihnen war auch Emil Schwartz, Sohn des Bürgermeisters, gefallen 1870 in Wörth.
Keine prachtvollen „Candelaber“
Die Errichtung des Denkmals betrieben hatte ein „Comitee“, das sich im deutschnationalen Großbürgertum gefunden hatte. Die Hoffnung auf breiten Zuspruch und entsprechende Spendenfreudigkeit allerdings erfüllte sich nicht. So bedauerte die „Rhein- und Ruhrzeitung“ im August 1876, dass „vier prachtvolle Gascandelaber“ zum Preis von immerhin 284 Talern nicht aufgestellt werden konnten, weil das „Comitee“ sich mit „verhältnismäßig geringen Mitteln“ begnügen musste, was der Stadt wohl nicht „zur Ehre und Zierde“ reichte.
Brunnenanlage zu Füßen der Victoria
Den meisten Oberhausenern – zumal den Arbeitern – war der Sedanstag herzlich gleich: Selbst als Feiertag (unbezahlt übrigens) ließ er sich nicht durchsetzen, rasch sank seine Bedeutung auf militärisches Schauspiel, für das in Oberhausen – keine Garnisonsstadt – ohnehin nur wenig Anklang zu finden war. Außerdem: Schon 1873 war für die Gefallenen ein „Krieger-Denkmal“ errichtet worden, eine gewaltige „Germania“, die auf dem Kommunalfriedhof an der Duisburger Straße stand, bevor sie später zum neuen Westfriedhof in Lirich umgesetzt wurde (wo sie heute noch steht).
Ergänzt wurde die Siegessäule lange nach der Einweihung durch eine gärtnerische Einfriedung der Brunnenanlage am Fuße der Säule mit einem schmiedeeisernen Zaun. Immer wieder gab es Dispute um die Kosten, wie zahlreichen handschriftlichen Vermerken zu entnehmen ist, die das Stadtarchiv in Verwahrung hat.
Verdreckt und zugemüllt
Noch in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es das kleine Bassin mit der Säule mittendrin, einen Brunnen, den Zaun. Im Laufe der bewegten Zeiten ist die Säule mit dem Engel, der Richtung Herz Jesu-Kirche zu grüßen scheint (die erst seit 1911 steht), stehen geblieben. Die Umgebung hat sich verändert. Gestern war die vor knapp 30 Jahren auf bürgerschaftliche Initiative hin renovierte Brunnenanlage verdreckt und zugemüllt, auf den Stufen des Podests und auf dem Denkmal selbst hat sich irgendjemand nicht entblödet, mit blauer Sprühfarbe eine(n) „Momo“ zu grüßen. „Hoffentlich merkt das Denkmal nichts. Oberhausen käme um alle Reputation“, merkte mit Blick auf den damaligen Zustand – im Sommer 1923 – ein Zeitgenosse an, ein Journalist der „Ruhrwacht“.