Oberhausen. . Aus Düsseldorf hagelt es Kritik Richtung Oberhausen wegen des Neins der Bürger zum Straßenbahnausbau. Die seien viel zu spät informiert worden.

Nach dem Nein der Oberhausener zur neuen Straßenbahn 105 zwischen Essen-Frintrop und der Neuen Mitte üben Experten im Düsseldorfer Landtag Kritik an der Vorbereitung zum Ratsbürgerentscheid.

So glaubt nicht nur Rolf Beu, Nahverkehrsexperte der Grünen im Landtag, die Bürger seien zu spät, nicht offen und nicht umfangreich genug über das strittige 80-Millionen-Euro-Projekt informiert worden. „Die Erfahrung zeigt, dass es extrem schwierig ist, bei solchen Entscheidungen sachlich zu informieren, so dass es zu einer ausgewogenen Entscheidung kommt.“

Bauchgefühle statt Fakten

Beu wirft den Oberhausener Parteien vor, dass sie nicht geschlossen hinter dem Straßenbahnprojekt gestanden haben. Statt Fakten hätten in Oberhausen Bauchgefühle gesprochen: „Die Diskussion ‘Wir sind pleite und das Geld können wir besser woanders ausgeben’ ist nicht sachlich.“ Das Nein sei „ein Rückschlag für die Nahverkehrs-Infrastruktur in NRW“.

Die SPD-Landtagsfraktion wiederum bedauert, dass die „sinnvolle Maßnahme, die Oberhausen und Essen besser miteinander verbunden hätte“, nicht zustande gekommen sei. Der FDP-Fraktionsvize im Landtag, Ralf Witzel, mahnt: „Bürger erwarten heute bei der Realisierung kostspieliger Großprojekte zu Recht eine intensivere Beteiligung und überzeugende Begründung.“ Den Verantwortlichen in Oberhausen sei es nicht gelungen, das Vertrauen der Bürger in das Projekt herzustellen.

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Henning Rehbaum von der CDU im Landtag wirft der Stadt vor, Luftschlösser zur Abstimmung gestellt zu haben: „Wer die teuerste und aufwendigste Variante zur Abstimmung stellt, der steht schnell vor einem Scherbenhaufen.“ Die Oberhausener CDU hatte eine günstigere Variante zum 105-Ausbau vorgeschlagen.

„Friss oder stirb“

Viel zu spät seien Bürger nach ihrer Meinung gefragt worden, sagt Thorsten Sterk von Mehr Demokratie NRW. „Die Bürgerbeteiligung hätte schon während der Entwicklung des Projekts stattfinden müssen, statt den Menschen am Ende nach dem Motto ‚Friss oder stirb‘ etwas Fertiges vorzusetzen.“ Ein weiterer Fehler sei gewesen, über die Kosten der 105-Werbekampagne zu schweigen. „So etwas macht die Leute misstrauisch.“

Oberhausen ist das dritte Beispiel jüngerer Geschichte NRWs, bei dem Bürger Nein zu einem In-frastrukturprojekt gesagt haben. In Aachen und Bielefeld sind andere Straßenbahn-Vorhaben gescheitert. „Bei größeren Projekten sagen Bürger wegen der hohen Kosten eher Nein“, sagt Sterk. Das gelte besonders in so klammen Städten wie Oberhausen. Wähler seien dort skeptischer, ergänzt Niko Switek vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen. „Sie haben negative Erfahrungen mit Großprojekten wie dem Berliner Flughafen gemacht, die deutlich teurer wurden, und sagen dann lieber: Großprojekt? Nein, Danke.“