Oberhausen. Das Bert-Brecht-Haus ist das erste Baudenkmal in der Stadt. 1928 hochmodern. Erste Nutzer waren das Kaufhaus Tietz und die Tageszeitung Ruhrwacht.

Gründe dafür, das Bert-Brecht-Haus an der Langemarkstraße unter Denkmalschutz zu stellen, gibt es viele: Es ist das erste Hochhaus in Oberhausen. Es reiht sich mit Hauptbahnhof, Rathaus und Polizeipräsidium in die Gruppe der für seine Zeit hochmodernen Backsteingebäude ein, wobei die vertikale Anordnung der Fenster und die spitz zulaufende Form an seiner Südseite ihm ein besonderes Aussehen verleihen.

Es steht aber auch für die aufstrebende Großstadt Oberhausen, sein Eröffnungsjahr 1928 für die „goldenen“ Zwanziger Jahre, als man glaubte, nach einem krisengeschüttelten Jahrzehnt aus dem Gröbsten heraus zu sein. Das war bekanntlich ein Irrtum.

Solche Anforderungen aber müssen Denkmäler erfüllen. So steht es seit 1980 im Denkmalschutzgesetz des Landes. In lockerer Folge wollen wir einige Baudenkmäler vorstellen. Das Bert-Brecht-Haus ist Oberhausens erstes Baudenkmal. Ende 1983 wurde es vorläufig in die Denkmalliste eingetragen. 162 weitere Bau- und Bodendenkmäler sind seitdem hinzugekommen, zuletzt die evangelische Kirche in Schmachtendorf.

Modernes Einkaufsparadies

Über die raffinierte Gestaltung des vom Kölner Architekten Otto Scheib ab 1925 errichteten Gebäudes berichtet Gertrud Kersting von der Unteren Denkmalbehörde jetzt in einer Fachveröffentli­chung: Es galt, ein nahezu dreieckiges Grundstück auszunutzen, das nicht gerade viel Platz für das Ziel bot, um darin ein modernes Kaufhaus mit umfassendem Sortiment unterzubringen, berichtet sie. An die schmalste Stelle des Grundstücks stellte Scheib den höchsten Bauteil, betonte ihn durch die vertikalen Fenster. Schließlich „faltete“ er die dortige Fassade zu drei Dreiecken. Im Innern ermöglichte es ein sternförmiges System von Abstützungen und ohne trennende Wände auszukommen.

Schließlich war die in Köln ansässige Leonhard-Tietz-AG der Auftraggeber. Sie hat bis Anfang der ‘30er Jahre in Deutschland 43 Warenhäuser dieses damals modernen Typs eröffnet. Auch die Filiale Oberhausen war ein Einkaufsparadies mit repräsentativem Treppenhaus und zwei Personenaufzügen. In der zweiten Etage gab es Mode zu kaufen, in der dritten war das Restaurant. Darüber wurden Lebensmittel angeboten. Die sechste Etage diente als Lager. Ganz oben residierte die Verwaltung. Ebenfalls modern war damals die Art der Abfall-Entsorgung: Im Verbrennungsofen im Keller wurde Energie für die Küche und für Warmwasser erzeugt.

Tietz wurde zu Kaufhof

Kurze Zeit später erhielt das Gebäude einen fünfgeschossigen Anbau: für den Sitz der Ruhrwacht. Die Zeitungslandschaft der Weimarer Republik war weltanschaulich ausgerichtet. In den Anbau zogen Verlag und Redaktion der katholischen Ruhrwacht ein, die der im Rheinland starken Zentrumspartei nahestand. Mit Nebenausgaben erschien sie in Mülheim/Ruhr, Sterkrade, Osterfeld, Bottrop und in Rheinberg. Und nach ihr bekam das Gebäude auch den Namen: das Ruhrwachthaus.

Beide Nutzer des Gebäudes hatten während der Nazizeit einen schweren Stand. Die jüdische Familie Tietz musste ihre Kaufhäuser unter Wert verkaufen. Sie nannten sich fortan Kaufhof. Und Exemplare der Ruhrwacht sind zwischen 1935 und 1948 im Stadtarchiv gar nicht überliefert. Bei einem Bombenangriff brannte das Haus im Dezember 1944 aus.

Dem kulturellen Leben der Stadt gewidmet

Auch die Nachkriegsjahre brachten dem Gebäude nur einen kurzzeitigen Aufschwung. Der Kaufhof zog schon 1961 in einen größeren Neubau an der Marktstraße. Und die Ruhrwacht stellte 1967 ihr Erscheinen endgültig ein. Noch einige Jahre lang wurde hier die Kirchenzeitung gedruckt.

Eine der Bedeutung des Hauses angemessene Nutzung gab es erst wieder, nachdem die Stadt das Haus 1977 erworben hatte und mit Hilfe von Fördergeldern für rund zehn Millionen Mark bis 1987 umbauen ließ. Seitdem ist es unter dem Namen Bert-Brecht-Haus mit dem Sitz von Stadtbibliothek und Volkshochschule vor allem dem kulturellen Leben der Stadt gewidmet, wurde aber 2010 noch einmal für rund 5,6 Millionen Euro baulich aufgewertet.