Oberhausen. . Palliativmediziner aus Oberhausen-Sterkrade schalten sich in Sterbehilfe-Debatte ein. Sie wollen das Kümmern um den Patienten in den Mittelpunkt stellen, zu Hause und im Krankenhaus

Die Debatte um Sterbehilfe ist durch den Freitod der an einem aggressiven Gehirntumor erkrankten Brittany Maynard neu entfacht – und längst auch in Oberhausen angekommen.

Die 29-jährige Amerikanerin starb nach der Einnahme ihrer tödlichen Medikamente. Bis dahin hatte sie medienwirksam für die aktive Sterbehilfe geworben, die es einem Todkranken ermöglicht, mit Unterstützung von Angehörigen oder Ärzten freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Für Dr. Klaus Becker eine fatale Entwicklung.

Schwestern lassen sich weiterbilden

Der Chefarzt der Abteilung Innere Medizin am St.-Clemens-Hospital (Katholisches Klinikum Oberhausen) sagt: „Bei uns ist die aktive Sterbehilfe strafbar und das ist auch gut so. Ich kenne keinen Patienten, der gut auf Schmerzmedikamente eingestellt ist und betreut wird, der seinem Leben frühzeitig ein Ende setzen will.“

Die Palliativmedizin ist seit 15 Jahren Beckers Leidenschaft. Der Chefarzt und sein Team haben viel dafür getan, diese Fachabteilung aus dem Nischendasein zu befreien. So sorgten sie unter anderem dafür, dass etliche Schwestern des Hauses für die einzige Palliativstation Oberhausens eine zusätzliche Ausbildung absolvierten. Darüber hinaus gibt es im St. Clemens Hospital zwei speziell ausgebildete Physiotherapeuten, Assistenzärzte, die sich kümmern, eine Seelsorgerin, die Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes und nicht zuletzt den Chef und zwei Fachärztinnen, denen eines gar nicht passt: „Dass Sterbehilfe und Palliativmedizin plötzlich in einen Topf geschmissen werden“, sagt Oberärztin und Onkologin Dr. Jutta Schneider.

Liste der Oberhausener Palliativpflegedienste

Unter www.kvno.de ist eine Liste der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zu finden, in der die qualifizierten Palliativpflegedienste für Oberhausen aufgeführt sind. Im stationären Hospiz St. Vinzenz Pallotti (Vestische Straße 6, 30266-0) stehen zehn Einzelzimmer für ein schmerzfreies Leben bis zum letzten Atemzug zur Verfügung.

Zwei Drittel seiner Patienten sterben inzwischen zu Hause, sagt Dr. Becker. Palliativmedizin sei aufwändig, weiß der Chefarzt. Sie helfe nicht wie die Sterbehilfe dabei zu sterben, sie helfe beim Sterben. Für Becker ist sie wie ein Dankeschön ans Leben und an die Menschen, die wertvoll bleiben, auch wenn sie ihre Leistungskraft verloren haben.

Denn Palliativmedizin (stammt aus dem Lateinischen und beinhaltet pallium = der Mantel, bzw. palliare = mit dem Mantel umhüllen) stehe schlicht fürs Kümmern. Darum, dass schwerst kranke Patienten rund um die Uhr die richtigen Medikamente in der best möglichen Dosierung bekommen. Darum, dass das körperliche Befinden so lange wie möglich so stabil wie möglich bleibt. Darum, dass die Kranken stets Menschen an ihrer Seite wissen.

Ärzte beteiligen sich an ambulanter Palliativversorgung

Wenn es ganz schlimm wird, eben auch im Krankenhaus. Dort stehen sechs Betten bereit. Nicht als kompakte Station – „Das weckt nur Ängste“, weiß der Chef –, sondern mittendrin. Und damit da, wo der Tod hingehöre. Wer dort landet, wisse heute: „Die tun alles dafür, dass ich zum Sterben wieder nach Hause kann“, bringt Becker die Philosophie des Hauses auf den Punkt.

Aber auch zu Hause muss niemand alleine bleiben, ergänzt Jutta Schneider und verweist auf das Palliativnetz Oberhausen. Es habe sich viel getan in der Stadt. Es gebe die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (Kontakt: 69 52 00), an der sechs niedergelassene Ärzte beteiligt sind. „Die bieten gemeinsam mit speziell geschulten Krankenschwestern eine 24-Stunden-Betreuung an.“

Für die menschliche Unterstützung, auch der Angehörigen, sind unter anderem die Ehrenamtlichen des Ambulanten Hospizes im Einsatz (Marktstr. 165, 81 01 110).